Schneidereimarkt – von der Zeit, den Menschen und den Farben

Schneidereimarkt der Erste. Niemand weiß, was kommt. Helga hatte eine Idee. Helga hat organisiert. Aber was das sein sollte, wusste man vorher nicht so recht.

Kein Feschmarkt. Den gibt’s ja schon. Viel kleiner. Nicht viele, viele Standln, mit viel viel Zeugs (nix gegen den Feschmarkt, da gibts viel Schönes). Nein, nicht so. Ganz anders.

Eine kleine, handverlesene Auswahl. Qualität statt Quantität. Zeit statt Geld quasi. Liebe zum Handwerk und nicht Prozente, Prozente.

Wer also eine Lagerhalle mit sich gegenseitig konkurrierenden Anbietern gesucht hatte, lag falsch. Das war bald klar. Zu klein war er, der erste Schneidereimarkt.

Überschaubar. 2 große Räume, 2 kleine Hallen, wie man es auch nennt, groß ist anders. 

Und trotzdem hat mir der Schneidereimarkt mehr Zeit abverlangt, als alles, was ich bisher in dieser Richtung gesehen hatte. Es scheint wahrlich absurd, aber ich habe für die – gefühlt – 25 Standln volle 2 Tage Zeit benötigt (und mir auch genommen!)

Zeit zum Schauen, Anfassen, Reden, Kennenlernen, Fragen stellen, Zuhören (ja, ich habe auch mal zugehört! Schwer vorstellbar, isaberso! ;-). Zeit zum Vorträge lauschen und lernen, Zeit zum eine-Kleinigkeit-Trinken, Zeit zum hinsetzen-müssen, ins Narrenkastl schauen, Eindrücke sickern lassen. 

Man könnte es auch im-Moment-leben nennen. Sehr philosophisch ich weiß und nicht alle Menschen sind solche Gefühlskilos, wie ich. Aber wenn man lange genug, in dieser Auswahl kreativer Menschen weilte, dann konnte man sie spüren – die Liebe zu dem, was sie da tun.

Und da sind wir auch schon bei den Menschen.

Okay, ihr wisst es ja alle schon. Also, wir nähenden Blogger, wir kreativen Näh-Mamas, wir sind ein eigen Volk. Und wenn wir einander treffen und kennenlernen, dann … schauen wir in eine Art Spiegel und erkennen uns in unserem Gegenüber abschnittsweise wieder. Und das macht ganz viel Spaß.

Tja.

Wie ich festgestellt habe – okay, ich hatte es zuvor schon geahnt 😉 – sind auch Stoffe verkaufende Frauen und Leute, die Scheren schleifen hervorragende Spiegelkumpani. Auch in ihnen brennt ein kleines, verrücktes Flämmchen, vielleicht in einer anderen Farbe, aber da brennt was. Das zählt.

Der Schneidereimarkt war für mich ein voller Erfolg. Die wunderlich traumhafte Birgit (Loewin.g) kam extra angereist und hat mich für 2,5 Tage meiner Familie und meinem Haushalt entrissen. In der kleinen Marktwelt haben wir dann ganz wunderbar koexistiert. Nebenher und miteinander. Und wir haben Menschen kennengelernt.

Menschen, sag ich euch!

Da geht einem das Herz auf!

Das beginnt mit der Familie Lorenzi, die mindestens in der 3. Generation Scheren und Messer, schleift, verkauft und früher auch selber hergestellt hat. Zu jeder Schere auf ihrem Tisch (da lagen locker 200!) wissen sie etwas zu erzählen. Geschichten über die Menschen, die sie erzeugen. Geschichten über, warumwiesoweshalb diese Schere so aussieht, wie sie aussieht. Niemanden ließen diese Menschen kalt, alle waren gefangen von ihrer Freude an einer guten Schere. Naja, und wenn ich ehrlich bin, wenn meine Schere happy ist, dann bin es auch ich. Irgendwie!

(Die Familie Lorenzi schleift übrigens auch Scheren, die man per Post zusendet, falls man zu weit weg wohnt! Just for info)

Die Lorenzis sind Scherenmenschen ;-), aber die uns bekanntere Sorte ist wohl die der Stoffmenschen.

Den Stoffsalon kannte ich ja. Alexandra ist sowieso ein Sonnenschein mit ihren Bio-Stoffen und ihrer Kaffe Fassett Farbwahnsinns-Ecke ein leuchtender Fixstern auf meinem Stoffe-Firmament.

 

Neu dazu kamen:

Karlotta Pink. Ines, so heißt Karlotta ;-), ist nicht nur eine warme, hinreißende Kreative. Nein, sie verkauft Stoffe aus Indien, Afrika und Australien .. glaubt mir, sowas habt ihr noch nicht in Händen gehalten. Farben aus einer anderen Welt (weil’s wahr ist ;-), Muster, die allesamt eine Geschichte haben. Ich flipp‘ hier gleich aus. Ehrlich. Ich weiß ja, es besteht eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass ihr dafür gar nichts über habt, aber …. nägelkau-augenpoppengleichraus …. Ines und ihre Stoffe sind ein Wahnsinn!

Okay, ich muss mich beruhigen.

Einatmen

Ausatmen

Guate Stoffe

Die hatte ich im Vorbeifahren aus der Bim ja schon mal gesehen. Bei guatestoffe kriegt ihr diese unfassbar bunten Stoffe, die man aus Südamerika, genauer Guatemala, kennt. Sie sind von fester Qualität und können auch als Hängematten verwendet werden. Geben aber auch sicher gute Geldbörsen, Handtaschen oder wasweißichnoch ab. Bunter geht es eigentlich nicht mehr.

 

Veronika Persche

Veronika strickt, soll heißen, sie hat mehrere Strickmaschinen. Pro Saison entwirft Veronika eine Kollektion an Mustern und man kann dann – ich finde das ja mehr als genial – in der Farbe, die man möchte und in der Menge, die man braucht bei ihr anfertigen lassen.

Ich habe mir 1,20m schwarze Merino-Seiden-Strick bei ihr bestellt. Da habe ich einen Plan. Die Stoffe von Veronika fallen atemberaubend, sind von aller-allerhöchster Qualität und … nix und. Das ist einfach wunderbar, dass es so etwas gibt!

Zudem ist Veronika krass cool und eine junge Selbständige, die sich da etwas Tolles traut. Hut ab!

Dorothee Redelsteiner

Der einen oder anderen sagt die Nobel-Kinder-Designer-Marke Takito womöglich etwas. Ich habe das Logo wiedererkannt. Auch wenn ich nicht sofort ein Bild dazu im Kopf hatte. Dorothee ist Takito, es war ihr Label. Sie ist die Designerin von unzähligen wunderbaren Kinderoutfits. Das Label hat sie aufgegeben. Zuviel Streß. Die Modebranche ist nicht nett. Schon gar nicht zu den Kreativen in ihr. (anderes Thema)

Dorothee hat kistenweise kleine Trallalas bei sich im Atelier rumstehen, die sie extra für ihre Kollektionen hat herstellen lassen. Bänder, Applikationen, Glitzer, Schnallen & Co. Alles Dinge, die es nirgends gibt und die sie am Schneidereimarkt genau den Leuten verkauft hat, die das tun, was sie getan hat. 

Malt euch das schrägste, schrillste, perfekte kleine Detail aus, dass ihr für eure gekürzte Jeans brauchen könntet – Dorothee hat es!

Mehr sag ich dazu nicht mehr.

Oh doch! Dorothee ist der Hammer!

 

So.

Noch ein Satz zu den Vorträgen. (Und das ist wahrlich nur ein Anriss.) Da hat sich ein Mann auf der Bühne ausgezogen (Sorry, Martin, muss man so schreiben) um uns klarzumachen, welche Wirkung Kleidung auf uns hat und wie ebendiese entstanden ist. Also in der Geschichte.  Linda gab Tipps dazu, wie man sich die eigene Garderobe bewußt und verantwortungsvoll zusammenstellen kann. Von der Farbe bis zum Stil. Ja, klar und ich war schließlich auch da und habe gesprochen.

Und weil ich nämlich weiß, dass einige meinen Vortrag gerne hätten, werde ich ihn in den nächsten Post niederschreiben …

So, ich weiß, dass ist nur ein Hauch von dem, was ich erlebt habe. Da war ja noch Stephanie von So! Pattern – meine neue Liebe. Also neben Ines und Dorothee und Alexandra und überhaupt. Und Helga und und und .. seufz!

Daher meine Meinung ganz klar:

wenn Helga sich aufrafft und einen weiteren Schneidereimarkt zum Leben erweckt. Dann nehmt euch Zeit. Viel Zeit! Genießt es, lasst euch fallen .. ihr werdet von Menschen aufgefangen werden, die euch teilhaben lassen an der Liebe zu dem, was sie tun!

Gibt’s was Schöneres?

Wirrer Artikel?

Es ist 1.27 Uhr und mein Kind hat sich zweimal übergeben, während ich das hier geschrieben habe. Ich liebe das Leben! Gute Nacht ihr Lieben