Zur Zeit fühle ich mich nicht wirklich wie Hausfrau, zur Zeit bin ich mehr Baufrau. Ich fahre nicht wie sonst zu dieser Jahreszeit in die Gärtnerei, sondern zum Baumarkt. Ich kaufe nicht Geranien, sondern Verputz. Ich spachtle, ich kratze und schabe, ich verlege, male und neuerdings mache ich sogar in Regenrinne. Ich finde diese Seite an mir, wenn ich denn einen Moment finde um darüber nachzudenken, cool, aber schon auch ein wenig verwirrend.
Grund für All das ist wohl der demnächst anstehende Auszug des Sohnes. So eine Wohnung will ja hergerichtet sein und wer keinen „Geldscheißer“ hat, der macht halt wo geht selber.
Und da ich in meinen jungen Jahren so einige Wohnungen hergerichtet habe, ist das Wissen zumindest im Ansatz vorhanden. „Hab’ ich schon mal g’macht!“, hör’ ich mich sagen. Oder „So schwer kann das nicht sein!“. Und mein Mann steht daneben und entdeckt verzückt völlig neue Seiten an mir.
Zur Baustelle im Tüllrock, warum eigentlich nicht?
Natürlich bleib ich dabei ganz ich. So bin ich letzten zur Baustelle im Tüllrock erschienen. Nur weil man zur Arbeit die dreckige Malerhose trägt, muss frau ja nicht schon im selben Stil am Tatort erscheinen. Zudem war es heiß und so ein Rock hat doch deutlich mehr Luft ums Bein.
Tatsächlich komplett neu ist mir jedoch die Aktion „Regenrinne“. Ich habe es auf Instagram schon mal erwähnt; wir tätaten gerne Regen sammeln im Garten. Ressourcen schonen, die Ecke, ehschonwissen.
Zu einer Regenrinne gehört dann auch die Regentonne. Wobei die Auswahl an einigermaßen optisch erträglichen Regentonnen enden wollend ist und ich mich mit einem grauen Plastikbomber abgeben muss, schlicht weil das deutlich schickere Whiskyfass 1. empfindlich kleiner und 2. sowas von schwer war, dass die Vernunft die Stylista in mir niedergerungen hat. „Stellst halt viele Pflanzen davor. Dann sieht man sie nicht so!“
Die Regenrinne selber ließ mich das erste mal so ein Baumarkt-Drive-In erschließen. Im Baumarkt Drive-In gilt: Du bist männlich, du kommst mit Lieferwagen und du weißt was du willst. Sprich du fahrst direkt zu dem Haufen von Betonsäcken der Marke deines Männerkönnervertrauens, öffnest hinten die Flügeltür deines (weißen … immer weiß!) Lieferwagens und wirfst locker lässig 10 Säcke à 30 Kilo oder so in denselben. Was du nicht machst ist ein paar Runden mit dem Familienauto zu drehen (Kindersticker mit Namen der Kinder inklusive, bitteschön) bis du das richtige Regal gefunden hast. Du schmökerst auch nicht genußvoll 20 Minuten und sinierst ob des für deinen Bedarf korrekten Regenrinnendurchmessers oder blätterst im freundlicherweise vom Hersteller zur Verfügung gestellten Mini-Heft um herauszufinden ob du so einen Eingangsstutzen jetzt auch wirklich brauchst. Oder wie viele Fallrohrbögen, oder auch ganz grundsätzlich ob du in Alu, Zink oder Plastik machst.
Neinneinnein, sowas machst du nicht im Baumarkt-Drive-In.
Der totale Faux Pas ist allerdings das Hände reinigen. So Regenrinnenmaterial ist nämlich erstaunlich schmutzig, wie ich feststellen durfte. Und nach 2 Jahren Pandemie und überhaupt als Baufrau und Mutter, hatte ich natürlich dabei, was man so braucht um den blauen Nagellack wieder zur Geltung kommen zu machen. Während der Reinigungsaktion, das gebe ich zu, habe ich das Erzittern des Gerüsts der Drive-In Halle spüren können und als ich die Lavendelhandcreme in meine zarten Fingerleins massierte, meinte ich ein leichtes Seufzen zu vernehmen.
Es braucht ganz eindeutig mehr Frauen im Baumarkt-Drive-In!