Mein Schlafzimmer bietet Blick in den Garten. Das ist für einen Stadtmenschen tatsächlich gar nicht so ungewöhnlich wie man allgemeinhin wohl glauben würde, bietet aber neben dem Blick ins Grün eben auch akustisch etwas, das man vielleicht nicht so mit Stadt verknüpfen würde .. auf Anhieb.
Das Zwitschern der Vögel nämlich.
Somit werde auch ich ab dem Frühjahr von Vögeln geweckt, die bei Sonnenaufgang auf die Idee kommen ihre Instrumente zu stimmen.
Und wie so viele andere Leute halt auch, wache ich dann auf und grummele im Halbschlaf ob des Gezwitschers.
Dieses Ritual wiederholt sich jedes Jahr. Im Normalfall gewöhne ich mich irgendwann an das akustische Mehr und ab Juni etwa, schlafe ich einfach drüber.
Heuer ist es allerdings ein wenig anders, weil vielfältiger.
Denn anstelle der morgendlichen Amsel hört man hier zur Zeit auch eine Krähe.
Und – jössasmaria – so ein Krah Krah Krah über 15 Minuten hindurch, bitteschön ist ein völlig anders Kaliber, wie das zierlich, leicht aufdringliche Trüdeldidüh.
Ich bin nicht im Stande sagen zu können, ob mich erwähnte Krähe 15 Minuten lang durchgehen bekräht oder ob sie es 2 Minuten lang macht. Es fühlt sich für mich am Ende gleich lang an, wenn ich noch so halb drüben bin – in den Träumen. Und auf die Uhr schaue ich am Morgen aus Prinzip nicht.
Gemeinsam treten sie nie auf. Sie singen also offensichtlich nicht in derselben Boyband. Es ist immer nur der Eine oder der Andere auf der Bühne. Je nach Dienstplan quasi – die teilen sich das offensichtlich irgendwie ein. Ein Muster konnte ich noch nicht erkennen, gebe aber zu, dass ich nachdem ich ja irgendwann dann doch wieder wegbüsle, keinerlei schriftlich gesammelten Daten dazu vorweisen kann, bezüglich wer wann dran war. Will sagen: es gibt vielleicht ein Muster, aber in meinem halbwachen Zustand bin ich bisher nicht in der Lage dasselbe zu erkennen.
Erstaunlich finde ich dass die Amsel lautstärkenmäßig absolut mit der Krähe mitzuhalten vermag. Was ja doch ein wenig überrascht. So ein Kräh ist doch eine vielfache Amsel. Locker.
Auch in der Lästigkeit empfinde ich die beiden durchaus ebenbürtig. Wo man doch vom Wert der künstlerischen Leistung her meinen möchte, dass offensichtlich der Kräh mehr nerven müßte.
Aber es ist vielleicht ein bissi so wie mit der 12-Ton-Musik; nur weil mein Ohr es nicht gewohnt ist, muss es noch lange nicht schlecht sein. In der Stadt von Johann Strauß gibt’s schließlich auch Schönberg. Neben Amsel eben auch Kräh.
Auf jeden Fall bin ich noch jedes mal nach irgendwas zwischen zwei und fünfzehn Minuten wieder eingeschlafen. Egal wer da zwitschert.
Und Vielfalt, da stehe ich dazu, ist was Gutes.