Der Alltagspessimus, die Hoffnung, das Parklet und die Erkenntnisse eines Sommers

Als ich im vorigen Jahr die ersten Blumentöpfe rausgestellt habe, auf die Straße, da ging mir so einiges durch den Kopf: „Wird die dann jemand mitnehmen? Stehlen?“, „Was wenn jemand alles abschneidet, ausreist? Oder gar reinpinkelt, Bier drüber gießt, wasweißich?“

Ich bin ehrlich. Das waren alles Befürchtungen, die mir durch den Kopf gingen. Wenn ich so zurückblicke, dann hatte ich wohl keine gute Meinung von den Menschen in meiner Umgebung. Denn die Tatsachen, die Erlebnisse, die ich seither hatte, die sprechen eine völlig andere Sprache.

Die Menschen mögen das Parklet. Und zwar ganz viele von ihnen. So viele, dass die Gedanken, die mich anfangs quälten völlig unverhältnismäßig erscheinen. Ehrlich, das ist ganz arg. Seit das Parklet steht hat sich noch niemand ( N.I.E.M.A.N.D.) bei mir beschwert, wenn ich draußen war. Ich habe auch niemanden gehört, der herumgenörgelt hätte, wenn er abends zufällig vor meinem Fenster steht und er oder sie sich darüber echauffieren, dass da jetzt Grünzeug steht und ein ganzer Parkplatz dafür geopfert werden musste. Noch nie!

Ich habe abends häufig die Fenster gekippt (es ist ja nicht so heiß, wie die Jahre zuvor) und da höre ich sie dann, die Menschen, die das Parklet entdecken. Ich höre sie das Schild lesen, ich höre sie denken und ich höre sie miteinander kurz darüber sprechen. Jeden Abend. Mehrere male.

Und noch nie hat jemand gesagt: „Scheiß Pflanzen!“

Ganz im Gegenteil. Das Parklet macht einige der Menschen derart happy, dass sie ihre Kontaktscheu überwinden und mich – oder eine meiner gießenden Nachbarinnen – ansprechen und ihrer Freude Ausdruck verleihen müssen. Das heißt schon was in Wien. Man spricht hier nicht einfach so mit Fremden. Das könnte man als aufdringlich auslegen. In Wien hält man sich zurück. Aus Höflichkeit. Man lächelt kurz, wenn man schon muß. Aber jemanden ansprechen … nur wenn’s wirklich nicht anders geht.

Und offensichtlich geht es manchmal nicht mehr anders. Das Parklet, die Pflanzen, das treibt so manche Wienerin hier aus der Reserve. Im positiven Sinne.

Was mich jetzt hinterfragen läßt warum ich mich anfangs so angeschissen habe? Warum denke ich so schlecht von den Menschen? Ich mag Pflanzen lieber als Autos und Asphalt vor der Tür. Warum glaube ich, dass die anderen – vor allem nach den heißen Sommern der letzten Jahre – auf aufgeheizte Autos derart stehen, dass sie gewillt wären meinen paar Blumentöpfen den Garaus zu machen? Ich mag Menschen doch .. also schon eher. Was ist los?

Ich beobachte dieserlei Paranoia auch in meinen Nachbarn und in der Familie. Allesamt halten wir die anderen für potentielle Täter.

Oarg.

Schlimm.

Liegt das im Menschen? Ich meine, sind wir tendenziell einfach misstrauisch? Oder ist das dem ewigen Gedudel der Negativnachrichten geschuldet. Die Politiker aus der Populismusecke, die predigen, dass wir brav und die Anderen schlimm sind?

Geht das auf die Psyche?

Weil, ganz ehrlich, wir reden hier von ein paar Blümchen im Asphalt. Gibt’s was Netteres, als Symbol? Der Druck, den die Hitze der letzten Sommer auf die Bevölkerung hier ausgeübt hat, den hat’s ja nicht nur für mich gegeben. Die Anderen haben auch geschwitzt. Gelitten. Wie kann ich glauben, dass sie mit Vandalismus antworten würden. Wohlgemerkt und das muss ich noch dazusagen; Ich hatte damals nur Sorgen. Ich hatte kein Bild im Kopf von jemandem, der mich beim Gießen anspricht und freundlich happy-Feedback gibt. Ich war in Negativland. In Sorge.

So.

Jetzt aber noch der Wendepunkt. Denn, ich gebe zu, dass, auch rückblickend, ich gehofft habe, dass alles glatt geht, dass ich gehofft habe, die Leute zum Lächeln zu bringen – womöglich nur innerlich, aber doch. Ich habe gehofft, dass ihre Seelen sich auch erfreuen an dem bißchen Grün. So wie meine.

Hoffnung. Auf das Gute in den Menschen.

Es ist so verdammt kitschig, dass es schon fast weh tut. Die Hoffnung hat mich getrieben. Die Hoffnung hat den Populismus, das Misstrauen, die Angst und worauf ihr derartiges Denken noch zurückführen wollt, besiegt! Sie hat gewonnen! Die Menschen sind allesamt viel besser als man denkt.

Lernt was draus!