Worte, die es nicht gibt: Mama-Edition

Mir fehlen die Worte. In letzter Zeit immer öfter. Das mag zum Einen daran liegen, dass mein Hirn wechseltechnisch umschaltet und dabei schon mal ein paar Hirnareale für eine Weilchen lahm legt, zum Anderen aber wohl auch daran, dass es bestimmte Worte nicht gibt.

Menopause hin oder her. Wie nennt man das, wenn man Kinder hat, die schon groß sind und die … naja, in gewissen Aspekten recht gelungen scheinen.
Stolz umfasst es nicht annähernd. Da ist so viel Liebe drin, so viel – ja – auch Wehmut. Das schmerzt durchaus auch mal. Beim genauen Hinfühlen, konnte ich auch Neugier entdecken. Ich bin anscheinend gespannt, was aus ihnen wird. Wo sie sich hinentwickeln? Wie sie die Krisen meistern oder nicht, die unaufhaltsam auch in ihrem Leben auftauchen werden.

Da gibt’s kein Wort dafür.
Es fehlt.

Die Inuit haben eine Unzahl an Worten für Schnee. Schlicht, weil der bei ihnen überall ist/war und feine Unterschiede im Schnee eben auch Worte dafür verlangen. Ich bin mir sicher, im Urwald gibt’s viele Worte für Grün .. oder so.
In meinem Leben haben die letzten beinahe 20 Jahre meinen Kindern gehört. In meinem Leben sind meine Kinder der Schnee. Ich bräuchte viele Worte für sie und eben auch all die geballten Muttergefühle, die in mir so aufkeimten.

Die von Kinder ausgelöste Erschöpfung, die sich nicht nur körperlich ausdrückt, die bräuchte ein Wort.
Das Gefühl, das einen beschleicht, wenn man sich daran erinnert, wie es sich anfühlt das zu erleben, was die Kinder gerade erleben. Das ist nicht erinnern per se. Das ist so viel mehr. So als schaut man sich selber zu, wie man z.B.Ostereier sucht, nur hat man schon 40 Jahre dabei an Erfahrung im Hirn. Was fehlt ist, wie sich diese Raum-Zeit-Erfahrungs-Verwirrung ANFÜHLT.
Ach. Hilfe.

Oder das Gefühl, wenn man, nachdem man jahrelang beim Aufbruch mit Kleinkindern den halben Haushalt mitzunehmen hatte, man dann mal alleine ins Auto steigt, die Handtasche auf den Beifahrersitz legt und schlicht nicht losfährt .. weil das zu schnell geht. Dieser Moment, diese Zeitverzögerung. Ein Wort wert.

Auch das Gefühl, das einen beschleicht, wenn man Babywäsche auf die Wäscheleine hängt. Das fühlt sich anders an, als die Medium Männer-T-Shirts, die es irgendwann mal werden.

Dieses Gefühl von warmen, leicht feuchten Kinderhänden, wenn sie händehaltend neben einem her hopsen. Das ist auch eigen.

Und bitte ein Wort für das alles umfassende, jede Situation rettende, nervige „Mama“-Rufen, das zeitgleich bedeutet, dass frau die Person ist, die jede nur erdenkliche Situation meistern kann … und wird.

Ich muss mich mal mit Wortbildung, Worterfinderei oder so beschäftigen. Ich fühle mich in meinen Möglichkeiten eingeschränkt, weil es mir zu viel nicht gibt.

Im Moment bin ich geradzu aggressiv stolz, traurig und dabei kopflos glücklich, aber irgendwie auch am Heulen (vielleicht doch menopausal?), weil mein Sohn die Matura gemacht hat. Und ich soll auf die Frage, wie es mir damit geht mit „Gut“ antworten?

Ehrlich.