Die zweite Woche im ersten Fall: {Die Fälle des Donald}

Intro

Für einen Schuldspruch braucht die Anklage alle 12 Geschworenen auf ihrer Seite. Nicht einer darf dagegen stimmen. Geschworene sind normale Bürger und in den allermeisten Fällen ehrlich bemüht dem Verfahren zu folgen und dabei unvoreingenommen Anklage und Verteidigung Gehör zu schenken. Das bedeutet, dass die Anklage eine überzeugenden Erzählung des Falles, von dem, was sie glaubt, dass abgelaufen ist, vorlegen muss. Sie müssen alles, was sie behaupten belegen – am besten mehrfach – und dabei einigermaßen simpel in der Gesamtheit bleiben. Einer zu komplexen Geschichte können womöglich nicht alle vollumfänglich folgen.

Sprich: so ein Ankläger ist ein Geschichtenerzähler und der erste Hüpfer ins kalte Wasser ist die Eröffnungsrede. Hier fassen sie zusammen, was sie vorlegen werden. Dabei gehen sie nur oberflächlich auf einzelne Punkte ein, zählen mehr oder weniger die Highlights auf, was sie alles an Beweismitteln gedenken im Laufe des Verfahrens vorzulegen. Die Regel lautet: neugierig und dabei nur zarte Versprechungen machen .. um dann mit der Menge und Qualität der Beweise beeindrucken zu können.

Die Verteidigung hat die Strategie Zweifel zu säen. Ihr reicht ja ein einziger Geschworener, der nicht überzeugt ist, von der Story der Anklage. Also zerlegen sie das angebliche Motiv, die Glaubwürdigkeit der Zeugen und überhaupt, möglichst alles. Frei nach dem Motto: Sie können weitergehen, hier gibt es tatsächlich nichts zu sehen.
Die Verteidigung weiß aber nicht alles, was die Anklage im Talon hat.
Soweit mal die Basis-Einführung.

Die Anklage

Am Montag ging es also los. Die Anklage brauchte 46 Minuten und ihre Story ist kurz gefasst die Folgende:
2015 hat das Tramperl gemeinsam mit seinem Anwalt Michael Cohen und dem Herausgeber des Schundblattes „The National Enquirer“ David Pecker beschlossen, Geschichten, die dem Tramperl schaden könnten, zu begraben/verhindern, dafür zu sorgen, dass sie nicht veröffentlicht werden.
Pecker hat seine Ohren am Puls der Gerüchteküche und hört alle Halbwahrheiten bevor sie zur Schlagzeile werden. Insofern würde er wissen bevor etwas an die Öffentlichkeit käme. Sollte er solch eine Geschichte rund ums Tramperl hören, dann würde er sie fangen und abdrehen (catch and kill). Das lief dann so, dass die Person, die dem Tramperl etwas nicht-so-Gutes anhängen würde Geld dafür bekommt, nicht damit in die Presse zu gehen. Die Leute unterschreiben dann so ein NDA (non disclosure agreement – nicht Veröffentlichungs Abkommen) und müssen für immer schweigen. So einfach ist das.

So geschehen laut Anklage mit einem Türlsteher, der behauptete, dass das Tramperl ein uneheliches Kind mit einer Haushälterin hat. 30.000 Dollar hat der Mann dafür kassiert. (Anmerkung: es wird allgemein davon ausgegangen, dass diese Geschichte tatsächlich nicht wahr ist.)
Weiters so geschehen mit dem Playboy-Model Karen McDougal, die behauptet eine längere Affäre mit dem Tramperl gehabt zu haben. Sie erhielt 150.000 Dollar und schwieg (vorerst einmal). Gezahlt hat auch in diesem Fall der Enquirer.

Dann kam kurz vor der Wahl das Access Hollywood Tape raus. Die Anklage liest der Jury den grauslichen Dialog aus dem Video vor. Sie haben vom Richter nicht die Erlaubnis bekommen das Video zu zeigen. Kurz nach der Veröffentlichung, die Wahlkampagne vom Tramperl strauchelt gerade solide, hörte David Pecker davon, dass Stephanie Clifford alias „Stormy Daniels“ ihre Geschichte von einer kurzen Affäre mit dem Tramperl anbot.
Dieses mal wollte der Enquirer aber nicht mehr zahlen. Pecker legte Cohen nahe, dass doch das Tramperl diesmal persönlich das Geld hinblättern solle.

Und dann tat genau das eben Michael Cohen. Er zahlte 130.000 Dollar an Stephanie Clifford. Michael Cohen wird aussagen, dass er das im Auftrag und zum Benefit vom Tramperl gemacht hat.

Wichtig für euch: das Fälschen von Geschäftsdokumenten ist ein Misdemeanour. Ein Verstoß, ein kleines Verbrechen. Da kriegt man eine Geldstrafe und geht nach Hause.
Die Anklage verknüpft aber dieses Misdemeanour jetzt mit dem Vertuschen von unangenehmen Gschichterln, damit die die tramperlschen Chancen bei der Wahl nicht zerstört werden.
Im Klartext: Sie haben versucht die Wahl zu beeinflussen, indem sie (und das ist es jetzt) illegale Methoden dafür verwendet haben. Und das ist kein Misdemeanour mehr, dafür kann man in’n Häfn geschickt werden. Wahlbeeinflussung mit illegalen Mitteln, nimma lustig. Das ist die Geschichte, die die Jury glauben muss, soll das Tramperl schuldig gesprochen werden.

Das ist die Story der Anklage. Es ist ein bissi um die Ecke, das ganze Ding, aber, wenn man den Leuten, die im Saal waren, Glauben schenken darf, haben sie es schlüssig präsentieren können. Die Geschworenen haben, da sind sich alle einig, gebannt zugehört.

Die Verteidigung

Wie bereits erwähnt, muss sie nur Zweifel säen. Absurderweise hat der vortretende Anwalt zunächst einmal erklärt, dass er das Tramperl nicht Mister Tramperl nennen wird, sondern Präsident Tramperl, weil er sich das nämlich verdient hat. (Anmerkung: zum Zeitpunkt der „Tat“ war das Tramperl nur Mister, aber wir wollen mal nicht so sein)

Und dann hat er 20 Minuten lang erklärt, dass das, was da geschehen ist, total normal ist. Dass jeder Mann, der einigermaßen in der Öffentlichkeit steht, negative Geschichten „vernichten“ läßt, damit sie ihm nicht schaden. Da sei auch nix Illegales dran. Noch dazu ist die Geschichte nicht wahr. Das Tramperl hat nix gehabt mit Stormy Daniels. Und Michael Cohen, das ist überhaupt der Ärgste. Ein hasserfüllter, nach Rache strebender Mann, der – und das stimmt – von Interview zu Interview tingelt und überall verlautbart, wie schlimm das Tramperl doch ist.
Wenn man davon ausgeht, dass Cohen der Hauptzeuge der Anklage ist, ist es komplett logisch, dass sie den zerlegen.
Anzumerken ist dabei noch, dass es im Zuge der 20 Minuten jede Menge Einsprüche der Anklage gab und dass auch der Richter, das nicht immer so prickelnd fand, wie der Verteidiger da vor sich ging.
Aber, wie gesagt: Zweifel säen.
Auch ihm haben die Geschworenen aufmerksam gelauscht.

Der erste Zeuge der Anklage

David Pecker. Er scheint ein legendärer Klatschblatt-Herausgeber gewesen zu sein. Jetzt ist er über 70 und wirkt sanft, aber bestimmt. Früher war er gefürchtet und er hat nicht nur rund um die Wahl mit dem Tramperl gemeinsame Sache gemacht. Schon als der in der Show „The Apprentice“ plötzlich zur nationalen Berühmtheit wurde (davor war er mehr so der New Yorker Immobilientyp, der so gerne bei den Großen mitspielen wollte), schon damals haben das Tramperl und der Pecker die Dinge gemeinsam gedreht. Der Enquirer hat sich gut verkauft, wenn das Tramperl auf der Titelseite badete. Sein Blatt war zwar nicht das Größte, aber in jedem Wallmart vor der Kassa aufliegend. Seine Spezialität: die krass absurde Titelseite. Die Tramperl Titelseiten waren immer – auch im Wahlkampf – krass positiv. Die der Gegner .. nicht so

Und von denen werden einige gezeigt um darzustellen wie sehr David Pecker dem Tramperl geholfen hat. Jeder einzelne Kandidat in den Vorwahlen, der gegen das Tramperl hoffnungsvoll wirkte, wurde im Enquirer angeschwärzt, nein, sollte heißen hemmungslos angeschwärzt. Ted Cruz wurde mit der Ermordung von JFK in Verbindung gebracht und ein anderer Kandidat (Chirurg) hat angeblich einen Schwamm im Hirn eines Patienten vergessen (Lüge). Und Hillary? Na, die ist grundsolide korrupt und ständig am praktisch Abkratzen sprich todkrank und ihr Mann ist ein Luder. Ihre Fotos werden bearbeitet, ihr Gesicht gebleicht … es ist eine Freude. Der Enquirer verkauft sich so gut wie selten.

Die ganze Sache hat mit den Zahlungen an Stormy Daniels nicht viel zu tun. Es geht darum das Verhaltensmuster, die Beweggründe darzustellen – meint die Anklage.

Zwei Tage lang erzählt David Pecker von seinem Business. Dann kommt die Verteidigung dran. Sie haben es nicht so richtig leicht mit Pecker. Aber sie finden das Eine oder Andere, das er in seiner ersten Einvernahme vor 6 Jahren etwas anders dargestellt hat. Er erklärt sich erstaunlich ruhig durch etwaige Widersprüche. Ab und zu wird es auch lauter, aber im Großen und Ganzen können sie ihn nicht so recht zerlegen.

Volle 4 Tage lange muß David Pecker im Zeugenstand bleiben. Und er scheint eher ein angenehmer Zeuge zu sein. Was er zu erzählen hat, ist peppig. Namen von Berühmtheiten fallen. Für die Geschworenen ist es wohl einigermaßen einfach zuzuhören. Die nächsten Zeugen werden inhaltlich „trockener“ werden.

Weitere Zeugen

Da ist zunächst die langjährige Sekretärin vom Tramperl. Sie sitzt bloß 20 Minuten lang am Zeugenbankerl und bestätigt im Wesentlichen, dass die Namen Karen McDougal und Stormy Daniels im Telefonbuch vom Tramperl stehen. Die Verteidigung hat an dieser Zeugin ihre Freude, denn sie schwärmt vom Tramperl. Es sei nie langweilig in ihrem Job gewesen. Jeder Tag anders. Er sei unterm Strich fair, könne man sagen. 34 Jahre lang war sie an seiner Seite.

Und am Ende der Woche war dann noch der Bankangestellte dran, der Michael Cohen betreut hat. Er war ihm zugeordnet, weil der schrille Michael als eher aufwendiger Kunde galt. Dem sei aber nicht so gewesen meint Mr. Farro. Er fand Michael Cohen durchaus geradlinig. Allerdings, so gesteht er ein, war Cohen immer gestresst.
Dann wird anhand der vorbereiteten Unterlagen gezeigt, wie eine LLC gegründet wurde (von Cohen). Angeblich für Immobilien. In den Unterlage war die Frage, ob damit eine politische Kampagne eines Kandidaten oder einer Partei unterstützt werde, mit „Nein“ beantwortet. Dies wird die Firma sein, die das Geld an Stormy Daniels überweist.
Aber das erfahren wir in der nächsten Folge … hihi! Es war Freitag Nachmittag und der Richter hat an dieser Stelle die Verhandlungswoche für beendet erklärt.

Wichtig noch zu erwähnen:
Es gab eine durchaus unangenehme Diskussion rund um das Online-Verhalten vom Tramperl bezüglich Gag-Order. Der Richter war eindeutig unzufrieden mit den schwächlichen Erklärungen der Verteidigung, die da meinte das Tramperl würde sich eh so bemühen, sich an die Vorgaben zu halten (11x hat er laut Anklage die Grenze mittlerweile überschritten) und zu den Gründen warum er das getan habe, konnte die Verteidigung auch nur heiße Luft liefern. Der Richter meinte dann recht genervt: „Herr Verteidiger sie verlieren hier an Glaubwürdigkeit!“
Geurteilt hat er bisher (Stand Samstag Nachmittag) dazu noch nicht.