Ewige Szenen, die für uns geschrieben wurden (Genußmaterial?)

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Die Menschheit steht sichs auf Geschichten. Große Geschichten. Helden. Leben. Tod. Mut. Ausdauer. Whatever. Wir funktionieren am Besten, wenn man uns eine Geschichte erzählt. Wenn mans richtig gut hinbekommen will, dann liefert man Bilder.
Bilder, die alleine schon eine Geschichte erzählen, oder anregen, oder beides.

Und in meinen 50 Jahren plus (moment, ich rechne nach – 53) habe ich viele Bilder gesehen, die wirkten. Stark wirkten. Eine Menschenmasse, die glücklich bei einem Konzert mitsingt. Unisono, komplett im Takt. Ein Land, das Fussballweltmeister geworden ist und feiert. Bilder mit vielen Menschen drin sind intensiv.
Aber auch Bilder mit nur einer Person können Bücher füllen.
Es ist Sache der Inszenierung. Es gibt natürlich die Zufallsbilder, den Schnappschuss, das Jahrhundertfoto. Aber auch ein Zufallsfoto ist eine Inszenierung. Es funktioniert nur, wenn das Bild, die Komposition, das Licht, alles passt.

Um ein Ereignis zu inszenieren muss man Erfahrung haben. Man muss es ausprobieren. Sich mit vielen Details spielen. Ihre Wirkung beobachten und dann .. anpassen. Beim nächsten Mal.
Das gilt für Organisatoren von Rockkonzerten und Opern, aber auch .. für Großereignisse wie es das Begräbnis der Queen war und wie es das Begräbnis von Papst Franziskus sein wird.

Dazu sei angemerkt, dass die katholische Kirche in etwa 2000 Jahr Erfahrung in tiefenwirksamen Inszenierungen hat. Das britische Königshaus ist nicht ganz so alt, hat aber auch eine enorm lange Liste an empfehlenswerten Details erarbeiten können, die unter die Haut gehen.
Beide Institutionen sind Meister im Inszenierien. Besonders bei Begräbnissen.

Was mich zu der Aussage hinreist, dass ich diese Ereignisse/Begräbnisse ungemein genieße. Anfangs schau ich nur kurz hin, aber jedesmal noch kam der Punkt, an dem ich in die Geschichte, die die Bilder erzählten, einfach komplett reingekippt bin.

Keine Sorge, ich werde weder katholisch noch Royalist. Aber ich genieße eine gute Geschichte, wenn ich eine gute Geschichte sehe.

Als die Queen in Westminster Hall aufgebahrt lag und ihre Untergebenen an ihr vorbeistauten. In gemeinsamer Trauer vereint, still, zu Tausenden. Als sie stundenlang in der Schlange standen und dann Goodbye seufzten in dieser Riesenhalle, in der „nur“ der Sarg stand. Hoch oben auf einem Podest. Um ihn herum diese farbenprächtigen Gardisten, deren Einheit irgendetwas bedeutet, wovon ich keine Ahnung habe.
Und dann, dann kamen die 8 Enkel reinmarschiert. Im Gleichschritt, ruhig, langsam. Alle 8. Und sie haben sich rund um den Sarg gestellt und den Kopf gesenkt. Die Oma in der Mitte.
Welch Bild.

Wunderschön. Genial. Schaut euch das an und versucht kalt zu bleiben.
Geht nicht wirklich.
Weil es einfach gut ist.
Man kann sich dem ruhig hingeben. Sowas genießen. Diese Szenen wurden für das Publikum geschrieben. In der Symbolsprache, die wir alle verstehen.

Weil wir für diese Geschichten gemacht sind. Und sie für uns. Die Queen ist tot. Der Papst ist tot. Das ganze Drumherum ist für die Lebenden.
Und gut inszeniert, verbindet es uns miteinander. Für diese paar Tage oder Stunden. Faszinant. Jedes mal wieder.

Ich werde das Begräbnis am Samstag (ich schreibe Mittwoch Nacht) wohl verpassen. Wenn ich kann, werde ich mir aber das Konklave geben. Auch so eine Geschichte, die von den rätselhaften Details und der großartigen Inszenierung lebt. Weißer Rauch, dunkler Rauch. Genial. Welch Drehbuch.

Seufz.

Sonst geht‘ mir gut!

Links:
Die Enkel der Queen halten Wache an ihrem Sarg