Es gibt Dinge, die wusste ich vorher nicht. Die Rolle der Schule im Leben meiner Kinder zum Beispiel. Okay, ich weiß, dass Schule wichtig ist, dass die Kids dort ihre Bildung, ihre Ausbildung erhalten.
Was mir nicht klar war, war die Rolle die Schule abseits von Bildung noch so einnimmt. Und wie ich eben lernen durfte, ist das wahrlich keine unwichtige.
Die Schule gibt einem Kind Halt indem sie regelmäßig morgens beginnt. Die Kids müssen raus aus den Federn, rein ins Gewand und auf den Weg. Dort bimmelt dann – für gewöhnlich – alle 50 Minuten eine Glocke. Die Lehrer kommen und gehen und vermitteln mehr oder weniger interessante Inhalte. Fällt dieses Netz an Zeiteinteilung komplett weg, dann schwimmt der junge Mensch in der Zeit. Es hat was Philosophisches, ist aber so. Ohne Schule, ohne Glocke wird die Zeit zum schwammigen Kontinuum. Und passt man (die Eltern) nicht ordentlich auf, dann sitzt das Kind zu Hause eben viel zu wenig am Schreibtisch, weil es ist ja „eh noch so viel Zeit“ hat, oder eben, viel zu viel, weil „ich bin eh gleich fertig“ und es dauert und dauert dann aber doch noch.
Die Zeit ist ein Hund.
Und die Schule nimmt ihn an die Leine.
Dann sind da die anderen Kinder. Die Freunde, die Feinde und die aus den anderen Klassen. Täglich sieht ein Kind in einer durchschnittlichen Schule so irgendwas zwischen 30 und 100 Kinder. Das ist viel. Das ist enorm viel Varietät an Verhalten, ganz viele Stufen an Kinderverrücktheit, an Ideen, an Unfug. Und dann Lockdown. Und plötzlich sind da nur mehr die eigenen Geschwister, so man welche hat. Nein, die Geschwister sind nicht unbedingt der Anker in der Not. Lasst uns ehrlich sein. Geschwister … lange G’schicht. Somit bringt der Lockdown Null Varietät an Kinderverrücktheit, an Unfug und Kinderideen.
Man ist als Kind also alleine. Es heißt nicht umsonst: „Es braucht ein Dorf um ein Kind zu erziehen!“
Diesen Satz habe ich schon lange in meine Standard-Besserwisser-Liste aufgenommen, weil ich zutiefst überzeugt bin, dass er wahr ist. Als intuitive Supermama, kenne ich meine Rolle. Ich weiß, ich bin der Anker, der Mittelpunkt, die Sicherheit. Ich weiß zu mir muß man immer zurückkehren können, egal wie weit man als Kind gerade weggekreiselt ist. Meine Aufgabe ist, dass SIE wissen, dass ICH immer da bin.
Aber diese Kindervielfalt, die kann ich nicht liefern. Zum Glück leben wir in einer Zeit, wo man das zumindest teilweise über das Internet abwickeln kann. Ist nicht dasselbe, aber es ist besser als die große Null im Kontakt mit Gleichaltrigen.
Und dann sind da noch die Lehrer.
Über die muß ich auch mal solo schreiben. Hier und heute geht es um ihre Rolle im Gesamtbild. Wir, also meine Familie, haben das Glück, dass der größte Teil „unserer“ Lehrer sich als von der richtigen Motivation geleitet herausgestellt hat. Wir haben viele „Ich habe eine Verantwortung um die Seelen dieser Kinder“ – Lehrer. Lehrer, die wissen, dass, wenn sie verschwinden, untertauchen quasi und nur hie und da ein mail schreiben, das Sicherheitsnetz ihrer Schüler Löcher bekommt. Dass die Kinder, ähnlich wie mit der Zeit vorher, zu schwimmen beginnen. Lehrer geben Halt, weil sie sich auskennen, wo sie sich auskennen. Es ist immer gut, wenn da jemand weiß, was zu tun ist. Und sei es nur die Antwort auf die Frage: „Schreib ich das jetzt ins Buch oder ins Heft!“
Lehrer sind Menschen, die kleine Menschen an die Hand nehmen und ihnen zeigen wie man Mathe, Geschichte und Geo macht. In einem Kinderleben zählt das. In einem Kinderleben sind Lehrer, wenn sie es denn sind, Leuchttürme im Meer des Wissens.
Ich weiß es gibt furchtbar schlechte Lehrer, Grausame auch und dann noch die, die den Job wegen der Sommerferien machen, aber ich behaupte, dass der größte Teil schon weiß von der Leuchtturm-Aufgabe. Spätestens jetzt.
Ich wusste das alles vorher nicht so wirklich.
Es braucht ein Dorf um ein Kind zu erziehen.
Und Leuchttürme.