Ich weiß, was ich diesen Sommer getan habe: vom grünen Daumen, Prag und dem Sanftmut mit sich selbst

Es ist fast Mitte September und hier in Wien ist es immer noch sommerlich. Eigentlich ist es jetzt so richtig angenehm. Warm, aber nicht heiß, die Tage noch nicht zu kurz. Es passt.
Und so blicke ich kurz zurück auf diesen Sommer. Unsere Familie hat diesen nämlich sehr entspannt verbracht, da wir ja mittlerweile „nur“ mehr 3 Personen im Haushalt sind und somit in einem neuen Rhythmus. Die 4 lebt solo und kommt gelegentlich vorbei. Aber das ist es dann auch schon. Und dann habe ich ja jetzt wieder einen Job, also einen Bezahlten bitteschön, gehakelt habe ich vorher auch. Aber das ist eine andere elende Geschichte. Heute nicht.

Ich habe also einen Teilzeit-Job. Arbeite zwei Vormittage in Mödling, von-Tür-zu-Tür eine Stunde von daheim, und die drei anderen Tage habe ich Home Office. Viel habe ich dazu zu sagen. Vom Geld-verdienen und vom Sinn im Leben und von der Distanz, die man braucht um mit einem Job bei sich selbst zu bleiben und nicht versehentlich das eigene Leben zu verpassen. Wiedemauchimmer. Dieser Sommer war eigen.

Urlaub war nicht groß geplant, weil wir auf einen wohl recht kostenintensiven Tripp sparen. Mal schauen ob die Inflation uns das noch gönnt.

Hier also im Rückblick, womit ich meine Zeit am Ende dann verbracht habe

1.) GRÜN GRÜN GRÜN

Es war nicht so recht meine Absicht, aber es ist halt passiert. Ich habe diesen Sommer sehr im Grün agiert. Soll heißen. Dieses Jahr sind alle unsere Zimmerpflanzen im Sommer auf Terrassen-Urlaub gezogen. Ihr müsst wissen, wenn man, so wie wir im Erdgeschoss in der Großstadt lebt, dann ist das mit dem Licht so eine Sache.
Unsere Indoor-Pflanzen überleben im Winter. Da zollen sie dem städtischen Erdgeschoss ihren Tribut. Zudem kommt es leider auch mal vor, dass ich zu gießen vergesse. Wirklich eingegangen ist in den letzten Jahre nichts, aber .. naja .. sie singen keine Heldenlieder auf den Standort, sagen wir es so. Und bevor hier noch jemand ruft .. wir haben diese Lichtglühbirnen .. ohne die hätten wir wohl überhaupt nur zwei Pflanzen (die stehen am Fenster). Just saying.

Also sind in diesem Sommer locker 15 Töpfe nach draußen gesiedelt. Und ich habe etwas getan, das ich so eben nur selten mache: Ich habe sie alle gepeppelt und gekuschelt (also bis auf die Kakteen, eh klar), gedüngt, gezupft, im hellen Schatten stehen lassen und überhaupt .. sie hatten quasi das volle Wellness-Programm. Und siehe da, der größere Teil schaut mittlerweile erfreulich glücklich aus der Wäsche. Ein paar Opfer gab es: wusstet ihr, dass Schnecken Orchideen fressen? Ich nicht.

Auf jeden Fall habe ich umgetopft, gehegt und gepflegt. Mehr als in den Jahren zuvor. Und jetzt zupfe ich sie noch einmal zurecht, weil Ende September/Mitte Oktober dann eben alle wieder hineinziehen werden. (Ein absehbares Übertopfdilemma nähert sich am Horizont heran!!)

Und all das hat mir selber so richtig gut getan. Die Pflanzen grinsen mich jetzt breit an, wenn ich die Terrasse betrete und sie wärmen damit meine Seele. Kein Scheiss, ich spüre den Unterschied. Love it!

2.) PRAG

Wien-Prag. Spätestens mit der „Tante Jolesch“ hab ich als Wienerin kapiert, dass die beiden Städte verschwistert sind. Ich war mal dort, aber ishaltschonlangeher. Und weil die Tochter Wien liebt, dachten wir: „Schauen wir uns Prag an“. Muss man als Wienerin kennen. Quasi Pflichttermin.
Und dann, dann waren wir. Zug. Kurztripp. Hallo-Sagen.
In einer Stadt, die der snseren sehr gleicht, haben wir unsere Füße ins Koma getreten. Zigtausende Schritte (man lässt ja heutzutage zählen). Spazieren für Profis. Wir gehören nämlich zu der Sorte: „Lass uns mal hier links abbiegen!“. Wir gehen durch eine Stadt durch ihre Seitengasserln. Wir gehen in die Viertel, die neben den Attraktionen liegen. Wir versuchen die Touristen zu meiden. Wir machen das in Wien so und wir haben es auch in Prag gemacht.

Womit wir schon bei der auffälligsten Grausamkeit wären. Eigentlich würde ich nämlich nach Prag nicht mehr fahren. Weil es einfach zu voll ist. Die Leut‘ zertrampeln sich dort. Und dabei hatten wir es noch verhältnismäßig ruhig. Mir taugt sowas gar nicht.
Ich mag es nicht in Wien, in Venedig und wo es halt noch alles Thema ist. Zu viele Menschen sind dann halt für manche Flecken zu viel. Punkt.
Womit für mich klar wurde, und das hat mir Prag geschenkt, dass ich ein paar Flecken dieser Welt in meine Leben nicht sehen werde. Schlicht, weil ich mein bißchen Geld nicht in Massentourismus stecken will. Ich will einen Ort halt noch spüren können. Dazu braucht man zum Einen Zeit, zum Anderen die Chance den Ort zumindest einen Hauch so zu erleben, wie er sich für die Menschen, die dort leben, anfühlt.
Im Tourismusgetrampel ist das für mich unmöglich.

Die 3 Dinge, die mir in Prag am Meisten aufgefallen sind:

  • es riecht überall nach Baumkuchen
  • die unglaublich schönen Kopfsteinpflaster
  • und die traurige Tatsache, dass in Prag tatsächlich noch mehr Autos alles zuparken, wie in Wien. Irre.

So. Mir ist wichtig dazuzusagen, dass mich das nicht trifft. Ich werde nicht glücklicher sterben, weil ich Barcelona oder die Pyramiden gesehen habe. Nö. Ist mir am Ende wurscht. Ich investiere mein Geld in andere Orte. No Problem. Es gibt so viel zu sehen. Fad wird mir nicht werden, davon ist gesichert auszugehen.

Dieses Haus steht 1 zu 1 auch in Wien. Fix

Und das alle ist mir in Prag klar geworden.
Mal abgesehen von diesem Wien-Variation-Feeling. Sehr interessant, ganz ehrlich: Ich sehe Prag nicht als Abkömmling von Wien. Prag spürt sich anders an. Aber: Prag schaut an manchen Flecken aus wie Wien. Und Wien wohl so wie Prag. Als würden sie Händchen halten. Süß. Also für mich als Wienerin.

3.) ME & THE WORLD, THE WORLD & ME

Und dann war da noch etwas, womit ich mich diesen Sommer deutlich mehr als in den letzten zehn Jahren beschäftigt habe: MICH nämlich.
Die Kids eindeutig auf dem Weg hin zur Selbstständigkeit, ich wieder in einem Job: es ist eindeutig erkennbar: die Rädchen in meinem Leben drehen sich wieder um ein Stückerl weiter. Und ich? Ich beobachte mich und achte auf mich. Anders kann ich es nicht recht ausdrücken. Ich brauche zum Verarbeiten von Rädchendrehungen einfach Zeit. Das war zuletzt beim Auszug des Sohnes so und das ist jetzt mit dem Job nicht anders.

Als die Kids vom Kindergarten in die Schule gewechselt haben, anno dazumal, da hat eine Lehrerin von der ich bis heute viel halte und der ich für ihre Dienste ewig dankbar sein werde, gesagt, dass wir nicht überrascht sein sollen, falls unser Nachwuchs die ersten Monate am Nachmittag nach dem Unterricht müde erscheinen sollte, oder gereizt oder beides. Sie sagte: So ein Umstieg ist anstrengend. Aber die Kids schaffen das. Nach den Weihnachtsferien ist das dann vorbei.
Tja, und was soll ich sagen: es war genau so.

Und aus diesem Grund habe ich auch mir mit dem Umstieg vom Hausfrau-und-Mutter-Dasein zur Teilzeit-Joberin-mit-familären-Verpflichtungen schlicht Zeit gegeben. Wieso denn auch nicht? Es liegt ja wohl auf der Hand, dass die Veränderungen signifikant sein würden und dass sich eine Regelmäßigkeit durch den Alltag eben nicht in 2 Tagen ergeben kann. Dafür ist der Unterschied zu groß.

Und so habe ich die letzten Monate – und eben auch den Sommer – aufmerksam beobachtet, wie es mir so geht. Und dieses Auf-mich-achten hat mich ruhig werden lassen. Müde, ja, gereizt, kam auch vor, war aber nicht die Szene beherrschend, aber vor allem bin ich ziemlich entspannt.

Ich gebe zu, ich komme nicht so zum Nähen, wie ich es gerne hätte, aber .. auch da lasse ich mir Zeit. Kommt schon wieder. Ich spür’s.
Jetzt kommt mal der Herbst, allerlei Geburtstage, der Schulstart, die Vormatura des Sohnes und ein bereits gestartetes Strickprojekt. gggggriinnnnsss!


Wenn ich das jetzt so lese, dann komme ich schon sehr OOOOHHHHMM! rüber. Was meint ihr?