BURN OUT – Teil 2

Ich möchte euch erzählen wie es damals zu meinem Burn Out gekommen ist und wie bzw. wann ich es bemerkt habe.

Ich hatte damals einen Vollzeit Job, der mir ehrlich viel Freude gemacht hat. Meine zwei Kinder waren Kleinkinder. Es war eine volle Zeit und wenn ich sage voll, dann meine ich total voll. Der Job gab mir jede Menge Aufgaben und Verantwortung. Ich hatte das Glück viel freie Hand zu bekommen, was in dieser Firma eigentlich unüblich war. Ich hab’s genossen und meine Stunden im Büro nach eigenen Vorstellungen sortiert. Ich habe nicht eine Überstunde gemacht, schlicht, weil sich das nicht ausgegangen wäre. Ich habe das Büro um 17:00 Uhr verlassen und um 18:00 Uhr war das Abendessen am Tisch. Luft für mich: null.

Wer von euch Kinder hat, der weiß, wie so ein Leben dann aussieht und der weiß auch wie wenig Energie am Ende des Tages noch über ist. Aber meine Kids waren wunderbar, der Job hat Spaß gemacht, kurz: es hat funktioniert. Ich war zwar viel zu schnell unterwegs. Es war, nüchtern betrachtet, auch alles einfach viel zu viel, aber es funktionierte und deswegen lief es eben weiter.
Bis es dann eben plötzlich nicht mehr so war.

Die Dinge in der Firma änderten sich und obwohl sie das eigentlich taten um mir mit meiner Arbeitslast zu helfen, geschah genau das Gegenteil. Im Rückblick hing es wohl an der brutal unmenschlichen Kommunikation von oben, die mir das Haxel stellte. Innerhalb kurzer Zeit war ich schockunglücklich und fühlte mich nicht mehr wertgeschätzt. Ich war bereit alles hinzuhauen.
Und dann ging alles ganz schnell. Ich wollte eigentlich kündigen und auf dem Weg zum Chef lief ich in die Arme eines Betriebsrats, der mich ganz gut kannte. Der schaute mir in die Augen … und brachte mich nach Hause.

Weg.
Einfach so.
Diagnose: Burn Out

Ich war nie wieder in diesem Büro.

Für mich fühlte es sich zu diesem Zeitpunkt nicht ausgebrannt an. Ich war eigentlich vorrangig verärgert & enttäuscht. Die hatten mich beschissen. So mein Gefühl. Natürlich war ich erschöpft, aber das habe ich gar nicht so gespürt. Ich dachte mir sowas wie: „Na, dann bist jetzt mal ein bissi daheim und rastest dich aus. Dann wird sich das schon richten!“ Von meiner Seite aus, war ich verletzt, getroffen und k.o. Aber die Sache war viel ernster, als ich es für möglich gehalten hatte. Denn mein Mann berichtet, dass es von da an steil bergab ging. Ich war still, zurückgezogen, lag viel im Bett, Anteilnahme zurückgefahren.

Über diese Zeit kann ich nur schwer schreiben. Nicht weil ich es nicht in Worte fassen kann (He, bitte, ich fasse alles in Worte!), nein, weil ich mich an Vieles einfach nicht mehr erinnere. Die Zeit war für meine Seele ein Trauma. Und die Gefühle und Ereignisse von damals habe ich auf einer passwortgeschützten Festplatte tief in den Kämmerchens meiner Seele abgespeichert. Zugang eher schwer.

Und das war der Anfang. Kaum war ich daheim spiralte ich also ins Tief. Erinnern kann ich mich an eine innere Unruhe, an ein ständiges ich-muss-dringend-XY-machen. Mein Hirn ratterte ununterbrochen. Ich suchte eine Lebensberaterin auf, die mir schon bei meiner Scheidung geholfen hatte. Und was sie mir als Übung aufgab, das weiß ich noch bis heute.
Sie sagte: „Setz’ dich in den Garten und schau’ dem Gras beim Wachsen zu! Halbe Stunde!“
Ich schaffte keine 10 Sekunden.

Kurz gesagt, bevor ich es erkennen konnte, war ich mittendrin und völlig ahnungs- und vor allem hilflos. Alles sehr surreal. Ich versuchte auf mich zu schauen, zur Ruhe zu kommen, aber was ich auch tat, es war eigentlich alles nur irre anstrengend. Also auch das Ausruhen. Völlige kopflose Situation. Was war nur los?
Es wurde immer schlimmer. Immer hilfloser war ich, immer leerer. Ohne Boden. Unfassbar.

Mein persönlicher Tiefpunkt war dann ein Tag im Sommerurlaub. Wir waren auf einem Bauernhof und die Familie plante einen Ausflug zu einer nahegelegenen Burg. Für mich war dieser Ausflug einfach der Tropfen zu viel. Ich war lange weit über meine Grenzen gegangen, aber das … Der Gedanke an den Ausflug ließ mich in ein Loch fallen. Für sowas hatte ich keine Kraft mehr, nein, schlimmer noch: Kraft war lange aus. Das war mehr so Missbrauch. Keine Ahnung. Es war auf jeden Fall so, dass mich dieser kleine Ausflug auf eine Art überforderte, dass ich es echt mit der Angst bekam. Ich saß da auf dem Zimmer am Bauernhof und konnte mir plötzlich vorstellen, dass mit dem Auto in einen Baum zu rasen eine Möglichkeit wäre …

und STOP!

Genauso war das.
Das war das Aufschlagen auf dem Boden meiner Seele.
Mir ging’s schon ein paar mal dreckig im Leben, aber nie wollte ich mein Leben beenden. In diesem Moment, das ist mir wichtig, wollte ich das auch nicht, aber für den Bruchteil einer Sekunde verstand ich, warum man das als Ausweg sehen könnte. Und das machte mir echt Angst.

Und dann rief ich meine Therapeutin an und die gab mir Folgendes auf: Ich sollte rausgehen, in die Wiese, barfuß. Meine Füße sollten den Boden spüren. ICH sollte den Boden spüren. Mein Mann klopfte währenddessen meinen Körper ab und drückte mich .. irgendso .. Ziel war, mich meinen Körper spüren zu lassen, mich zurückzuholen in die Welt der Lebenden. Atmen.
Gute Güte. Atmen. Sein.

Der Streß hatte mich völlig aus mir herausgerissen. Ich schwirrte ohne Halt im Seelen-Universum .. oder wo auch immer. Ich war auf jeden Fall nicht mehr hier, bei mir, am Bauernhof.

Das war mein Tiefpunkt und eine wirklich grausliche Erfahrung am Ende eine zehrendes Weges. Wünsch ich keinem. Das war Monate nachdem ich aus dem Büro rausgegangen war.
Von da an war für mich klar, dass es jetzt nur mehr besser werden kann. Das war das Ende vom Runterfallen und der Anfang vom Wiederaufstehen.
Aber das muss man auch erst mal hinbekommen.

Dazu dann nächste Woche.

Kurze Anmerkung noch. Das ist alles Jahre her und ich bin mittlerweile stärker denn je. Um mich braucht man sich zur Zeit wohl keine Sorgen zu machen. Ich schreibe heute hier, weil ich weiß, dass manche eben noch mittendrin stecken und weil ich weiß, dass es gut tut, wenn man erkennen kann, dass man nicht alleine ist mit solchen Erfahrungen.

Teil 1