Die Europawahl steht vor der Tür und obwohl der wahre, der harte, der manipulierte, der echte Wahlkampf ja heutzutage im Netz stattfindet, pflastern sie hierzulande die eine und die andere Ecke mit Plakaten zu.
Und was man da zu sehen bekommt, ist, wie immer, eine Einladung zum lustvollen Unfug sinnieren.
Also habe ich kurzerhand fotografiert, was mir so vor die Plakatlinse lief und lasse euch heute daran teilhaben, was mir so durch den Kopf geht, wenn ich mich dem Wahlkampf stelle.
Ich beginne mit der ÖVP, weil über die bin ich doch tatsächlich als erstes gestolpert.
Die Schwarzen (Konservativen) sind jetzt türkis, weil wohl hipper und weil sich der Kurz’sche Neuanfang dann irgendwie wohl marketingtechnisch ein wenig holprig als ein solcher hätte verkaufen lassen (die ÖVP ist in Österreich seit 1987 durchgehend an der Macht). Deswegen gibt es offiziell kein Schwarz mehr. So einfach.
Aber türkis ist dann vom Design her doch deutlich schwieriger umzusetzen als Schwarz. Wer das nicht glaubt, gibt sich entspannt dem Plakat von Othmar Karas hin.
Wohlgemerkt der Herr Karas ist das, was meinen Europapolitker nennt. Er ist schon seit 20 Jahren in Brüssel unterwegs, also beruflich.
Das mag zwar argumentativ für ihn sprechen, kann aber auf den zweiten Blick nicht darüber hinwegtäuschen, dass frau schon lange nicht mehr ein dermaßen farbloses, nein ödes, völlig und zwar bis auf den letzten Tropfen kraftbefreites Plakat gesehen hat. Ein Design – Gähnen quasi. Mit türkisem Touch.
Mal abgesehen davon, dass der umentspannte Ausdruck, tja was ist das, ein Grinser?, bei der Betrachterin tendentiell verwirrte Gefühle auslöst. Mal abgesehen davon, dass der gute Herr Karas seinen Optiker verklagen sollte, weil nämlich Harry Potter Brillen einfach nur Leuten mit Blitz auf der Stirn wirklich gut stehen. Also mal abgesehen von derlei Oberfächlichkeiten: Hat noch nie jemand daran gedacht, einem Plakat ein Farbkonzept zugrunde zu legen? Ein Ansprechendes womöglich? Es könnte sogar zum Hautton des Kandidaten passen. Nur so. Als Idee! Wobei wir so in genau jener Szene landen, in der sich jede Frau, die schon mal erst ein Shirt in der falschen und dann in der richtigen Farbe anhatte, seufzend die Hand an die Stirn klatscht. Wieso diese Farben? Den Herrn Karas lässt die weiß-gelb-türkis Kombo des Plakats nämlich wahrlich nicht „leuchten“, „strahlen“ oder auch nur irgendwie lebendig wirken. Othmar Karas ist auf diesem Plakat tot. Er steht im Himmel vor dem Tor und grinst den Petrus an: „Ja, ich war eh brav!“
Aber Europawahl?
Nö. Seh ich nicht.
Wenn man bedenkt wieviele Leute das Okay für so ein Plakat geben müssen, bevor es in Druck geht, dann fragt frau sich halt. Also ein bißchen. Schon.
Man könnte jetzt natürlich noch über die hochintellektuelle Botschaft des Plakats diskutieren. „Profis“ hätte auch die ÖVP gebraucht bei der Gestaltung dieses Plakats. Auch die gruppentechnische Verwirrung um das Wortspiel „Team Volkspartei“. Naja, ich denke mal nicht weiter darüber nach.
Ich habe nämlich kapiert, was das Plakat ausdrücken will:
Die Europawahl ist fad. Langweilig.
Eine völlig neue Herangehensweise an die Wählermotivation. Ein Konzept, das ich so nicht vorhergesehen hatte. Gewagt, aber in diesem Plakat gekonnt umgesetzt.
Anmerkung: dies ist ein humoristischer Text, keine Wahlempfehlung oder Analyse oder irgendwie.