Neulich hatte ich eine lebhafte Diskussion mit dem Pubertier. Und im Zuge dieser Duells habe ich ihm erklärt warum ich im Umgang mit Corona so lebe, wie ich nunmal lebe. (Und damit meine Familie so lebt, wie ich es zum größten Teil entschieden habe).
Durch diesen Ausstausch wurde mir klar, wie ich die Dinge zur Zeit für meine Familie sehe.
Ich habe nämlich keine Sorge, dass wir auf der Intensivstation landen. Obwohl man das ja nie ausschließen kann, stehen die Chancen für meinen Mann und mich nicht so furchteinflößend. Ein mühsamerer Verlauf ist zwar nicht die Schönwettervorhersage, die ich mir wünsche, aber auch zwei, drei Wochen Fieber und Schmerzen und was halt noch alles im Geschenkekorb schlummert, meine ich meistern zu können. Das ist natürlich kein Spaß, niemals ein Ziel, aber in Panik im Kreis renn’ ich auch nicht deswegen. Wenn’s uns trifft, werden wir es schaffen.
Es ist das Danach, gegen das ich mich wehre. Mit einem beträchtlichen Teil meiner Kraft will ich verhindern, dass irgendein Mitglied meiner Familie wochenlang nach einer Erkrankung noch schwächelt und da rede ich noch nicht mal von LongCovid.
10% der Verläufe enden in einem Long Covid aber ein beträchtlicher Teil der Genesenen braucht Monate um wieder drei Stockwerke ohne Atemnot hinauf zu kommen. Vom Kurzsprint hinter der Bim her ganz zu schweigen.
Derlei interessiert mich nicht.
Was ich aber mehr noch als das zu verhindern suche, ist was derartige körperliche Einschränkungen den Seelen meiner Familie anzutun im stande wären.
Denn geht es dem Körper mies, zieht das die Seele runter. Und ich meine wir sind sowieso schon alle deutlich farbloser im Glanz geworden. Der Druck auf uns ist so schon ausreichend. Viele krachen bereits ein und kriegen Risse in ihrer Seelenfassade. Und das bereits ohne jedweden echten Kontakt mit dem Feind.
So eine Pandemie ist eben ein Riesenfuck. Da gibt es nicht nur Kranke in Betten, da gibt es auch die Kinder, deren Lebensplanung den Bach runterging. Es gibt Jobs, die gekündigt und Firmen, die aufgelassen wurden. Mit dem ganzen Rattenschwanz an Dramen dran, jener Menschen, die dann ihre Kredite nicht zahlen konnten etc. Die Beziehungen die daran zerbrachen. Und all diese Dinge, werfen Schatten auf die Seelen der Menschen.
Ich denke, ihr wisst, wovon ich rede.
Also auf jeden Fall ist der Schatten bereits da. Die Belastung für die Seelen sowieso schon sehr viel größer und schwerwiegender als im „normalen“ Leben davor. Ich kann das an meiner Familie deutlich erkennen. Es geht ihnen eher gut. Aber sie schleppen eine Last mit sich, die wir vor der Pandemie nicht schleppen mussten.
Und käme jetzt auf diese übersteigerte Grundbelastung noch ein LongCovid oder sowas Ähnliches drauf, dann wären, da bin ich mir erstaunlich sicher, die Schäden lebenszeichnend in einer Art, die ich eben vermeiden möchte.
Mein Ziel ist gebeutelt aber aufrecht aus diesem Schas rauszukommen.
Ich WILL nicht, dass der Knacks in der Seele irgendeines meiner Familienmitglieder zu tief geht.
Und dafür kämpfe ich. Jeden Tag.
Deswegen sind wir geimpft. Denn mit der Impfung reduzieren wir unsere Infektionswahrscheinlichkeit deutlich. Auf Null geht sie nicht. Eh klar. Aber die Chancen stehen besser für uns, als ohne Impfung.
Mir ist jedes Mittel recht, wenn es um meine Familie geht. Ihr seht mich in Kampfposition. Ich knurre das Virus an. „He!“, schrei ich, „nicht hier! Verzieh dich gefälligst!“
Ich weiß schon, dass, wenn es in unser Heim kommt, ich den Modus auf optimale Pflege umzustellen habe. Ich bin da nicht naiv. Aber bis es soweit ist, lautet meine Mission „Keep out of here!“.
Dass das klar ist!