In den Vereinigten Staaten ziehen junge Menschen die aufs College gehen häufig von zu Hause aus und auf den Campus, einfach weil das gewählte College eben nicht in Heimnähe weilt. Und wenn man so durchs Internet schwimmt, dann sieht man immer wieder mal diese Mütter, die haltgebend und allwissend ihre Youngsters auf diesen Schritt vorbereiten, während sie innerlich immer nervöser werden, immer sentimentaler, den Abschied vor Augen, jeden Moment noch einmal tief aufnehmend. Sie sind cool, aber wenn gerade niemand hinschaut, dann haben diese Mütter Tränen in den Augen.
Diesen Gemütszustand.
Den kenn’ ich jetzt auch.
Mein Sohn zieht wohl demnächst aus. Und ich weiß, das ist richtig so, ich weiß, er kann das und überhaupt ist er ja nur 5 Fahrradminuten entfernt. Und doch …
MEIN BAAAAABYYYYYYYY!
Mein Cool kommt derzeit gar nicht recht zum Vorschein, weil in mir die Hühner aufgeregt Zickzack laufen. Von außen betrachtet, starre ich dann ein wenig hilflos in den Äther und gebe Antworten wie: „Ja, sicher!“ oder „Klar!“
Und wer mich kennt, weiß, dass da was nicht stimmen kann. Ich bin viel, aber kurzsilbig steht nicht auf der Liste meiner Eigenschaften.
Ich richte also Räume ein und mache Listen von Tätigkeiten, die der Nachwuchs besser noch schnell von mir vorgezeigt bekommt. Gute Güte, was habe ich all die Jahre nur gemacht? Warum habe ich ihn nicht schon vor Jahren regelmäßig das Klo oder die Schuhe putzen lassen. Wenn ich sehe, wie er Wäsche „zusammenlegt“, beschleicht mich das Grauen und als er letztens morgens 5 Minuten nachdem er eigentlich schon zur Schule aufgebrochen sein sollte, ein Hemd bügeln wollte, kam ich aus dem „Oh, meinGottmeinGottmeinGott“ gar nicht mehr raus.
Somit hat der ganz normale Alltag eine andere Grundfärbung bekommen. Alles beginnt ein wenig seufzlastiger in mir abzulaufen. Wenn ich ihm einen Apfelsaft einschenke, zum Beispiel, spielt es beim „Danke, Mama!“ in meinem Herzen herzzerreißende Hintergrundmusik. Großes Orchester, aufjaulende Geigen – die Ecke.
Was mit mir passiert, wenn er mich gar völlig unerwartet umarmt, passt in keinen Film mehr. Ich rieche, ich spüre .. oh mein Gott, ist mein Baby groß .. und versuche dabei die coole Mama zu bleiben. Seufzen oder irgendwelchen sentimentalen Lapsus, darf ich mir nämlich nicht leisten. Pubertiere erleiden auf derartiges Mutterverhalten bekanntlich einen allergischen Schock der Superlative. Da legt die Abwehr voll los! Die Systeme werden hochgefahren und es wird aus allen Rohren geschossen. Kein schöner Anblick!
Muttern bleibt daher besser ruhig und heult nur innerlich auf, während man „Es gibt abends Schnitzel!“ sagt.
Es gibt noch kein Umzugsdatum. Noch wird umgebaut, aber er scharrt schon. Ich spüre es. Er ist soweit.
Diese amerikanischen Mütter, die das letzte High School Jahr hindurch das Ende desselben fürchten. Die stehen und groß schauen ohne einen Ton von sich zu geben, die Wasser in den Augen haben, weil alles, was in diesem Jahr passiert, das letzte mal passiert und am Ende das Kind losziehen wird. Diese Mütter, das bin jetzt ich.
Seufz!