2023: Meine zwei Gamechanger

2023 war das 52te Jahr in meinem Leben und eines, das mehrere Wendepunkte in demselben markiert. Zunächst werde ich nach über einem Jahrzehnt Hausfrau-und-Mutter wieder für Arbeit, die ich mache, bezahlt. Weiters haben wir unser Auto aufgegeben. Und ich muss sagen; Zweiteres ist gar nicht so sehr aufgefallen, wie man meinen würde.

Im April haben wir unser Auto verkauft und seither leben wir autobefreit. Das geht in Wien sehr gut. Wir haben kein Häuschen auf dem Lande, wo wir am Wochenende hinfahren müssen. Zu den Großeltern kommt man öffentlich gut hin und die Schulen sind alle mehr oder weniger ums Eck. Der Mann fährt mit dem Rad oder geht zu Fuß ins Büro … und ich gondele zwei mal die Woche nach Niederösterreich mit der Bahn, was zwar Zeit kostet und ich auch nur bereit bin zu machen, weil es eben nur zwei mal die Woche ist. Aber es geht. Mit einem Auto wäre ich vielleicht einen Tick schneller, aber eben auch gestresster.

Das Auto fehlt erstaunlich nicht. Ich hatte es ja vermutet, dass das Auto per se in unserem Leben nur eine Rolle im Sinne der Bequemlichkeit hatte. Gebraucht haben wir es die letzten Jahre eigentlich nicht mehr. Wien ist eine Stadt, die wie woanders auch, in Grätzln organisiert ist, sodaß man in der Regel alle Dinge des täglichen Bedarfs problemlos zu Fuß organisieren kann. Für Wege, die dann länger als 15 Gehminuten brauchen würden, kann man hier in meinem Bezirk an jeder zweiten Hausecke in ein öffentliches Verkehrsmittel steigen.
Auch wenn gerne gejammert wird, dass man mal bis zu 8 Minuten warten muss auf die Bim oder den Bus, ich kann in diesen Gesang nicht einstimmen. Bei mir kommt praktisch immer alles innerhalb von maximal 4 Minuten. Und wenn’s tatsächlich mal länger dauert, gehe ich eben.

Ich gehe seit Jahren, gerne auch mal größere Distanzen. Vielleicht hilft mir das von meiner Seite her gegenüber den Öffis eine gewisse Flexibiltät zu besitzen. Ich kann auf jeden Fall nicht klagen. Konnte ich schon vor dem kein-Auto nicht.

Bemerkbar macht sich seit ein paar Wochen, dass ich anfange umzudenken. Bis vor kurzem war das Auto ein Fixum und wir nur die, die sich dagegen auflehnten. So als würde man, wasweißich, sich gegen Mittagessen oder Frühstück auflehnen, indem man sagt, man isst erst nach 12:00 Uhr. Und alle, denen man davon erzählt, schauen einen schräg an.
Das Auto ist doch etwas, das zu einem Leben nun mal dazugehört. Heiraten, Kinder, Haus, Hund … und Auto. Dann passt alles. Wie der Zahnarztbesuch jedes Jahr. Versteht ihr, was ich meine? Auto muß man.

Dieser Stellenwert gerät bei mir gerade ins Wanken. Es gibt Tage, da fühlt sich das Auto an … wie … wie eine Jause, die man sich halt überlegt, weil man eh am Abend eine große Mahlzeit plant. Man kann auch gerne mal verzichten drauf und es ist gar nicht schlimm.
Ich würde es so sagen: ich entferne mich emotional vom Auto, womöglich befreie ich mich sogar. Das Auto wird mehr zum Ding. Ach, es ist schwer zu beschreiben. Vielleicht versteht ihr mich aber eh. Schaumamal!

Bin gespannt, wie sich das weiter entwickelt!

Womit wir beim Job angekommen sind. Und da war die emotionale Entwicklung nicht so positiv, wie beim Auto. Womit ich nicht sage möchte, dass mir mein Job nicht gefällt. Oder die Leute dort oder überhaupt … Nein, nein. Der Job ist ziemlich okay.
Was ich nicht mag, ist wie viel Zeit mir genommen wird. Von meinem Leben, von meiner Freiheit. Und ich will jetzt nicht hören, dass es nun mal so ist und dass ich jetzt endlich weiß, wie es all den Anderen da draußen geht.
Danke, aber Nein, Danke! Ich habe gerade 12 Jahre oder so rund um die Uhr gehakelt und dafür wird mir in Folge die Pension gekürzt. Kinder erziehen ist mehr so ein Hobby, meint mein Land. Nein, mir braucht bitte niemand die „Realität“ erklären. Das habe ich schon verstanden. Das, was ich hier sage ist: Der Job entwertet meine Zeit! Eine Stunde meines Lebens ist nicht mit einem zweistelligen Eurobetrag zu beziffern. Ich weiß das, weil ich nämlich über viele Jahre nach langem Kampf gegen die Respektlosigkeit meiner Lebenssituation, meiner Zeit einen eigenen Wert gegeben habe.

Und dieser Wert war kein Geld. Weil ich ja keines bekommen habe und auch keines hatte, das ich mir hätte auszahlen können. Also habe ich meine Zeit und meine Leistung selber gewertet. Nur so konnte ich mein Selbstwertgefühl aufrecht und meine Psyche gesund halten … ohne dabei still und brav neben meinem Mann zu sitzen, der halt Geld verdient und somit – so mein Land – der wahre Leistungsträger ist. (genervtes Augenrollen)

Ich kann demnach auch nicht sagen: meine Stunde ist XX Euro wert. Nur die Diskrepanz ist für mich deutlich spürbar. Als ich das bemerkt hatte, also diesen Unterschied von Geld pro Stunde versus wie ich eben meinen Lebenszeit-Wert definiere, habe ich auch erkannt, dass ich emotional besser klarkomme damit zu sagen: Ich erhalte für meine Leistung eine Krankenversicherung und einen (nicht wesentlichen) Teil für meine Pension. Das ist etwas wert in meiner Wertemessung. Den Preis pro Stunde oder Monat … den finde ich respektlos.

All das ist mir im letzten Jahr emotional durch den Kopf gegangen. Ich musste mir die Zeit geben zu reagieren und dann die Energie aufbringen zu verstehen, was da gerade in mir abläuft. Und das ist nicht das Ende meiner Entwicklung, eh klar. Aber: so weit bin ich im letzten Jahr gekommen.

Was meint ihr? Bei euch auch ein paar große Dinge passiert? Und: wie geht es damit?