Paartherapie – Movielovers go Jury

Es war einmal mein Leben. Ich hatte richtig viele Freunde, sang in einem Chor, ging auf Parties, regelmäßig ins Kino und wasweißichnochalles.

Man muß wissen, dass man all das, ich wiederhole ALL DAS, verlieren kann, wenn man ein Kind bekommt. Die Wahrscheinlichkeit für den kompletten Verlust des eigenen Lebens, steigt zudem mit der Anzahl der Kinder, die man in die Welt setzt.

Und wenn man das alles mit ein und demselben Mann durchlebt (das war bei mir nicht der Fall), dann ist vermutlich auch die Beziehung, die man ursprünglich mit ihm hatte, weg.

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Das Leben tickt anders, wenn man plötzlich Mama und Papa ist und zwar erbarmungslos anders. Viele Beziehungen gehen deswegen zu Bruch (ich weiß das)

Und wenn man es durchsteht, dann besteht die Kunst darin neben Mama und Papa auch noch ein Paar zu bleiben. Mit Herzklopfen, Sex und allem.

Nachdem meine erste Ehe zu Bruch gegangen war, bin ich mit der Beziehung in der ich heute stecke besonders achtsam, wenn es um uns als Paar geht. Alle meine Sensoren fangen an zu leuchten und einen auf Großalarm zu machen, wenn ich auch nur die Chance auf einen potentiellen Beziehungstod am Horizont heraufdämmern sehe.

Anders ausgedrückt: ich bin mühsam.

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Vor allem für meinen Mann, der, for the lack of a better word, eben ein Mann ist. Dazu Mathematiker. Mein Mann nimmt viele Dinge, die ich sage wörtlich und ist schlicht unfähig den emotionalen Subkontext zu erkennen, geschweige denn zu lesen.

Ich habe Jahre gebraucht, bis ich das erkannte. Mir war nicht klar, dass man so „trocken“ leben kann.

Nun hat mein Mann aber eine Kollektion an Eigenschaften, die ich sehr schätze. Und so will ich bis heute mit ihm zusammen sein. Mal abgesehen davon, dass ich noch immer bis über beide Ohren in ihn verknallt bin und irgendwie ja eh gar nicht anders kann.

Deswegen habe ich stets Wert drauf gelegt, dass wir irgendwie Zeit für uns hatten. Abseits der Windeln. Abseits der Kinderarzttermine, den unterbrochenen Nächten, den Flascherln, dem Weinen, dem Kinderwagerlschieben, dem Kind in den Schlaf wiegen, dem Sachen nach Hause schleppen und der dauernden bleiernen Müdigkeit.

Babysitter jede Woche waren keine Option. Das wäre zu sehr ins Geld gegangen. Also war es notwendig etwas zu finden, dass wir gerne gemeinsam machen würden wollen .. und zwar zu Hause.

Wir haben Filme bewertet.

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Wir mögen Filme. (Das könnte euch schon aufgefallen sein!). Wir waren früher oft im Kino. Oft. Im Original. Wir waren da Snobs. Das war wichtig. Punkt.

Und all das war vorbei. So schien es. Die Premieren kamen und gingen und wir waren so beschäftigt mit dem Überleben im Alltag, dass wir von den Filmen aus dieser Zeit erst Jahre später erfahren haben. 
Ich meine .. wir hatten nicht mal von den Filmen gehört!! (man stelle sich das mal vor!)

Netflix gab es damals noch nicht. Also haben wir kurzerhand im Internet nach „den besten Filmen aller Zeiten“ gesucht. Die Top 100, wenn ihr so wollt. Und dann haben wir uns eine Auswahl davon angesehen. Die meisten kannte wir ja schon und das war gut so. Die Idee war nämlich die Filme zu bewerten. Dazu war es notwendig sich nicht allzusehr in den Film hineinsaugen zu lassen. Das ist bei einem guten Film, so man ihn gerade zum ersten mal sieht, aber schwer. Das saugt. Das soll ja so.

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Also haben wir uns Filme angeschaut, die wir kannten. Häufig hatten wir sie vor langer Zeit schon mal gesehen. Wir starteten sobald die Kids im Bett waren und hatten die Möglichkeit jederzeit abzudrehen, so aus dem Kinderzimmer akuter Elternbedarf gemeldet wurde, oder aber die Eltern ihrerseits von Müdigkeit übermannt/fraut wurden.

Wir „spielten“ Jury. Und bewerteten in den Kategorien Kamera, Regie, schauspielerische Leistung und Drehbuch. War der Film vorbei, gaben wir Sterne (bis zu 5) und danach redeten wir über den Film.  Warum hatten wir wie bewertet. War das Drehbuch gut? Hat uns die Kameraführung überrascht? Wie ist die Regiearbeit zu beurteilen? Und so weiter und so trallala.

Wir haben dabei oft richtig lang geplauscht … und zwar nicht über die Kinder. Wir waren häufig unterschiedlicher Meinung (ich verstehe bei Drehbuch nicht viel Spaß, mein Mann sieht bei Kamera Dinge, die ich erst beim dritten mal wahrnehme) und diskutierten auch schon mal heftig. Aber es war immer Spaß! Es war immer irgendwie spannend! Das waren WIR!

Warum ich euch das erzähle?

Na, weil das unser Weg ist und ich meine, dass ihr euren Weg habt. Es tut allerdings immer gut zu wissen, dass andere Leute auch kämpfen, um über Wasser zu bleiben, dass man weiß, dass man nicht alleine ist mit diesen extremen Situationen.

Man braucht auch als Paar Quality Time!