Liz Cheney: Eine Heldin unter den Bösewichten? – gelesen

Okay, Dick Cheney kennt man, Vize von George Bush dem Tolpatschigen. Seine Tochter ist dem Durchschnittseuropäer schon deutlich weniger geläufig. Und dennoch dreht sie seit einigen Monaten sehr auffällige Kreise durch die amerikanische Innenpolitik. Und da es eine Chance gibt, dass diese Kreise weltpolitische Auswirkungen haben können, dachte ich mir; Die stell‘ ich euch vor!

Die republikanische Partei hat im letzten Jahrzehnt den Pfad einer erzkonservativen Partei verlassen und ist mittlerweile eine Verschwörungstheorieliebende Populistenpartei der übelsten Sorte. Stück für Stück – also eigentlich Person für Person – werden „normalkonservative“ Politiker auf allen Ämter-Ebenen durch Gaga-Verrückte GelegenheitsFreaks ersetzt. Und wenn ich das so schreibe, dann meine ich das so. Was sich da in den Staaten um ernstzunehmende, mit Macht ausgestattete Ämter bewirbt, wäre vor 50 Jahren im Irrenhaus gelandet. Ich will gar nicht wiederholen was die da von sich geben, aber glaubt mir Pferdeentwurmungsmittel war noch nicht das Ende der Blödheitsfahnenstange. Sagen wir es so; weil’s funktioniert haben die Republikaner die Büchse der Dummheitspandora der Menschheit geöffnet und sie baden darin und sie bereichern sich daran, dass man sich schon gar nicht mehr an den Kopf greifen kann. Aber es funktioniert – zumindest bei einem Teil der Bevölkerung.

Liz Cheney im Untersuchungsausschuss

Der Gipfel der ganzen Geschichte bisher war die Erstürmung des Capitols am 6. Jänner des Vorjahres. Da haben es all die, sie nennen sich konservative Medien, ich finde Propagandakanäle passender, geschafft nach Monaten des Lügens und Verdrehens der Wahrheit, geschafft unter der Leitung des Paradebeispiels einer narzistischen Störung, einen nicht unwesentlichen Haufen an leichtgläubigen Bürgern dazu zu bekommen richtig heftige Gesetze zu brechen. „Aufruhr“ und „Revolte“ liest sich jetzt vor Gericht nicht so umgänglich. Einige sitzen dafür jetzt im Gefängnis, Andere hat es „nur“ das bisherige Leben zerstört (weil Job weg, Frau weg etc.). Politiker oder Medienbetreiber sind nicht darunter (hoffentlich nur noch nicht).

Einigen Republikanern ging das dann doch zu weit. Natürlich möchte ich anfügen, erscheint es schon höchst eigenartig, wenn man als Politiker monatelang ohne Protest D.Tr. unterstützt hat und dann, wenn all dieses aufwiglerische Verhalten tatsächlich in Taten umschlägt, überrascht tut und dann doch lieber nichts damit zu tun haben möchte. Fähnchen im Wind ohne Rückgrad, fällt mir dazu ein.

Liz und ihr Daddy

An dieser Stelle muß man dann Liz Cheney erwähnen. Sie hat nämlich dagegen geredet. Gegenwind erzeugt. Innerhalb der Partei. Sie hat es Lügen genannt, was da geliefert wurde vom Rest ihrer eigenen Partei. Und weil sie die Tochter von Dick Cheney ist und weil Dick Cheney jemand ist in den USA, wurde Liz gehört. Der Undank in ihrer Partei war und ist bis zum heutigen Tag enorm. Sie wird niedergemacht, beschimpft, bedroht – mehr oder weniger von allen. Aber wenn Liz etwas hat, dann Rückgrad und Überzeugung.

Nun möchte ich hinzufügen, dass Liz Cheney politisch eine beinahe fanatische Konservative ist. Sie ist dafür Abtreibungen zu verbieten, sie mag keine Steuern für Reiche und bitte bloß keine Vergünstigungen für Arme. Liz ist keine sozial angehauchte Person. Liz ist reich, war immer reich und gedenkt es auch zu bleiben. Der Rest der Bevölkerung kann ja hart arbeiten. Amerikanischer Traum Blablabla. Liz meint, dass man sich die Beipass OP schon selber zahlen kann und dass Preise für Medikamente nicht geregelt werden müssen. Freier Markt, der Gott, der alles regelt. Sollen die Leute sich halt gesünder ernähren!

Aber wenn es um die Zukunft des Landes geht, um die Demokratie, dann ist Liz Cheney beinhart und enorm geradlinig bei der Sache. Und sie benennt den Kern des Übels ganz klar: Donald Tr. Der muss weg. Und, so Cheney, er gehört vor einen Richter.

Liz war eine von nur zwei Abgeordneten aus der republikanischen Partei, die bereit waren im Untersuchungsausschuss rund um den 6. Jänner mitzuarbeiten. Und als Vize in dieser Kommission ist sie den Republikanern ein besonders schmerzhafter Stachel im populistischen Arsch. Und ich muss ehrlich zugeben, dass sie das richtig richtig gut macht! Nämlich nur den Vize hat sie gut gegeben, sie hat es ihren Partei“freunden“ auch ordentlich reingesagt – bei jeder Gelegenheit

Liz Cheney sitzt in diesem Untersuchungsausschuss, weil sie eine Abgeordnete im Repräsentantenhaus ist. Und als solche muss sie sich im November in ihrem Bezirk der Wiederwahl stellen. Letzte Woche (Oder ist es schon zwei Wochen her?) waren diesbezüglich Vorwahlen in ihrem Bundesstaat (Wyoming, wenn das wer wissen will.). Und die Republikaner haben ihr eine Trump-loyale Gegenkandidatin entgegengestellt. Und da Wyoming zu 70% Trump gewählt hat, war von vornherein klar, dass Liz Cheney nicht wiedergewählt werden kann, weil ihre Partei sie schlicht gar nicht auf den Stimmzettel schreiben wird. Und es ist genauso eingetroffen. Liz wurde von ihrer innerparteilichen Gegnerin vom Sitz gefegt. Somit ist mit Mitte November das Repräsentantenleben für Liz Cheney vorbei.

Knappe 570.000 Einwohner in Wyoming
TUBS, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons

Aber Liz ist eben eine Cheney und die geben nicht auf, solange es noch irgendeine Möglichkeit gibt das zu tun, was sie für notwendig erachten. Und so kommt es, dass die Medien brummen vor Gerüchten, dass sich Liz als Kandidatin zur Präsidentschaftswahl aufstellen lassen könnte. Sie selber hüllt sich da eher in auffälliges Schweigen und betont nur nebenbei, dass sie alles in ihrer Macht stehende tun wird um Donald Tr. vom Weißen Haus fernzuhalten.

Und somit sind den Spekulationen Tür und Tor geöffnet, denn obgleich es höchst unwahrscheinlich ist, dass Liz diese Wahl gewinnen könnte, so könnte sie doch tatsächlich Donald Trum empfindlich schaden. Wie?

Merkt sie euch!

Nun, an sich ist Liz eine Vollblutrepublikanerin und sie will auch für diese Partei einstehen. Nur – sind wir uns ehrlich – das wird’s nicht spielen. In den innerparteilichen Vorwahlen um die Kandidatur hätte sie keine Chance, da die gesamte Partei (oder fast die gesamte Partei) lauthals gegen sie protestiert. Jetzt schon. Was aber im Bereich des Möglichen wäre, wäre ein Antritt zur Wahl als unabhängige Kandidatin. So würde sie dann wohl Wähler von Tr. abziehen. Da sie für jene Republikaner, für die die Trump’sche Truppe zu crazy ist, eine Alternative wäre. Die Analysten reden sich auf jeden Fall den Mund fusselig deswegen. Vor allem, wenn Liz Cheney’s ausgeschriebenes Ziel ja eigentlich die Verhinderung eines Trump’schen Wahlsieges ist, nicht notwendigerweise der eigene. Sie hätte also gewonnen, wenn er verliert.

Dazu muss ich noch erwähnen, dass in absoluten Zahlen die Republikaner seit der Wiederwahl von George Bush (2005) keine Mehrheit mehr im Land zusammengebracht haben. Auch Donald Tr. hatte weniger Stimmen als Hillary Clinton. Das bedeutet, dass das Pool an Republikaner-Wählern einfach kleiner ist, als das der Demokraten. Und wenn dieses Pool dann noch um Jene reduziert würde, für die Liz Cheney ein Option ist, dann könnten das eben die empfindlich paar Prozente sein, die alles ausmachen Und dann, ja dann könnte Liz Cheney tatsächlich Donald Trump’s 2. Amtszeit verhindern. Der Spielraum für die Republikaner ist eben einfach zu gering. Deswegen manipulieren sie ja wo nur geht rum – siehe Gerrymandering und erschwertem Zugang zur Wahl etc.

Aber eigentlich sind das alles nur Spekulationen. Falls ihr aber mal Liz Cheney in den Nachrichten hört, dann wisst ihr von wem da geredet wird. Huch! Das ist doch recht lang geworden! 🙂