Und plötzlich ist da eine neue Persuasion Verfilmung. Diesmal auf Netflix. Und ich denke mir, da ich ja Emma und Pride & Prejudice kommentiert habe, wär’ das doch auch für Persuasion möglich. Zudem es ja von Persuasion tatsächlich mehrere filmische Versuche gibt.
Also hole ich aus. Damit ihr verstehen könnt was ich so schreibe, lass ich euch wissen, dass ich Persuasion nie mochte. Wobei das zu hart ausgedrückt ist. Es ist wunderbar geschrieben. Es ist ein Jane Austen Buch. Ich liebe es. Aber ich fand die Geschichte immer … zäh. Zudem ist mir die „Heldin“ Anne Elliot zu still, zu brav, zu sehr bereit zu leiden. Oh mein Gott, wie kann man nur all das so hinnehmen, wie Anne. Tobsuchtsanfälle würd’ ich kriegen an manchen Stellen im Buch. Anne aber nicht. Gute Güte.
Wobei ich hier abgleite. Kurz zur Geschichte und ja, ich werde wohl spoilern.
Inhalt: Persuasion ist eine tief romantische Geschichte. Es geht um die Liebe zweier Menschen, die auf eine 8 Jahre lange Probe gestellt werden und die Frage ist, ob sie sich danach wiederfinden. Die unerträgliche Situation ensteht dadurch, dass es beinahe Null Austausch zwischen den Beiden gibt. Kaum Worte, keine Blicke, es ist ein ziemliches Nichts. Verschlimmernd hinzu kommt, dass Anne in einer Umgebung lebt, in der es vor lauter aufgeblasenen, selbstverliebten Quälgeistern nur so wimmelt. Man findet sich also in einer absolut irren Gesellschaft wieder mit dem ehemals Geliebten, der über Hunderte Seiten kein Zeichen der Emotion zeigt. Leiden pur.
Unfassbar gut geschrieben. Aber wahrlich kein Spaß.
Auf- und Erlösung findet Anne am Ende durch einen Brief. Und der hat es in sich. Jane Austen ist eine atemberaubende Briefeschreiberin, das hat sie ja auch in Pride & Prejudice schon bewiesen. Dieser hier ist eine herzzerreißende Liebeserklärung, die einem den Atem raubt (also, wenn man das Buch liest). Ich weiß es noch wie heute, als ich ihn das Erste Mal gelesen habe. Seeeeeufz!
Anne Elliot ist ein Vorbild aus einer lange vergangenen Zeit! Heute ist sie nur mehr schwer zu verstehen.
Soweit mal ganz grob die Story. Filmisch gibt das einfach nicht viel her. Anne selber ist eine so stille, ruhige, sehr überlegte Person. So jemand verfilmt sich nicht peppig. Würde man ihren Charakter verändern um dem Film irgendwie Feuer geben zu können, verändert man den Charakter der ganzen Geschichte. Denn es geht ja darum, dass Anne sich immer korrekt, immer besonnen verhält. Anne macht keine Fehler. Wenn es etwas gibt, dass mir Anne über die Zeit sympathischer macht, dann ist es diese verborgene Kraft, die totale Uneitelkeit sich in irgendeiner Form in den Mittelpunkt zu stellen. Anne ist durch und durch gut .. in einer absolut ruhigen Art und Weise.
Filmisch ist sowas halt ein Albtraum. Wer würde sowas verfilmen wollen? Zwischen dem Liebespaar gibt es keine Szene, die irgendwie effektvoll einschlagen kann. Die Dialoge liefern stets die mühsamen Leute. Grauslich.
Persuasion, so meine Konklusio, wird nur verfilmt, weil es ein Jane Austen Roman ist. Punkt. Kein vernünftiger Regisseur tut sich sowas nicht an. Die einzig wahre Interpretation, wäre ein schwer romantisches Drama, mit Leid und Leid und Qualen und einem superduper Brief am Ende. Na dann mal, Viel Spaß!
Soweit die Intro:
Dann laßt uns in die Verfilmungen hüpfen und wir beginnen, weil es einfach mehr Sinn macht im Heute und gehen in der Zeit zurück:
Persuasion
2022 – Dakota Johnson & Cosmo Jarvis
Je weniger man zu dieser Verfilmung sagt, desto besser. Wenngleich es sich wohl am Ende um einen mäßig süßen, leicht unterhaltsamen Film handeln mag, so ist es einfach nicht Persuasion. Punkt. Das ist keine Anne Eliott. Haltet mich fest, dann erspart ihr euch, was ich dazu zu sagen habe. Auch mit der Handlung und da vor allem mit der Beziehung zwischen Anne und Frederic wurden sich einfach zu viele Freiheiten herausgenommen. Was sich die beiden unterhalten und dann noch über ihre alte Liebe, ist völlig irr und deplatziert. Der leidvolle Charme der Geschichte besteht ja eben darin, dass sie sich nicht darüber austauschen.
Wiedemauchimmer. Das ist kein Persuasion.
Kann man schauen. Kann man als Unterhaltungsfilm mögen. Ist halt aber keine Jane Austen.
Ach ja, der Song am Schluß. Der ist gut.
Persuasion
2007 – Sally Hawkins & Rupert Penry-Jones
Hier, kann man sich nur wundern, was vor allem die Drehbuchautoren geritten hat. Von Freiheiten, die man sich mit dem original Buch nimmt, kann hier keine Rede mehr sein. Die Unterhaltung, die Captain Wentworth mithört und die ihn dazu veranlasst den alles verändernden Brief zu schreiben, einen der schönsten englischen Liebesbriefe, die man in der Literatur finden kann. Jene Unterhaltung also, die in ihm diesen Brief auslöst, die findet im Film völlig unverständlicherweise zu einem komplett anderem Zeitpunkt statt und wird auch von ihm gar nicht übergehört.
Häää? Da hat jemand nicht verstanden. Wenn Frederic nicht hört, was Anne sagt, schreibt er den Brief nicht. Sehr eigenartig. Auch Anne ist eine zerbastelt Figur und am Ende des Filmes lassen sie sie laufen. Niemand weiß wieso. Soll das romantisch sein? Es handelt sich zweifelsohne um eine sportliche Leistung, ist aber für eine junge Frau dieser Zeit völlig deplaziert. Speziell die perfekte Anne würde nie hinter einem Mann herlaufen .. und dann wohl noch durch halb Bath. Atemberaubender Schwachsinn. Alles in allem kann man diese Verfilmung auslassen.
Nicht mal ein guter Song am Ende zur Versöhnung 😉
Persuasion
1995 – Amanda Root & Ciarán Hinds
Okay, hier sind wir angekommen. Diese Verfilmung hat zwar ihre Schwächen, aber man kann sagen, was man will; Das ist Persuasion!
Die beiden Hauptfiguren leben oder leiden nebeneinander her, bis dann endlich am Ende der Groschen fällt. Die Internet-Persuasion-Fangemeinde kürt ganz eindeutig diese Verfilmung zum Winner. Das ist ja auch leicht, wenn man bedenkt, wie schlecht die Anderen sind. Ist man an Persuasion interessiert, weil man sich alle Jane Austen Romane reinziehen will, dann ist die 1995 Version ganz eindeutig der Film, der die Geschichte erzählt, wie sie geschrieben steht.
Filmisch ist halt noch reichlich Luft nach oben. Es ist offensichtlich, dass das Budget nicht dasselbe war, wie in der 2022 Netflix-Verfilmung. Ausstattung und Kameraführung sind mäßig und nehmen der Geschichte leider das bißchen Farbe, das sie eh schon kaum hat. Aber im Großen und Ganzen kann man in dieser Verfilmung erahnen, was das Buch ausmacht.
In diesem Fall gilt: Obwohl die Geschichte etwas altbacken ist, (Es handelt sich wohl einfach um keine heutige Geschichte.) kommt man bei Interesse nicht drumherum das Buch zu lesen. Denn die Sprachgewalt, das Können der Jane Austen offenbart sich in den Worten. Für Persuasion ist das sehr schwer in Bilder zu verwandeln.
Durch die Auseinandersetzung mit den Filmen, mit Anne und dem Buch, habe ich übrigens die Heldin für mich entdeckt. Anne ist schon super. Ein wenig zu still für mich, aber zweifellos eine tiptop Persönlichkeit. Nach Jahrzehnten des Missbilligens habe ich sie nun gefunden. Hallo Anne!