Pride & Prejudice ist Jane Austens beliebtester Roman. Eine Liebeskomödie verpackt in eine Sozialstudie verpackt in unzählige Psychogramme geschrieben mit einem zwinkernden Auge. Dabei ist die Story alles andere als banal. Sowohl Elizabeth als auch Mr. Darcy entwickeln sich gewaltig weiter, müssen sich Fehler eingestehen und ihr Verhalten komplett ändern. Etwas, das man selten zu lesen bekommt.
Die meisten Helden sind ja so wie sie sind mehr oder weniger perfekt und die Geschichte besteht im wesentlichen darin, dass die Person ein Hindernis überwindet und man daran lesend teilhat.
In Pride & Prejudice muss die Heldin sich eingestehen völlig falsch gehandelt zu haben. Sie muss erkennen, dass sie leichtfertig geglaubt hat, was ihr gefallen hat. Wohlgemerkt, die Kritik liegt darin, dass sie nicht nur etwas einfach so geglaubt hat, die Kritik liegt darin, dass sie geglaubt hat, was ihr mehr willkommen war zu glauben.
Sie wählt am Anfang der Geschichte den leichteren Weg. Sie will schlecht von jemandem denken und das tut sie dann auch. Eine Lektion, die wir uns alle hinter die Ohren tätowieren sollten.
Als sie dann darauf aufmerksam gemacht wird und zwar auch noch von Mr. Darcy, jener Person, die sie zu dem Zeitpunkt tief verachtet, hat Elizabeth die Größe zu erkennen, welchen Fehler sie begangen hat und verändert durch diesen bitteren Blick in den Spiegel ihr Verhalten.
DAS ist Pride and Prejudice. DAS ist die Lektion aus all dem irren und verrückten Gewusel an Charakteren in dieser Geschichte. Elizabeth Bennet steigt in der ersten Hälfte des Buches in den falschen Zug, kiegt in der Mitte des Buches eine Gnackwatsch’n, dass ihr der Schädel wackelt, woraufhin sie den Zug wechselt und ihr Leben in eine andere Richtung fährt. Deswegen wird sie gerne eine der komplexesten Figuren der Literatur genannt. Deswegen ist das Buch nicht nur eine Liebesgeschichte. Die grandiose Leistung des Buches ist es wohl, eine derartige Wesensveränderung/einsicht in eine unterhaltsame Liebesgeschichte voller schrulliger Familienmitglieder zu verpacken. Als Leserin ist man unterhalten und das obwohl mein einiges zu verdauen bekommt. Elizas Erkenntnis ist die Erkenntnis der Leserin.
Ihr Gegenüber steht Fitzwilliam Darcy. Jene Figur, die es der Männerwelt bis heute schwer macht, ein wunderbarer Mann zu sein. (Darcy ist einfach wunderbar!) Genauso wie Elizabeth muss auch Mr. Darcy mehr oder weniger im selben Moment wie sie erkennen, dass er sich geirrt hat und dass sein Verhalten messbaren Schaden verursacht hat. Auch er besitzt die Größe seine Fehler einzugestehen und auch er verändert sein Verhalten.
Wir alle sind Elisabeth Bennet!
Deswegen ist, wenn man es richtig erzählt, Pride & Prejudice eben keine banale Geschichte. Und deswegen muss man, wenn man sich einer Verfilmung nähert, aufpassen, dass man vor lauter Pomptrallalala nicht übersieht, was Jane Austen einem da eigentlich mitgegeben hat.
Weiters beinhaltet das Buch mehrere Erzählstränge. Es gibt die „Hauptgeschichte“ und mehrere Nebengeschichten. Jane Austen hat sich die Mühe gemacht ein großes Bild zu malen, sie hat das Leben einer junger Frau aus einigermaßen guten Verhältnissen gezeichnet ..und zwar ihr gesamtes Leben. Und jede dieser Geschichten webt sich in die Entscheidungen von Elizabeth hinein, jede dieser Geschichten ist relevant.
Es ist meines Erachtens kein Wunder, dass dieses Buch nicht häufiger verfilmt wurde. Diese komplexe Geschichte ist mit Sicherheit eine enorme Herausforderung, will man sie in 90 – 120 Minuten quetschen.
Ich erzähle das hier so ausführlich, weil ihr nämlich sonst womöglich nicht versteht, warum ich über die Verfilmungen urteile, wie ich eben urteile.
Dieses Buch ist ein wirklich gelungenes Kunstwerk. Eine großartig erzählte Geschichte und zu allem Überdruß kennen und lieben es viele Menschen. Wer sich an Pride and Prejudice wagt, begiebt sich auf ein glattes Parkett.
Stolz und Vorurteil
1940 – Greer Garson, Laurence Olivier
Dies ist die älteste mir bekannte Verfilmung. Der Film stammt aus den 40ern des vorigen Jahrhunderts und ist im Original schwarzweiß. Die Stärke des Films liegt wohl eindeutig im Casting. Die Schauspieler sind gut. Greer Garson ist zwar viel zu alt um als 20-jährig durchzugehen, aber sie ist charmant, witzig und schlagfertig. Ganz Eliza Bennett. Laurence Olivier ist sehr Darcy, wenngleich wohl doch ein wenig schwächelnd. Sehr gentlemenlike, was der Figur entspricht. Wenn man ihm was vorwerfen will, dann dass er halt wohl einen Tick zu freundlich rüberkommt. Die Geschichte wird gedreht und gewendet, gekürzt und verändert und hat mit der großen Erzählung des Buches nicht mehr viel gemeinsam. Trotzdem kann man die Story wiedererkennen. Es ist eine eingekochte Version, in der die Farbe ein wenig raus ist. Empfehlen kann ich den Film nicht wirklich.
Dieser Film erzählt eine entzückende Liebesgeschichte, die Verwandelung der Charaktere spielt eine untergeordnete Rolle.
Die chronologisch nächste Verfilmung ist eigentlich kein Film sondern eine Serie.
Pride & Prejudice
1995 – Jennifer Ehle, Colin Firth
Womit ich heute ausnahmsweise von meinem Filme-und-nicht-Serien-Credo abweiche, aber in diesem Fall ist die Serie in mehrerlei Hinsicht relevant. Die BBC hatte sich Pride and Prejudice vorgenommen und sich wie üblich dabei sehr genau ans Buch gehalten. In der Ausstattung oder der Kamera wäre zwar noch Raum für Verbesserung, aber abgesehen davon ist die Qualität der Serie eins A.
Die beiden Hauptdarsteller sind Weltklasse und liefern vollinhaltlich ab. Soll heißen – diese Serie .. das ist Pride & Prejudice. Daran muss sich alles andere messen. Und die Vorgabe ist gewaltig.
Ich meine zwar, dass es auch, wie bei Emma, möglich wäre die Story zu kürzen, zu peppen und daraus einen Film zu machen ohne dabei die Essenz zu verlieren, aber … einfach ist es sicher nicht. Im Falle von „Emma“ ist es geglückt. Aber das lag schon zu einem großen Teil an der Regisseurin (Autumn de Wilde), die ein Jane Austen Nerd ist und die sich in die Story mit britischem Humor hineingefressen hat.
Für mich ist das auch der einzige bisher aufgezeigte und gangbare Weg für die Jane Austen Romane, denn die Version mit Keira Knightley, die ich hier erwähnen muss, ist eine Fehlproduktion auf ganzer Länge.
Pride & Prejudice
2005 – Keira Knightley, Matthew MacFadyen
Als Joe Wright sich bereit erklärte den Regieposten für Pride & Prejudice zu übernehmen, hatte er das Buch noch nie gelesen. – Pause – Das ist ein wenig als gebe man jemanden die Regie für den „Herr der Ringe“ ohne es je gelesen zu haben. Es erscheint mir grundsätzlich leichtsinnig, wenn man im Hinterkopf hat wieviele Menschen dieses Buch auf ihrer „Best ever“-Liste haben, wieviele leidenschaftliche Fans es da gibt. Grundsätzlich sollte man niemals ein derart geliebtes Buch von jemandem anderen verfilmen lassen, als von einem Freak. Auswendig muss sie es können. So wie Peter Jackson den Herr der Ringe liebt oder Denis Villeneuve „Dune“. Jahrzehntelang waren diese Herren mit ihren Projekten schwanger und sie haben es fanatisch so umgesetzt, wie es ihr FanFreakGeek-Herz für richtig erachtete … und was dann rauskommt weist logischerweise eine völlig andere Qualität auf, als wenn ich einem, zugegeben gutem, Regisseur sag: „Mach mal!“
Es ist mir nicht möglich den Film als Pride & Prejudice zu betrachten. Joe Wright hat die Story in eine andere Epoche gelegt, weil ihm die Empirekleider nicht gefallen, die eigentlich zur Geschichte gehören. Er hat, so kommt es bei mir an, versucht das Ganze in eine Art wild-romantische Geschichte mit einer Andeutung von echter Leidenschaft zu verwandeln. Immerzu Sonnenauf- oder Untergang. Er hat versucht eine Brontë-Story drauszumachen, finde ich. Wind im Haar, Eliza alleine am Kliff stehend, wildes, freiheitsliebendes Mädchen sucht ihren Platz in der Welt oder so. Als ob Elisabeth Bennet nicht genau wüßte wo sie hingehört. Pahhh!
Wäre der Filme eine Deutsch-Schularbeit, dann wäre er eine Themaverfehlung. Ob er als Film frei von Jane Austen funktioniert, kann ich nicht sagen, mich stößt er zu sehr ab. Mister Darcy ist ja kurz vor’m Heulen in manchen Szenen, sein dauernder Dackelblick macht mich irr und obwohl Keira Knightley es sicher drauf hätte, ist sie für mich keine Elisabeth Bennet. Keine Chance. Sitzen. Fünf.
Womit ich zu der Konklusio komme, dass es von Pride & Prejudice bisher keinen guten Film gibt. Er wurde noch nicht gedreht. Sie haben es versucht, aber, so mein mamimade-Kommentar, halt noch nicht wirklich.
Es braucht – ähnlich wie bei Emma – eine mutige Fanfrau, die sich mit Herz und dem nötigen Budget an dieses Projekt wagt. Und da die Filmemacher jetzt wohl meinen, mit der Keira Knightley Verfilmung ihr Ding abgeliefert zu haben, wird es wohl noch ein Weilchen dauern, bis jene Person, die den Film als kreatives, schlagfertiges (oh, so Eliza) Projekt in sich trägt, ihn Realität werden lassen kann.
Schade zwar, …. aber bis dahin schaut frau halt die Serie!