Meine Kraft, meine Wahl

Nun verhält es sich ja so, dass ich mittlerweile seit Jahren für meine Kinder Bekleidung nähe und nur mehr wenig zukaufe. Höchstens die Hosen für den kleinen Mister. Irgendwie habe ich einen großen Respekt vor Bubenhosen (dem sollte ich wohl mal tiefenpsychologisch auf den Grund gehen).

Das hat zur Folge, dass ich zum einen gar nicht weiß, was gerade „in“ ist, und zum anderen, dass ich schon lange nicht mehr so richtig für meine Kinder shoppen war.

Jetzt ergab es sich letzte Woche, dass nicht nur das Wetter, sondern auch eine angekündigte Projektwoche des kleinen Misters verlangte, den Hosenbestand zu erneuern. Also bin ich mit den Kindern in die Kinderabteilung eines bekannten Modehauses marschiert. Und dort hat mich dann die Realität mit voller Wucht erschlagen.

1. Die Farben 

In meinem tiefsten Inneren bin ich fest davon überzeugt, dass der Designer von Kindermode in diesem Kaufhaus keine Kinder hat. Denn niemals, ich wiederhole NIEMALS würde sich meine Tochter aus einer Regenbogen-Farbpalette die Farben Cremebeige, Altrosa, Braun und Petrol aussuchen. NIEMALS!

Wer will denn schon mit 7 angezogen sein wie eine Oma? (Anmerkung: Genau genommen, tragen das nicht mal mehr die Omas heute!)

Bei den Buben war immerhin neben dem Beige und dem Petrol ein Blau zu erkennen.

Ach ja, das Petrol im Übrigen war ein kaltes. So die Sorte Farbe eben, die die Winterblässe richtig gut unterstreicht.

Ehrlich Leute!

2. Die Schnitte

Nun, seit einigen Jahren werden wir ja darauf getrimmt, Hosen zu tragen, die immer mehr zur Strumpfhose werden. Das Anziehen, aber vor allem das Ausziehen solcher Hosen ist eine Mühsal. Sogar bei den Kindern, vor allem bei den Mädchen, ist diese Schnittvariante omnipräsent. Wer eine „normale“ Jeans haben will, geht suchen.

Also hat man am Abend immer verdrehte Hosen rumliegen. Es sei denn, man hilft beim Ausziehen. Sogar bei den Buben sind die Hosen jetzt schon so.

Aber der Oberhammer ist ja, dass trotzdem oben im Bund ein Gummi drin ist. Da hat wohl wer nicht mitgedacht. Denn selbst, wenn die Hose oben absteht, KANN sie gar nicht runterrutschen. Man kann allerdings den Unbequemlichkeitsfaktor noch deutlich erhöhen, indem man den Gummi festzieht, so dass die innen liegenden Knöpfe dann schön gegen die Hüftknochen drücken. Denn hüftig sind die Hosen beinahe alle.

Ach ja, Kinder sitzen übrigens viel am Boden rum. Und dabei wäre es durchaus wünschenswert, wenn die Zehen noch durchblutet würden.

Wie gesagt: Ich glaube nicht, dass da jemand Kinder hat!

3. Die Preise

Und ich meine das jetzt im verkehrten Sinn. Hosen um 19€, Jacken um 22€. Dazu ein „Made in Vietnam“. Da krieg ich das Kotzen. Tut mir leid, wenn ich das so niederschreiben muss. Aber um 19€ eine Jeans? Das ist eine Lüge. Und zwar eine, die andere Menschen für mich bezahlen (womöglich sogar mit ihrem Leben). Und ich mag das nicht, wenn man mich belügt.

Ich weiß, wie viel Arbeit in so einem Bekleidungsstück steckt, und ich respektiere die Leute, die diese Stücke herstellen. Und ich will auch, dass diese Menschen mein Geld bekommen und nicht irgendwelche Shareholder an der Börse.

Dieses Erlebnis letzte Woche war ein schlimmes für mich. Ich halte mich nicht für eine Öko-Friedens-Tante, nein, ich bin nicht blind. Und ich weiß, dass an allen Ecken und Enden irgendwo Menschen ausgebeutet werden, damit ich ein iPhone haben oder Essen wegwerfen kann oder 100 Sachen mehr. Das kann ich alleine nicht einfach alles ändern.

Aber ich weiß auch, dass ich der Kunde bin. Dass ich das Geld habe, das diese Firmen von mir wollen. Und ich weiß auch, dass genau darin meine Kraft liegt.

Ich werde mir einen Hosenschnitt suchen für meinen kleinen Mister oder ein Geschäft, von dem ich weiß, dass die Kleidung, die dort geboten wird, zumindest mit weniger Ausbeutung einhergeht.

Ich werde auch weiterhin mir lieber die Farben und Muster von Hamburger Liebe, Jolijou & Co. diktieren lassen. Denn da ist wenigstens Farbe im Spiel.

Und wenn dieser Weg bedeutet, dass meine Kinder nicht 20 Shirts im Kasten haben, sondern nur 8, ist das okay für mich.

Der Tag wird kommen, an dem meine Kinder dann cooles Zeugs und nicht von mir genähtes tragen werden wollen. Aber bis dahin werde ich ihnen eingetrichtert haben, dass sie darauf achten sollen, woher das kommt, wer davon profitiert und auch ob die Qualität stimmt.

Darin liegt meine Kraft!

Und ich weiß, ich bin nicht die einzige.

So, das musste dringend mal raus!

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