Wir waren dieses Jahr das erste mal seit langem ohne Kinder weg. Einen kompletten zwei Wochen Urlaub hätte ich aber noch nicht durchgehalten. Wir waren quasi zum Testen in Bad Gastein. Dorthin hat mich irgendwas gerufen. Ich musste da einfach wieder mal hin.
Ich war bereits zweimal in Bad Gastein habe aber an den Ort praktisch keine Erinnerung. Einmal war ich zu jung und einmal postpartal. Ausnahmesituation. Dieses mal hatte ich keine Ausrede.
Bad Gastein hat man gehört. In den letzten Jahren gab es Meldungen vom Zerfall des Ortes und auch der Revitalisierung desselben. Und das ist ja dann wohl ein irres Vorhaben, wir mir jetzt, nach dem Besuch, erscheint.
Bad Gastein war ein Kurort für den Adel. Und offensichtlich dermaßen „in“, dass es sich ausgezahlt hat mitten in ein enger werdendes Tal, quasi in die Felswand, ein perverse Anzahl an riesengroßen Luxushotels zu knallen.
Wir reden hier von 1000 Meter Seehöhe. Für gewöhnlich stehen da die klassischen Hütten-Häuser, mit Holzgiebeldach, Holzbalkon und jeder Menge Pelargonien (verzeiht meine Klischeetisierung). In Bad Gastein stehen Häuser, die völlig unauffällig an der Ringstraße in Wien stehen könnten. Sie sind riesig. Pompös und völlig fehl am Platz.





Wohlgemerkt, es gibt ein Tal, sie hätten in die Ebene bauen können. Aber, he, wozu? Picken wir die Prachttrümmer doch einfach in den Fels. Und, ja genau, so nah wie nur irgendmöglich an diesen total wilden Wasserfall, der da runterdonnert. Wieso eigentlich nicht?
Dann kam mit dem Weltkrieg das Ende des Adels und damit das Ende für Bad Gastein. Lange geschah dort eher nichts bis gar nichts.
In den 60ern (oder 70er?) hat man dann ein paar extrem optisch bedenkliche Betongrauslichkeiten zwischen den zerfallenden Prunk gestellt, weil .. Gegensätze ziehen sich an .. oder so. Und dann, so scheint es, geschah wieder nichts. Denn, wenn man hinschaut zerfällt der 60er Alptraum mit dem Jahrhundertwendeprunk um die Wette.




Ein paar Einzeltstücke haben wohl Investoren gefunden, denn ein Teil der alten Schönheiten sind hergerichtet und auch gut gebucht, wie mir schien. Leer ist Bad Gastein nicht. Es ist ein komischer Flecken, das ist sicher. Und aufgrund der Lage etwas für die Fitness. Eben ist nicht.
Und noch etwas: Dort, wo Bad Gastein zerfällt, wächst, wohl aufgrund der ewigen Wasserfallfeuchte, ein Urwald. Mitten im Ort, überall. Mann kann zuschauen. Und – wir waren im August – alles blühte. Aus jeder Ritze ein Blümchen quasi. Irre.
Die Zerfallsoptik lebt total.
Schräg.
Aber gut anschaubar.




Uns hat es wirklich gut gefallen. Offensichtlich haben wir nichts gegen schrägen, kaputten, total verwuchterten Prunk im Fels mit ein bissi Wasserfall.
Ach ja. Der ist im übrigen nix für lärmempfindliche Personen. Irgendwie eh klar. Aber das sei ehrlich angemerkt. Leise ist Bad Gastein nicht.
Diesen Spaziergang hänge ich jetzt noch bei Heike an.
