Palaisgeschichten: Das Palais Daun-Kinsky auf der Freyung – Vom Barock zum Billa

Ich habe nachgeschaut, eine Liste gefunden, diese abgezählt und laut meiner Stricherlliste stehen heute noch 90 (!) Stadtpaläste in Wien. Palais, wie es der Wiener nennt, sind demnach die Stadthäuser von Leuten aus der Wiener/Österreichischen Geschichte, die irgendwann so viel Geld hatten, dass sie sich in diese winzige Stadt einen Palast stellen konnten. Ganz in die Nähe des Kaisers, weil das war früher halt cool.

Und heute? Ich glaube, vielleicht setze ich mich da jetzt in die Nesseln, aber ich glaube die Liechtensteins, sind die Einzigen, die noch immer die Herren ihrer eigenen Häuser in Wien sind. All die anderen Prachtbauten gehören mittlerweile irgendwem anderem.

Mein Zugang zu dieser irren Zahl (nochmal: 90!!) ist im ersten Anlauf komplett zufällig. Ich war beim Palais Harrach, als ich den Benko Post verfasste und gleich daneben ist das barocke Superlativen Palais Daun-Kinsky. (Vorsicht Bilderflut)

Über dieses Haus wußte ich vorher schon ein bissi was. Ich hatte als Studentin einen Job in der Nähe und das Daun-Kinsky hat für mich … vorbeigeh-ist-immer-da-Charakter. Dass es der Wlaschek gekauft hatte, wußte ich zum Beispiel. Dass er dort begraben liegt, nicht.
Im Unterschied zu den meisten Palais in Wien, kann man ins Daun-Kinsky HINEINGEHEN. Und wenn man ins Daun-Kinsky reingeht, dann … haut es einen um. Fakt. Niemand geht da rein und plauscht gemütlich mit der Freundin weiter als wäre nichts geschehen.
Wie alle Palais wurde nämlich auch das Daun-Kinsky zum Prachtangeben gebaut, zum Raushängen lassen (das Geld soll Protzen zu deutsch), zum Beeindrucken. Und Höllapropölla, der Bau ist 300 Jahre alt und liefert noch immer ab. Das Gebäude packt einen und dann .. haut es einen um (also drinnen dann schon eher!)
Okay, wo fangen wir am besten an?

Das Palais steht auf der Freyung und wurde gebaut, da stand die Stadtmauer noch. Bauherr war der Fürst Daun, das Jahr ca. 1713, der Stil der Zeit: Barock. Und so ergeht sich das Palais in Schnörksel und molligen Figuren mit Locken, dass es eine Freude ist.
Das Daun-Kinsky hat seine Tore immer offen. Das Gebäude selber geht sehr viel mehr in die Tiefe, als es die Front erahnen lässt. Im Erdgeschoss sind Geschäfte eingemietet und auch IN den ersten Aufgang kann man rein – also in das Haus selber (Stand 2024) und das zahlt sich echt aus.
Ich habe Fotos gemacht, aber auch ein Video gefunden davon. Es ist laaaang, aber von hoher Auflösung. Ihr könnt also vorwärtsspulen und euch das mal so ein bissi anschauen. Ich hänge es hinten an die Fotoflut dran.

Das Gebäude war im Besitz der Familie Kinsky bis ins Jahr 1986 (oder doch 1997, da spukt das Internet mehrere Zahlen aus). Damals kaufte es der Billa-Gründer Karl Wlaschek.
Und jetzt schiebt es uns ganz krass ins heute. Denn der Herr Wlaschek hat zwar Billa und Bipa (und einige Andere) aufgebaut, aber reich gemacht haben ihn seine Immobilien. Womit sich der Kreis zum untergehenden Benko schließt, der ja auch „in Immobilien“ machte (ich setze das in Klammern, weil er in meinen Augen in „ich mach mich reich“ gemacht hat). Der Wlaschek hatte das Geld bereits die Gebäude zu kaufen, die ihm gefallen haben und das waren, so scheint es, doch einige. Laut verschiedenen Medien besitzt die Wlaschek – Stiftung (der Karl selber ist mittlerweile verstorben) in etwa 10% der Häuser in der Wiener Innenstadt! Davon 8 Palais .. die komplette Liste konnte ich noch nicht finden. Aber das Harrach (letzter Post), das Kinsky und das Ferstel sind auf jeden Fall mal drunter.

Ja, da hat’s jetzt die Eine und die Andere wohl kurz hingesetzt. 10% der Wiener Innenstadt. Pfoah!
Und es wird noch besser. Die Wlaschek Stiftung hat als primären Stiftungszweck die Begünstigung der Allgemeinheit angegeben – dazu gehört beispielsweise die Sanierung der einzelnen Palais. Nur zweitrangig ist die Ausschüttung von Einnahmen an Begünstigte. Einer der wichtigsten Grundsätze in der Stiftung: Sie darf keine Kredite und Darlehen aufnehmen. Und für den Fall der Veräußerung einer Immobilie muss binnen drei Jahren wieder eine neue hinzukommen. Und zwar in Wien. (Artikel trend.at)
Laut News hat Wlaschek den Erhalt des historischen Erbes seiner Geburtsstadt Wien als die wichtigste Aufgabe der Stiftung angesehen. Das sei auch ausdrücklich in der Stiftungsurkunde der Karl-Wlaschek-Privatstiftung festgehalten.

Da geht mir ja echt das Herz auf.
Karl Wlaschek, der Barpianist und Erfinder vom Billa, legt nach seinem Tod sein Geld in den Erhalt der Stadt an. Kann das bitte jemand dem Rene auf die Hornhaut tätowieren. Peinlich aber auch.

An dieser Stelle erwähne ich, dass in meiner Jugend das Palais Daun-Kinsky grau war und dass es erste seit etwa zwanzig Jahren in vollster Pracht erstrahlt. Mir war nicht klar, warum das so ist! Jetzt weiß ich es.

Noch ein kleines Detail dazu: Das Grundstück des Palais Daun-Kinsky ist über 2000m2 groß, womit es laut Stadt groß genug ist, um jemanden darauf begraben zu dürfen. Und deswegen liegt der Herr Wlaschek und seine Familie auch dort. Mitten in der Stadt. In einem Mausoleum. Auf der Freyung. Im Palais Daun-Kinsky.
Wienerischer geht’s fast nimma!

Ah. Noch eine kleine wunderbare – die Welt ist ein Dorf – Info … Bertha von Suttner (erste Friedensnobelpreisträgerin und Frau auf dem Tausender Schilling Schein) war eine geborene Gräfin Kinsky.

Ich verlinke das hier heute bei Kristinas Monatsspaziergang, weil ich nämlich extra hinspaziert bin.

Der Eingang zum Mausoleum

Und hier noch ein paar Quellen:
News.at – Wlaschek-Immobilienin Stiftung gebündelt
trend.at – Österreichs Reichste: Billa-Gründer Karl Wlaschek und seine Erben [PORTRÄT]
orf.at – Vom Tellerwäscher zum Millionär
viennatouristguide – Daun-Kinsky-Palais
wien.gv.at – KinskyPalais
Liste der Palais in Wien – wikipedia
wikipedia – Kinsky