USA in der Krise – Teil 1: Die Wahlen in der Trump-Amtszeit!

Ich werde euch in den kommenden Wochen Schritt für Schritt in die sich offenbarende Situation in den Vereinigten Staaten einführen. Es geht dort um nicht weniger als den Erhalt der Demokratie. Damit ihr ein einigermaße schlüssiges Bild habt, habe ich mich hingesetzt und nochmal all den Kram gelesen und gehört, der für mich notwendig scheint um zu verstehen, was da gerade abläuft.

Keine leichte Kost, das schicke ich gleich mal vorraus. Aber es ist interessant und man kann was draus lernen.
Die Beiträge werden lang sein. Ich bin per se eher eine kurze Schreiberin. Ihr könnt also sicher sein, dass wenn es bei mir 5 Seiten sind, dann können es woanders leicht 12 sein. Viel kürzer wird es nicht mehr. Sorry.
Wappnet euch, ihr werdet danach mehr wissen oder zumindest einmal einen Überblick haben, der so vermutlich noch nicht bei allen unter euch auf der Tagesordnung stand.

Und weil’s so lang ist, lese ich wieder vor .. etwas hüstelnd ..

Folge 1:

Der Sieg gegen Hillary

Für die meisten völlig überraschend gewann 2016 Donald Trump die Wahl gegen Hillary Clinton. Was ihn allerdings offensichtlich nervte, war die Tatsache, dass Hillary im Popular Vote beinahe 3 Millionen Stimmen mehr bekommen hatte, als er. Er begann unmittelbar sich die Welt zurechtzulügen und streute die Mär von den „Millionen illegal abgegebenen Stimmen“. Er wiederholte das ständig und tut es bis heute. Trump glaubt sich die Welt zurecht. Und er überzeugt mit diesem Zugang nicht nur sich selber. Mittlerweile glaubt ein beträchtlicher Anteil der Trump Wähler, dass schon 2016 die Wahl gegen Trump manipuliert war.

Als er 2017 dann im Amt war, setzte er eine „Presidential advisory commission“ ein, die diesen Popular Vote – Sieg von Hillary Clinton untersuchen sollte bzw. eigentlich..  die seine Lüge bestätigen sollte. Und obwohl ein sehr williger Trump-Mitarbeiter die Kommission leitete, gab es das gewünschte Ergebnis nicht. In seiner Not schob der Leiter das Scheitern auf jene Bundesstaaten, die nicht „kooperiert“ hatten, indem sie die Daten ihrer Wähler nicht herausrückten.
Trump konnte also nicht triumphartig seine Lüge bestätigt sehen, aber nichtsdestotrotz nutzte seine Regierung das Abschlußpapier als Rechtfertigung die Wählerregister der Bundesstaaten mal so richtig auszumisten. Jeder, der nur irgendwie ein Dorn im Auge sprich ein unliebsamer Wähler sein könnte, wurde kurzerhand „ent“registriert. Benachrichtigt wurden die Leute nicht.
Das fanden einige erst Jahr später heraus.

Sidekick:
Da wurden zum Beispiel wie folgt vorgegangen. Typerscherweise ist das Namenspool der Schwarzen Bevölkerung in den Vereinigten Staaten kleiner, als das der Weißen. Das liegt daran, dass sie ihre Nachnamen als Sklaven erhielten und sich deren Eigentümer nicht viel Mühe gaben damit und ihnen eben immer die gleichen Namen gaben. So scheint es am Ende nur logisch, dass es viele Namen mehrfach gibt. Vor allem eben in der Schwarzen Bevölkerung. Das wurde in dieser Säuberung dann benutzt um zu behaupten, dass da eine Person mehrfach wählen würde. Und kurzerhand wurden dann eben diese Leute einfach aus dem Wählerregister gestrichen.
Unnötig zu erwähnen, dass Schwarze nicht so die Republikaner wählen.

So und auf ähnlichen Wegen wurde das Wählerregister ge“säubert“.

2018 Die Midterms

In den Midterm-Elections 2018 beschwerte sich Trump dann lauthals darüber, dass Briefwahlkarten, die ablauftechnisch eben erst im Anschluß an die Urnenwahlstimmen ausgezählt werden, das Ergebnis verändern. Diese Erkenntnis, so banal und logisch sie auch scheinen mag, war und ist für Trump eine aufgelegte Schleife, in die man sich einhakt und über die man wunderbar wilde Geschichten zu erfinden vermag.

Dass sich im Laufe der Auszählung das Ergebnis verändert, ist laut Trump nicht der normale Vorgang in einer Wahlstimmenauszählung sondern ein eindeutiger Beweis für Wahlbetrug. Seit 2018 polterte er wild um dieses verdrehte Realität herum und wiederholte sich so oft wie nur möglich.

Im Rückblick scheint es wie ein Probedurchlauf für ..

Der Wahlkampf 2020

Der Wahlkampf war eigentlich keiner. Würde man die ganze Sache in einem Buch in eine Geschichte verpacken, dann wäre es ziemlich sicher eine Gangstergeschichte.
„Wir können diese Wahl nur verlieren, wenn die anderen betrügen!“, so Trump einmal. Er stimmte seine Leute auf einen Sieg oder einen Kampf ein. Er stand in Wirklichkeit nie zur Wahl. Denn eine Wahl beinhaltet eine mögliche Niederlage. Das war aber keine Option für Trump.

Er nutzte seine social media-Accounts dafür sich in seiner Stellung einzugraben, Lügen zu verbreiten und Hass und Zwietracht zu säen. Und die Wortwahl und die Methodik dabei, resultierte am Ende darin, dass die großen Tech-Firmen dem amtierenden Präsidenten die Kanäle sperrten, nachdem am 6. Jänner das Capitol gestürmt worden war.

Die Wahl 2020

Am 3. November fand die Wahl statt. Noch am Wahlabend erklärt sich Trump zum Sieger, lange bevor die ersten Fernsehsender am 7. November ihre Ergebnisse bekanntgaben.
Und alle nannte sie Biden den Gewinner.

Trump’s antwortete darauf auf mehreren Ebenen. 

Schauplatz Gerichtssaal

Rudy Giuliani und Sidney Powell, die Anwälte Trumps, tourten durch die Bundesstaaten und machten dabei richtig viel Lärm. Sie behaupteten es hätte Wahlbetrug im großen Stil stattgefunden und sie zogen vor die Gerichte. Oder besser gesagt sie versuchten vor die Gerichte zu ziehen. 62 mal reichen sie eine Klage ein. Meist wird sie nicht einmal angenommen.
Das ganze wirkte mehr wie eine irre, überzeichnete Inszenierung. Ein Schauspiel für die Anhänger. 

Juristisch hat das alles nie eine Chance. Kein Anwalt, der was davon versteht, kommt der ganzen Sache auch nur nahe. Aber sie sind viel in den Nachrichten damit. Giuliani wird wieder mal zum Medienstar. Aber einer von zweifelhafter Qualität. Da gibt es Pressekonferenzen, die versehentlich auf Parkplätzen anstatt von Luxushotels stattfinden müssen und Haarfarbe, die das Gesicht runterläuft. Es ist ein erbärmliches Schauspiel.

Zweimal blitzen die Trump Anwälte sogar beim Supreme Court ab. Trump’s Supreme Court wohlgemerkt. Er hat 3 Richter einberufen. Es ist offensichtlich, dass er meint, sie müssten sich mit einem gewogenen Urteil revanchieren.
Aber der Supreme Court schweigt und erklärt sich für nicht zuständig.

Sidekick:
All das kostet Geld. Trumps Team startet eine Spendenaktion unter seinen Fans. Sie sollen helfen die enormen Kosten dieser – an sich ja nicht stattfindenden – Gerichtsverfahren zu decken. 250 Millionen Dollar gelangen so in die Kassa des bald Ex-Präsidenten. (Anmerkung: im Kleingedruckten der Spenden steht, dass Trump persönlich auf das Geld zugreifen darf, ohne dafür Gründe nennen zu müssen).
Rudy Giuliani geht später dann bankrott, weil Trump ihn nicht bezahlt.

Sidekick vom Sidekick:
Regelmäßig erscheinen Artikel von Journalisten, die sich zu Recherchezwecken beim Trump Newsletter angemeldet haben und sie berichten davon, dass sie phasenweise bis zu 200 Spendenaufrufe pro Tag erhalten!

Schauplatz Justizministerium

Bereits am 9. November veröffentlichte der Justizminister William Barr ein Memo in dem er verlautbaren liess, dass er einen Blick auf glaubwürdige Betrugsvorwürfe in Bezug auf die Wahl wirft.
Bill Barr war bisher einer von Trumps wichtigsten und mächtigsten Wegbegleitern gewesen. Denn die Unabhängigkeit der Justiz wirkte unter ihm nicht mehr so ganz intakt. Barr agierte häufig im Sinne des Präsidenten. Und so schien auch diese einberufenen Untersuchung Donald Trump sehr gelegen zu kommen.
Aber als Barr dann zu dem Schluß kam, dass keinerlei Wahlbetrug geschehen war und er dies auch öffentlich kund tat, ohne den Präsidenten groß davon in Kenntnis zu setzen, war das wohl ein Bruch zwischen den beiden.

Trump beorderte Barr ins Weiße Haus und mehrere Anwesende dieses Treffens stimmen in der Erzählung überein, dass Trump den „Blick und das Verhalten eines Verrückten an den Tag legte“. Er kochte offensichtlich vor Wut. Bill Barr allerdings hielt daran fest, dass die Wahl nicht manipuliert worden war. Es war klar, dass Barr nicht für Trump eine Wahl kippen würde. Die Last war ihm doch zu riskant.

Nach diesem Meeting war es wohl nur mehr eine Frage der Zeit wann der Justizminister zurücktreten würde.

Zwei Wochen später war es auch soweit. Barr trat zurück und Jeffrey Rosen, sein Vize, übernahm das Amt, als Acting Attorney General. (Auch Rosen war, wie Bill Barr, ein Trump Mann.)

In etwa zu diesem Zeitpunkt begann Trump regelmäßig in seinen Tweets vom 6. Jänner zu sprechen.

Am 14. Dezember gaben die Wahlmänner ihre Stimmen ab, was Joe Biden zum President elect machte. An sich sollte ab diesem Zeitpunkt eine Amtsübergabe starten. An sich.

Ebenfalls um diese Zeit rum, besucht ein hoher Beamter aus dem Justizministerium den Präsidenten. Und zwar ohne Zustimmung des Justizministers. Das ist nicht erlaubt. Das Justizministerium ist unabhängig. Es untersteht nicht dem Präsidenten. Kontakte sind immer offiziell, niemals „zwischendurch“.
Jeff Clark jedoch traf den Präsidenten und was immer da besprochen wurde, ab diesem Zeitpunkt wird der Druck auf Rosen beträchtlich.

Am 27. Dezember rief Trump den neuen Justizminister zu sich und versuchte diesen zu überreden die Wahl in 6 wesentlichen Bundesstaaten für korrupt zu erklären. Mitarbeiter Trumps hatten hierfür schon eine Aussendung vorbereitet, die das der Öffentlichkeit mitteilen sollte. Rosen knickte aber nicht ein. Mark Meadows, der Stabschef des Weißen Hauses, mailte in den folgenden Tage regelmäßig allerlei Dokumente und Webseiten mit Verschwörungstheorien an den Justizminister. Immer wieder rief das Weiße Haus an und immer wieder erwähnte Trump beiläufig, dass er gerne Clark zum Justizminister machen würde. Am 3. Jänner (3 Tage vor dem Sturm auf das Capitol) war es dann soweit. Trump wollte Rosen rausschmeißen. Clark selber teilte das Rosen mit, worauf dieser erwiderte, dass er das schon vom Präsidenten selber hören müsse.
Eine große Zahl von hochrangigen Mitarbeitern im Justizministerium stellte sich daraufhin hinter Rosen und man teilte dem Weißen Haus mit, dass sie alle bei einer Absetzung von Rosen zurücktreten würden.
Daraufhin musste Trump von seinem Plan ablassen. Seine Berater meinten, dass das zu viel Aufmerksamkeit und eine mögliche Untersuchung durch den Kongress auslösen könnte, was seiner Kampagne schaden würde.
Rosen war somit unfeuerbar.

Schauplatz Bundesstaaten

Ein weiterer Ansatz die Wahl in den Griff zu bekommen, war der, in wesentlichen Bundesstaaten das Ergebnis für sich zu „drehen“ oder zumindest das Ergebnis für ungültig erklären zu lassen, damit die Zertifizierung durch die Wahlmänner nicht stattfinden kann.

So lud der Präsident zum Beispiel verantwortliche Gesetzgeber aus Michigan ins Weiße Haus. Was auch immer dort tatsächlich besprochen wurde, so fühlten sich diese Herren danach genötigt im Anschluß ein Presse-Statement zu veröffentlichen, in dem sie noch einmal festhielten, dass es in ihrem Bundesstaat keinerlei Wahlbetrug gegeben hatte.

Zudem machte Trump in verschiedenen Bundesstaaten Druck auf jene Leute, die die Wahl in ihrem Staat zertifizierten. Persönlich.
So rief er den amtierenden Gouverneur in Georgia Brian Kemp an und forderte ihn auf, den Bundesrat einzuberufen, damit dieser die Zertifizierung verhindere.
Das Telefonat mit dem Außenminister von Georgia ist bekannt. Trump bat Brad Raffensperger darin 11.780 Stimmen zu „finden“. Dieses Telefonat fand am 2. Jänner statt, also über 2 Wochen nachdem die Wahlmänner Biden bereits bestätigt hatten und nur mehr ganz knapp vor der endgültigen Bestätigung durch den Kongress.

Man kann davon ausgehen, dass das nicht das einzige Telefonat dieser Art war. Aber alle hielten sie dem Druck des Präsidenten stand.
Es fehlte nur mehr die Zertifizierung durch den Kongress am 6. Jänner.

Mike Pence

Die Rolle des Vizepräsidenten in der Zertifizierung des Wahlergebnisses ist eine zeremonielle. Er lässt die Briefe mit den Ergebnissen der einzelnen Bundesstaaten öffnen und liest sie dann vor. Wenn niemand Einspruch erhebt, gelten die Stimmen als bestätigt und das ist es dann auch schon.

John Eastman, ein weiterer Trump Anwalt, hatte in einer Power Point 5 Wege aus dem Hut gezaubert, wie man aus diesem Zeremonialakt die Wahl noch zu Trumps Gunsten entscheiden könnte. Im wesentlichen müssten dafür ausreichend Zweifel bestehen an der Validität der Ergebnisse aus den Bundesstaaten, was eine Zählung und Bestätigung unmöglich machen würde. Laut Verfassung fiele dann die Verantwortung dem Repräsentantenhaus zu, in welchem die Republikaner zu diesem Zeitpunkt noch die Mehrheit hatten.

Es sind wohl mehrere Gespräche gewesen, die Trump mit Pence geführt hat. Der Druck auf Pence war offensichtlich immens. Er sah sich irgendwann genötigt den ehemaligen Vizepräsidenten Dan Quayle um Rat zu bitten. Der machte klar, dass es für Pence keinerlei Spielraum gab: „Mike, you have no flexibility on this. None. Zero. Forget it. Put it away!”

Trump schmeckte das natürlich nicht. Er erhöhte den Druck auf Pence indem er öffentlich abfällig über ihn sprach und seine Unterstützer auf dessen unloyales Verhalten aufmerksam machte.
Das letzte Drohmittel auf den Vizepräsidenten sollte wohl auch der Mob sein, der das Capitol am 6. Jänner umzingelte und in weiterer Folge stürmte.

Schauplatz Capitol am 6. Jänner.

Die Sitzung war im Gange und auf Aufforderung des Präsidenten fechteten seine engsten Anhänger im Senat und im Repräsentantenhaus das Ergebnis jedes einzelnen Bundesstaat an, für den sie sprechen konnten. So sorgten sie für eine stundenlange Verzögerung.
Währenddessen trafen sich tausende Trump-Anhänger, die nach Washington gekommen waren, vor dem Weißen Haus. Sie wurden von Trump, Rudy Giuliani und anderen in Stimmung gebracht und zogen dann die Pennsylvania Avenue hinunter zum Capitol. Trump platzierte sich vor dem Fernseher. Im nahegelegenen Willard Hotel, saßen Trumps engste Berater und beobachtetetn die Szene.

Trump tweetete:

Sie riefen „Hang Mike Pence!“. Es ist unbestritten, dass der Vizepräsident in ernsthafter Gefahr war.

Was weiter geschah ist bekannt.
Das Capitol wurde gestürmt, aber die Zertifizierung des Wahlergebnisses konnten die Randalierer am Ende doch nicht verhindern. Trump reagierte zunächst gar nicht und dann erst sehr spät. Die Nationalgarde rief er erst, als er keine andere Wahl mehr hatte.

Soweit eine grobe Zusammenfassung der Ereignisse. Zur Zeit läuft ein Untersuchungsausschuss im Kongress, der sich die Vorgänge genauer anschaut. Die Republikaner boykottieren diesen, hetzen medial dagegen an und blockieren wo es nur geht. Aber trotzdem werden immer wieder neue Dokumente öffentlich. So auch die Pläne das Militär einzusetzen um Voting Machines aus den Staaten einfach einzusammeln und einen „National Emergency“ auszurufen. Trump so scheint es, war bereit bis zum Äußersten zu gehen. Einzig einige seiner Mitarbeiter haben ihn am Ende davon abgehalten.

Gesamt betrachtet, muss man sagen,dass man das Bild, das die Geschehnisse zeichnen, ganz gut mit dem englischen Sprichwort „If it looks like a duck and walks like a duck, it is a duck.“ zusammenfassen kann:
Das war ein Umsturzversuch, der an einer Vielzahl von Menschen scheiterte, die die Demokratie hochhielten. Die meisten von ihnen waren Republikaner.

In der nächsten Folge widme ich mich dann der Gegenwart. Was passiert jetzt gerade? Und wo und warum?
Bleibt dran. Es ist wichtig.