Vorsicht Pubertier 7 – Vom Hemdeneinkauf

 

Ich bin ja viel, aber eines bin ich nicht: eine Anfängerin in Sachen Shopping. Und obwohl mein Hoch Jahre zurückliegt und obwohl ich gar nicht mehr so viel Kleidung shoppen will, muss ich doch manchmal raus in die Geschäftsstraßen-Wildnis und mich dem Kaufrausch stellen. Und machnmal ist die Erfahrung dabei eine völlig Neue, wesenserweiternd gar.
So geschehen im letzten Jahr, als mein Pubertier meinte, ich sei die richtige Person um ihm beizustehen beim Kauf seiner ersten ernstzunehmenden Hemden.

Nun bin ich eine Frau. Noch dazu eine, die blusentechnisch nicht so der Fan ist. Hemden und alles was dazugehört, spielt’s in meinem Kleiderkasten nicht. Insofern wäre wohl der Papa im Haus der sinnvollere Shoppingpartner gewesen, aber wer bin ich, die ich mich ob eines derart ausgedrückten Vertrauens beschwere.
Nö, ich nicht.

Und zudem gibt es ja in den Kaufhäusern Herrenabteilungen mit Verkäufern, die geradezu Spezialisten sind, wenn es um Hemden geht. Also was sollte schon passieren?

Eben.

Wie zu erwarten war, saß ich also vor dem Garderobenkabinchen auf einem kleinen lederbezogenen Bänkchen und wartete auf den behemdeten Sohn, der das vom oben erwähnten Verkäufer in der Größe gewählte erste Hemd probierte.
Weniger erwartet hatte ich wie lange das dauert. Denn die aktuelle Generation Jung-Mann wächst ja mit Shirts auf. Geknöpft wird nur bei Spezialanlässen. Sodaß so richtig Übung nicht aufkommt und am Ende ein echtes Hemd erst mal geeeeknööööööpft werden will.
Unnötig zu erwähnen, dass er schief aus der Garderobe kam.

Profi, der ich bin, habe ich nicht darauf aufmerksam gemacht und weder gekichert noch mit den Augen gerollt. 2 Jahre Pandemie Pubertier haben mich gelehrt, was ich vor allem in der Öffentlichkeit sagen darf und was AUF KEINEN FALL!
Das übernahm freundlicherweise der Herr Hemd und siehe da, es war dem Pubertier möglich diesen Lapsus mit einem „Oh!“ abzutun.

Bemerkenswert.

Das nächste Danke an den Profi erging gleich im Anschluss daran. Da musste nämlich der oberste Knopf des Hemdes geschlossen werden um den Sitz der Größe korrekt beurteilen zu können.
Als Kennerin meines Nachwuchses war es mir ein leichtes das pure Entsetzen in seinem Gesicht zu erkennen. Ein gut sitzendes Hemd zeichnet sich ja nicht gerade durch Freiheit im Halsbereich aus. Der Widerspruch – der zweifeslfrei vorhanden war – wurde jedoch nicht geäußert. Ein paar verschreckte Atemzüge später ging mein Pubertier resignierend und zutiefst enttäuscht von der Welt der Mode zurück hinter den Vorhang um ein weiters Hemd anzuprobieren.

Ich malte mir währenddessen genussvoll aus, welchen Dramen ich entgangen war, weil es nicht ich war, die den obersten Knopf geschlossen und dann noch behauptet hatte, dass das genau so,also genau so beschissen, gehört.
Schöner Gedanke.

Ich saß also wieder vor dem Vorhang auf dem Lederbänkchen. Diesmal saß auf der Nebenbank eine junge Frau, die ihren beachtlichen Bodybuilder-Mann in der Garderobe hatte. Wie ich beobachten durfte: auch keine leichte Aufgabe so einem Mann ein Hemd zu finden oder sollte ich sagen so einen Mann in ein Hemd zu kriegen. Sie hatte allerdings einen Vorteil mir gegenüber: sie durfte Kichern, wenn er aus der Garderobe schritt.
Der Gesichtsausdruck dieses Mannes beim Herauskommen aus derselben war im übrigen dem des Pubertiers sehr ähnlich. Diese Mischung aus genervt und unbequem mit diesem traurigen Hauch ausgeliefert sein. Und dann trägt er noch ein Hemd, das an 5 Stellen viel zu eng ist und an anderen schlackert.
Ein lebende Karikatur. Wunderbar.

Wie gesagt, sie durfte kichern und an ihm rumzipfeln. Er litt vor sich hin.

Als mein Kandidat korrekt geknöpft herauskam, war an derlei Verhalten meinerseits nicht zu denken. Ganz im Gegenteil ich sagte so wenig als möglich. Positiv Feedback gab ich knapp, kurz und eher leise. Wer mich kennt, weiß was mich das kostet.
Das Hemd war weiß und der Hinweis von Mister Hemd, dass man darunter ein Unterhemd zu tragen hatte, wurde im ersten Moment mit einem „Wieso!“, das von einem „Geh bitte!“-Blick flankiert wurde hinterfragt.
Aber der Profi meinte nur im Weggehen; „Na, stell dir mal vor, was passiert, wenn du in einem weißen Hemd zu schwitzen anfängst!“

Der Schrecken dieses Bildes war nicht nur meinem Hemdkäuferlein ins Gesicht geschrieben. Auch der Bodybuilder nebenan hatte wohl offensichtlich ein lebendiges Bild vor Augen.
„Mama, wir müssen Unterleiberln kaufen!“
„Klar, mein Schatz!“

Man lernt auf so vielen Ebenen dazu, wenn man mal ganz anderes Zeug kaufen muss. Alles was ich jetzt brauche, ist ein Bodybuilder, an dem ich rumzupfeln darf …