Chandelier: ein Video, das beschäftigt

Neulich bin ich über das Video zu einem Song, den ich sehr wohl schon oft gehört hatte, gestolpert. Die Rede ist von Sia’s Chandelier. Seither hat das Stück – das Video – in mir gearbeitet – auf mehreren Ebenen.

Ich habe jetzt extra nicht viel dazu recherchiert, weil ich Kunst nun mal gerne völlig ungefiltert auf mich wirken lasse. Zeit habe ich zudem dafür auch nicht so recht, aber aufarbeiten und niederschreiben will ich es, damit die Sache dann mal in mir Sinn machen kann.

Im Video tanzt eine junge Tänzerin eine eigens für sie geschriebene wilde, moderne Ballett-Choreo. Und das tut sie .. unglaublich gut. Ich fasse jetzt mal kurz meine Gedanken dazu zusammen. Vorab aber noch, hier für euch das Video

Punkt 1: Die Kunst

Ballett ist eine Kunstform, die mich manchmal kalt erwischt. Dazu kommt, dass frau dabei öfter mal die Goschn weit offen stehen bleibt, ob der körperlichen Beherrschung, die ein Mensch so besitzen kann. Neid habe ich diesbezüglich keinen, aber enormen Respekt!
In diesem Musikstück hat mich der Tanz einfach gepackt. Dieses junge, wilde Wesen tanzt derart beherzt und so verwirrend ergreifend, dass ich nach dem ersten mal Anschauen kurz nach Luft geschnappt habe.
Erinnert sich wer an Flashdance? Für mich wird hier in derselben Art getanzt. Nur, dass es eben bei Sia ein Kind ist. (12 Jahre jung)
Müsste ich es in Worte fassen, dann wäres es heute* wohl Worte wie: wild, lebendig, roh, gleichzeitig zerbrechlich, weiblich, mysteriös

Ich bin ehrlich fasziniert, wie man Gefühle, die so ganz tief in mir drin sind, die sich so urzeitlich anspüren, so roh, wie man die zu einer Reihenfolge von Tönen in dazupassende Zuckungen, Sprünge und Pirouetten packen kann.
Ich habe keine Ahnung, wie das funktioniert. Aber es funktionert!
Ein wunderbares Rätsel, das die Menschen verbinden kann. Kunst halt.

* wenn es eine Weile gesessen hat, dann würde ich vielleicht in einigen Monaten anders urteilen

Punkt 2: Das Kind

Als Mutter und als Frau habe ich beim Anblick dieses jungen Mädchens sehr gespaltene Gefühle. Zunächst denke ich mir: Oh mein Gott, wenn die in diesem Alter so tanzen kann .. nämlich körperlich, wie emotional .. was um alles in der Welt hat dieses Kind schon alles durchgemacht bzw. was wird sie noch alles durchmachen müssen um den Preis dafür zu bezahlen.
Die Tatsache, dass sie in einer Show die „Dance Moms“ heißt, „entdeckt“ wurde .. und ja .. ich habe ganz kurz die Nase in die Duftfahne dieser Show gehängt .. ihr wähnt richtig, dass das zum Himmel stinkt .. dass sie in so einer Show entdeckt wurde, lässt mir die Nackenhaare zu Berge stehen.

Ich weiß von Kindern, mit denen der Ehrgeiz durchgeht und die sich selber zu Leistungen treten – ohne das Zutun der Eltern. Will sagen: mir ist klar, dass nicht immer „nur“ die Eltern dahinter stecken. Kinder können ziemlich Gas geben, wenn sie sich wo reintigern.
Aber der häufiger Fall ist wohl der Machtmissbrauch durch Mütter und/oder Väter, die ihre eigenen Träume durch ihr Kind verwirklichen wollen (Oder zumindest ihr zerdrücktes Ego damit streicheln) und dieses dann treten und treten, bis …. ein kleiner Mozart rauskommt.
Und die Welt steht und staunt.

Als Mutter und Mensch… schmeckt mir sowas wirklich gar nicht.

Sia mit Maddie Ziegler

Punkt 3: Die Menschheit

Und dann ist da noch der mehrschichtige Aspekt, des … „was in uns Menschen eigentlich alles drinsteckt“.
Vielleicht sind wir ja alle nur so von den Kids, die solche Dinge können, begeistert, weil wir diese Urkraft, dieses Alles-ist-möglich, auch einmal in uns gespürt haben. Wir alle waren mal ein weißes Blatt. Es kann zwar nicht aus jedem ein Mozart oder ein David Garrett werden (auch der ist das Kunstwerk seiner Mutter, wenn ich das richtig verstehe), aber dass ein junger Mensch eine formbare Masse ist, dass ist ja wohl mehr als bewiesen.
Ob es so erstrebenswert ist, irgendwo oben im Elfenbeinturm zu sitzen, weil man von klein auf in eine Richtung getrimmt wurde, nicht wissend ob man aus eigenen Stücken womöglich ein sehr entspannter Stinknormalo geworden wäre, hm … ich will’s nicht so recht glauben.

Trotzdem: man wird es wohl nicht abdrehen können, dass Eltern ihre Kids zu Genies treten.
Was mich halt fasziniert ist, dass wir .. wir Menschen .. all das in uns tragen. Quält man uns in ein enges Korsett und zwingt uns singuläres Wissen und Können auf, dann werden wir zu verwirrend wundbaren Blumen.
Wir sind so ein eigenartiger Haufen!

So. Das hätte ich mir mal von der Leber geschrieben.

… und ein bissi hab‘ ich mich gefragt, womit sie diese Perücke während dem Tanzen auf ihren Kopf geklebt haben … nur so nebenbei.