Schauen oder nicht schauen – Die Frage zu BRIDGERTON

Wer von euch einigermaßen offenen Auges durch die Streamingwelt klickt, dem ist Bridgerton nicht entgangen. Wenn ihr nicht genau wisst, ob ihr euch das anschauen wollt, hier meine Serien“kritik“. Kein Spoileralarm, ich erzähle und verrate nichts zur Handlung.

Die Story

Nun, ich bin ein Drehbuch- und Story Fetischistin und als solche kann ich Bridgerton ganz geradlinig in den Abgrund schieben. Weder die Erzählweise noch die Geschichte selber bieten irgendetwas, geschweige denn etwas Außergewöhnliches. Love Story banal, trifft kunterbunten Kostümfilm, trifft Sex. That’s about it.
Und ich habe mir tatsächlich eines der Bücher besorgt und gelesen und kann somit bestätigen, dass auch die Quelle der Serie weder ein literarisches noch sonst ein Geheimnis birgt. Seicht bis zur letzten Seite hin.

Ausstattung

Was die Serie somit nicht liefert ist Inhalt, der einen abholt und fordert oder fördert. Da tut sich nicht viel. Was die Serie allerdings kann, ist einen optisch aus den Latschen zu kippen. Wenn „kitsch as kitsch can“ eine Serie sucht, dann wissen wir zumindest was die Farben angeht, wo der Bartl den Most herholt. Die simple Story und die flache Erzählweise treffen sich in der hemmungslos übertriebenen Optik wieder. Wobei, das gebe ich neidlos zu, die Bilder wunderschön sind. Kunterbunt, völlig daneben, wenn es um die Darstellung irgendeiner Zeit gehen soll, aber dennoch atemberaubend und wirklich schön gemalt, Alle sind wunderschön, die Kostüme jeder Familie aufeinander abgestimmt, mal knallig, mal dezent .. aber es passt immer zusammen. Zum Hintergrund, zur Beleuchtung, zur Deko. Alles stimmig. Und nie dezent. Lichterketten ohne Ende, Trallalalalala.

Und da kann es frau schon dämmern, dass sich diese Serie als kitschototal-oberflächliche-Lovestory-miteinbissimehrSexalsüblich definiert. Sie machen also einen auf wenig Tiefgang und das gleich mit voller Wucht. Wenn schon denn schon. Ergo die Farbpalette, ergo die Perücken und die Blumengestecke. Maßlos seicht im Inhalt, maßlos bunt im Schlaraffenland.
Okay.
Das kommt wenigstens ehrlich.

Casting

Auch in der Besetzung kennt Bridgerton keine Regeln. Unüblich für derlei pitoreske Stilleben sind in dieser Serie die Rollen hautfarbenunabhängig besetzt. Sprich, wir sehen in der ersten Staffel, eine engelsgleiche, junge, weiße, blonde Frau in der weiblichen Hauptrolle und ihr gegenüber steht der gutaussehende, besixpackte, Muskelmann mit dunkler Hautfarbe. Mir fallen nicht viele Filme ein, die sich trauen diese Kombination ins Bett miteinander zu schicken.
Die Königin im Film ist Schwarz und überhaupt ist der Cast bunt. Das war für mich zu Beginn auffallend. Und ich finde es gut. Sehr gut sogar.
Ob die Produzenten da jetzt tatsächlich eine Botschaft senden wollen, ist mir erstaunlich wurscht. Ich mag die Mischung. Mein Auge kann das brauchen. Und vermutlich nicht nur meines.

Eines muss ich aber schon noch sagen. Alle in der Serie, die irgendwie wichtig sind, sind schön. Selbst die dicke Penelope ist eine schöne, junge Frau. Und zwar schön, nach dem leider üblichen Stubsnasen, Glubschaugen, Schmollmund – Schema. Die Männer sind total und absolut austrainiert und haben alle volles Haupthaar.
Es gibt auch andere Schönheiten, will ich damit sagen. Aber man darf wohl nicht zu viel erwarten. …

Zeit auch für Belangloses

Zusammenfassend kann ich die Serie nicht empfehlen, weil es mir gegen den Strich geht, dass soviel Geld in derlei Null Tiefgang gesteckt wird.
Ich rate aber auch nicht davon ab, weil ich nur zu gut weiß, daß es eine Zeit für alles gibt.
Ist man erkältet ans Bett gefesselt und kann sich kaum rühren, dann mag Bridgerton für Unterhaltung sorgen und dabei noch die Stimmung heben.
Ich hab’s auch geschaut und ich lebe noch.

Es ist eine lausige Story
aber richtig gut gemacht.
Da kann ich nicht meckern, selbst, wenn ich’s gern täte!