Neulich fragte mich eine Freundin, die NICHT näht, wie ich das denn mache. Das Nähen. Also nicht das technische Nähen, Faden einfädeln, Fuß aufs Pedal. Nein, sie meinte, wie entsteht so eine Jacke. Wie darf man sich unnähend sowas vorstellen? Vom Look her. Vom Stil und so.
Denn bis zum heutigen Tag tragen meine Kinder, die Teile, die ich ihnen nähe, mit auffallender Hingabe. Das hatte sie bemerkt.
Ich glaube, dass das daran liegt, dass ich meine Kinder in den kreativen Prozess einbeziehe. Farben. Schnitt etc.
Beim kleinengroßen Mister spreche ich hier von 14 Sekunden. Bei der kleinen Miss von mehreren Minuten über den gesamten Nähprozess hindurch verteilt.
Ich zeige euch das heute am Beispiel dieser Sweaterjacke. Neu. Rot. Wir lieben sie. Schlicht aber dann eben doch nicht fad.
Als die „alte“ Jacke begann, kurz und kühl zu werden, war erstaunlich rasch klar, dass die kleine Miss rot bevorzugen würde.
Und als wir dann den Stoff hatten, war ich spontan dann doch ein wenig ideenleer. „Was denn jetzt dazu?“ Pink, Orange geht nicht. Garantiertes Kleine-Miss-NO. Ich hätte es ja wunderbar gefunden. Nur ist es eben nicht meine Jacke.
Blau-rot-weiß ist mir dann wieder zu maritim. Wien hier. Ultraunmaritim quasi. Binnen total. Und auch die kleine Miss, fand diese Kombi gar nicht inspirierend.
Also waren wir kurz im Netz und googelten rote Sweater.
Die meisten sahen langweilig aus. Sehr sogar. Ja, das geht. Rot total mit Schrift vorne. Rot aber bedenklich kreativbefreit. Wirklich viel Abwechslung war nicht zu finden. Am besten gefielen uns noch diese zwei Teile.
Ein bißchen extra halt zum an sich ja peppigen Rot.
Die Kombination mit Grau sagte uns beiden zu. Und auch Streifen am Ärmel fanden Anklang. (wir haben sie dann doch weggelassen. Aber der Vollständigkeit halber seien sie hier schon erwähnt)
Und dann stückelten wir das Teil zusammen … Und ja, das mache ich beinahe jedesmal. Auflegen und goutieren. Ausprobieren, tüfteln. Augen zukneifen. Kopfkino.
Ihr seht quasi die Jacke da liegen. Bündchen grau liegt auch da. Das Futter der Kapuze. Die Bügelappli für den Rücken hatten wir schon länger auf der „Das-machen-wir“-Liste. Das weiße Jerseyband sollte zu einem Wort gekrakelt werden und festgenäht.
Haben wir dann weggelassen, weil wir kein Wort fanden, das uns wirklich cool genug vorkam. Man hat’s ja nicht leicht.
Das graue Jerseyband links im Bild hatten wir zu eben jenen Streifen am Arm gelegt und uns dann dagegen entschieden. Für das Bündchen unten, wählte die Miss das dunkle Rot. Ich war total dagegen, gebe aber im Nachhinein ganz klar zu: Das geht so! Hätt‘ ich nicht gedacht.
Was ihr in dem Bild nicht seht, ist der Zipp. Denn Zipps habe ich nicht in allen Farben (und Längen) lagernd. Das ist viel zu kostspielig. Gute Zipps kosten Geld (und sind – ganz nebenbei – jeden cent wert!) Das bedeutet, dass ich den Zipp erst nach dem obigen Bild bestellt habe. Ja, genau. Nähen ist ein Prozess, der sich über Versandzeiträume definiert!
Am Ende steht dann ein Kleidungsstück „nach Maß“. Gewählt und mitentschieden von der zukünftigen Trägerin. Die Kinder sehen, wie ich daran arbeite und sie hören, wie ich fluche, wenn mal was schiefgeht. Sie spüren meine Nervosität beim ersten Anziehen (und ja, da ist schon so viel schief gegangen in den letzten Jahren .. seufz) und sie sehen meine Freude, wenn es klappt. Diese Kleidungsstücke sind geladen. Mit Emotionen und .. Zeit. In jedem Stück steckt ein Stück Mama. Sie wissen das. Wenn es ihnen vielleicht auch nicht immerzu bewußt ist, so spüren sie es doch tief drin.
Diese Jacke besitzt einen Wert!
Etwas, das die meisten Kleidungsstücke heute nicht mehr haben. Leider kennen viele dieses Gefühl der Wertschätzung nicht mehr.
Ich persönlich glaube, dass das der Grund ist, warum sie meine Sachen so gerne tragen. Sie sind ihnen wertvoll! Ich hoffe, ihr habt da jetzt was mitnehmen können.
Die, die ihr nicht näht, ihr wisst jetzt Bescheid, wie das so ablaufen kann, wenn ein Stück selber genäht wird. Und die, die ihr näht, ich nehme mal an, bei euch läuft es ähnlich! Oder doch ganz anders?? Die Jacke wird auf jeden Fall schon getragen. Mit Hingabe und gelegentlichem Miau!
roter Sommersweat von Biostoffe, ebenso der Zipp; Bündchen: zu Hause gehabt; Streifenjersey: zu Hause gehabt; Bügelappli: Patchmonkey; Schnittmuster: Bandito (glitzerblume)
Arbeitszeit: 2,5 h
Materialkosten: etwa 40 Euro
Anzahl der benötigten Maschinen: 3
Wir wissen von allem den Preis, aber von nichts mehr den Wert! Nachlesen hier!