gelesen KW 2 /2018 – Gerrymandering

Viel seltener als man gemeinhin so glaubt wird direkt gewählt. Soll heißen, die Anzahl der Stimmen  ergibt direkt den Prozentanteil im Endergebnis. In Österreich ist die einzige direkte Wahl die Bundespräsidentenwahl.

Bei allen andere Wahlen wird gerechnet, angerechnet, umgerechnet. Das hat so seine Gründe und scheint auch sinnvoll (wenngleich man es trotzdem erstmal verstehen sollte. Die ganzen Statistik Gründe warumwiesoweshalb .. aberwerwillsichdasschonantun!)

Photo by Arnaud Jaegers on Unsplash

Heute erkläre ich euch aber etwas, dass in den USA in den letzten 10 Jahren überhand genommen hat. Und zwar in einer Form, dass man von ernsthafter Demokratiegefährdung reden kann.

Es nennt sich Gerrymandering und ist der professionelle Ausdruck dafür, sich seine Wahlbezirke so zurechtzuzimmern, dass einem das Ergebnis entgegenkommt.

Photo by Courtney Hedger on Unsplash

Das Wahlmännersystem sagt euch ja wohl noch was. Jeder Bundesstaat in den USA sendet eine fixe Anzahl von Wahlmännern zur Präsidentenwahl und alle Wahlmänner eines Bundesstaates müssen den Vertreter jener Partei zum Präsidenten wählen, der im Bundesstaat die Mehrheit der Stimmen hat.

Wohl aber nicht die Mehrheit der Stimmen der Wähler, nein, die Mehrheit der gewonnen Bezirke.

Ein Bundesstaat wird demnach in Bezirke unterteilt. Das ist ja auch bei uns so üblich und wohl auch sinnvoll um den Aufwand überschaubar zu halten.

Aber wie werden diese Bezirke festgelegt bzw. von wem und wann?

In den Vereinigten Staaten erhält die Partei, die gerade an der Macht ist nach jeder Volkszählung (alle 10 Jahre) das Recht in dem jeweiligen Bundesstaat neue Grenzen für die Bezirke zu ziehen.

Das ist, wenn ich es richtig verstehe, schon immer so gewesen. Und natürlich haben beide Parteien versucht irgendwie Vorteil daraus zu ziehen.

Aber in den letzten Jahren hat die republikanische Partei der Demokratie gezeigt, wie man mit ihr spielen kann. Mitthilfe von BIG DATA und Computern haben sie in ihren Bundesstaaten teilweise skurrile Bezirke kreiert. Einzig mit dem Ziel deutlicher und womöglich sogar bei weniger absoluten Stimmen zu gewinnen und damit an der Macht zu bleiben.

Wenn ihr nicht genau versteht, wie das gehen soll. Hier ein 60 Sekunden Video, dass das Prinzip erklärt.

Wenn ich also die Bezirke geschickt manipuliere, kann ich einen Sieg von 56% (wenn also 44% auf die Demokraten entfallen) …

hier am Beispiel Pennsylvania

.. in eine 13 von 18 Mehrheit verwandeln. (siehe unteres Bild) Wohlgemerkt, jeder dieser 13 Bezirke wird jetzt von einem Republikaner vertreten.

Das verzerrt das tatsächliche Wahlergebnis .. ich möchte sagen ins Groteske.

Also nochmal: ich will den Bundesstaat gewinnen und ich weiß, zum Beispiel, die Afro-Amerikaner, die wählen mich nicht, also muss ich dafür sorgen, dass entweder die Häuserblocks, in denen viele von ihnen wohnen, so auf Wahlbezirke aufgeteilt werden, dass diese Wählerstimmen einfach untergehen in der Anzahl meiner Wähler (das nennt man dann „cracking“) oder, wenn es zu viele sind und sich das „cracking“ nicht ausgeht, dann muss ich sie zu einem für mich Katastrophen – Bezirk zusammenfassen, sodaß ich halt diesen einen Wahlbezirk abschreiben muss (Fachausdruck dazu: „packing“).

Wobei genau dieses, mein Beispiel, anhand der Hautfarbe zu sortieren, dann doch nicht erlaubt ist. Und trotzdem gab es einen Wahlbezirk in Florida, der genau das machte.

Arnold Schwarzenegger – an sich immer ein Republikaner – hat lautstark dagegen protestiert mit den Worten: „Es muss endlich Schluss damit sein, dass sich die Politiker ihre Wähler aussuchen und nicht die Wähler die Politiker!“

Wenn ich es richtig verstehe, haben sich die Republikaner mit dieser Methode die Mehrheiten im Kongress (Senat und Repräsentantenhaus) geholt. (nur kurz: der Kongress ist die Legislative in den Staaten, dort werden die bundesweiten Gesetze beschlossen.) Und wohl auch die 3 Millionen Stimmen, die Hillary Clinton mehr erhielt, scheinen zumindest teilweise vergerrymandert worden zu sein.

Um der Sache aber einen kleinen fiesen Twist am Ende zu geben, mache ich darauf aufmerksam, dass die absolute größte Mehrheit der Amerikaner aber GAR NICHT gewählt hat (also 2016). Gut 45% haben ihre Stimme gar nicht abgegeben. Und vom Rest hat der größere Teil auch nicht Trump gewählt und zwar nicht nur weil Hillary 3 Millionen Stimmen mehr bekommen hat. Nein, weil da ja noch ein paar weitere Kandidaten waren, was bei uns ja gar nie erwähnt wird. (genau Ergebnisse findet ihr hier)

Soll heißen: wenn ihr an irgendeine Tür klopft in den USA und fragt ob der- oder diejenige Trump gewählt hat, dann würdet ihr in über 3/4 der Fälle ein Nein erhalten.

🙂

Hm!

Womöglich ist dieser Post ein wenig wirr. Das mag am Thema oder an der Uhrzeit liegen (1.32 Uhr – Huch!) Aber für den Fall, dass diese Sache euch ein wenig den Glauben raubt an die Menschen und an die Chancen uns noch zu retten, häng‘ ich euch ein Ellen Video dran.

Alle Leute, die nicht mehr wissen wofür man eigentlich noch die Daumen drücken sollte, die kriegen von mir täglich 30 Minuten Ellen De Generes verschrieben!

Gern geschehen!

Hierzu habe ich viel gelesen und geschaut:

Verzerrte Demokratie – die Zeit

Gerrymandering  – Wikipedia

Der Preis des Irrsinns – Wiener Zeitung

Gerrymandering  – John Oliver (zumindest ein bißchen lustig 🙂

Stacking, Cracking and Packing – Youtube Beitrag

Who are the Americans, who didn’t vote for Trump – The Guardian

Die Bilder von Pennsylvania stammen aus dem John Oliver Video.

Angaben zur Karte von Florida: Von GIS (congressional districts, 2013) shapefile data was created by the United States Department of the Interior. 2: Data was rendered using ArcGIS® software by Esri. 3: File developed for use on Wikipedia and elsewhere by 7partparadigm. – GIS shapefile data created by the United States Department of the Interior, as part of the „1 Million Scale“ geospatial data project. Retrieved from: http://nationalatlas.gov/atlasftp-1m.html?openChapters=#chpbound, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=31630118