Neulich habe ich einen Podcast gehört. Das Thema: Wie hat die Einnahme von Ozempic eure Beziehung und euer Liebesleben beeinflusst? Die New York Time fragte ihre Leser.
Als ehemalige Pharmazeutin finde ich die Entwicklung von Ozempic extrem interessant. Es rückt das Thema Übergewicht in vielerlei Hinsicht in ein komplett anderes Licht. Da ist zum Einen die schlichte Anerkennung der Tatsache, dass Übergewicht eine Erkrankung ist und nicht einfach mit Disziplin zu bändigen. Das ewige „Shaming“ von Menschen mit Übergewicht geht mir nämlich enorm auf die Nerven (und ich bin schlank. Wie nervig ist das erst für nicht-Schlanke). „Na, streng dich halt ein bissi mehr an!“ – Wie kann man sowas sagen? Es geht schon fast nicht mehr noch entwürdigender. Es hat mich immer schon genervt, ich konnte nur den Finger nicht genau drauflegen.
Mich lehrt die Berichterstattung rund um dieses Medikament soviel Neues. Auch durch auch die Erfahrungsberichte. Und Neues fasziniert mich halt immer. Von „Food noise“ hatte ich zuvor noch nie gehört. (Food noise nennt man das ständige Denken an Essen.) Ich stelle mir das hochgradig störend vor. Von Menschen zu hören, dass sie das das erste mal in ihrem Leben NICHT mehr haben, hat mich fast zum Heulen gebracht.
Derlei Dinge finde ich spannend/interessant/lehrreich. Die medizinische Wirkung ist auch nicht ohne. Diabetes nicht zu entwickeln, kann das Leben um viele Jahre verlängern und damit die Bevölkerung gesünder altern lassen. Das ist eine irre Power, die in diesem Medikament steckt. Natürlich funktioniert das nicht bei jedem, der das Zeug nimmt, aber statistisch hilft es halt genug Leuten um am Ende hinten raus einen seriösen Effekt zu haben auf die Wirtschaft und ein Land als Gesamtes.
Das ist schon bemerkenswert.
Aber darauf will ich jetzt gar nicht so sehr eingehen. Ich will euch von der einen Frau erzählen, deren Leben und deren Persönlichkeit sich verändert hat, weil sie abgenommen hatte. Und natürlich die Beziehung zu ihrem Mann.
Im Kompletten nachhören könnt ihr die story im Daily vom 7. Oktober (englisch). Zusammengefasst kann man sagen, dass das Paar auf zweiten Anlauf zusammenkam. Sie kannten einander seit der Schule. Er hatte sogar versucht sie zu einem Date einzuladen. Sie erkannte das aber nicht, weil sie davon überzeugt war, dass er sich nicht für sie interessieren konnte, weil sie ja dick war. So kamen sie erst nach ihren ersten Ehen zusammen. Ihr Beziehung hatte einen intensiven körperlichen Aspekt und sie waren ein sehr sozial aktives Paar. Weggehen, Spieleabende, Alkohol. Sie waren und sie war passend dazu sehr extrovertiert, laut lachend, Vollgas.
Als sie dann nach einer Frage beim Arzt ob Ozempic eine Möglichkeit wäre, sie es verschrieben bekam, änderte sich alles.
Sie nahm rasch ab und nach einer Weile bemerkte sie, wie die Welt um sie herum anders reagierte. Im Job bekam sie plötzlich die Rolle Vorträge vor allen zu halten, die ihr zugeteilten Projekte waren größer. Menschen, die sie vorher nie wahrgenommen hatten, suchten jetzt den Kontakt. Dieserlei Veränderungen waren schön und zugleich schmerzhaft, wurde doch offenbar, dass ihr Äußeres eine viel größere Rolle gespielt hatte und immer noch spielte, als sie es sich bisher hatte träumen lassen.
Weiters verlor sie den Gusto auf Alkohol. (Das dürfte häufig passieren.) Woraufhin die „lustigen“ Abende nicht mehr so attraktiv waren (oder nicht mehr so „lustig“.) Und obendrauf – Juhu! – kam sie in den Wechsel. Alles zusammen auch psychisch eine Portion, was man so erstmal verkraften muss.
Und mit der Zeit und mit der Hilfe einer Therapeutin erkannte sie, dass sie eigentlich tief drinn eher eine ruhige introvertiertere Persönlichkeit war. Sie erkannte, dass sie aufgedreht und „immer dabei“ gewesen war um ihre Körperfülle zu kompensieren und von der Gesellschaft angenommen zu werden.
Diese wesentliche Veränderung im Inneren war in der Beziehung ein ziemliches Erdbeben. Ich weiß nicht ob die beiden es überstehen, aber mir geht es ja viel mehr um die Wandlung der Frau. Was da alles abgeht. Mich hat das aus den Latschen gefegt.
So.
und an der Stelle höre ich einfach auf, damit das sickern kann.
Ich freue mich euch zu haben!
LG
