Mein Freund der Baum: Gleditschie

Ja, ich lehne mich hier an die wunderbare Astrid von Le monde de Kitchi und ihre „Mein Freund der Baum“-Serie.

Wer die Seite oder die Serie nicht kennt. Astrid hat bereits über 220 Beiträge zu allen nur erdenklichen Bäumen geschrieben. Da findet ihr Geschichten, Wissen und auch Bilder zu den verschiedenen Arten. Bei Astrid geht man immer klüger raus, als man reinkommt.
Mein Interesse an Bäumen bzw. eigentlich verschiedenen Baumarten ist überschaubar. In den letzten Jahren allerdings habe ich mich vor allem wegen der durchaus feindlichen BaumLebensVerhältnissen in meiner aufgeheizten Stadt gefragt, was hier denn so in Zukunft bäumisch überhaupt Überlebenschancen hat.

Ich muss nicht weit laufen um über ausgewachsene Bäume zu stolpern, denen es offensichtlich nicht gut geht. Da sind die Kastanien, die von der Miniermotte befallen werden und was die Ahorne (Ahörner??) und einige der Linden schon im August erbraunen lässt, weiß ich nicht.

Auch die Wasserversorgung dürfte nicht immer ganz ausreichend sein. Also zumindest bei manchen älteren Bäumen. Die Neueren sind alle mit einer Bewässerung in der Erde versehen.

Mit diesen Gedanken im Kopf sind mir dann die Prachtbäume in der Mariahilfer Straße positiv aufgefallen. Und zwar mehrfach. Ich kann nicht umhin und muss euch da ein bissi was dazu schildern.

Eine kurze Einführung in die Mahü

Die Mahü war schon immer eine belebte Einkaufsstraße. Sie ist für Wiener Verhältnisse richtig lang und sehr breit und früher fuhren zwei Bimlinien die Straße hinauf (bzw. hinunter) und Autoverkehr gab’s „natürlich“ auch.
War ja genug Platz.

Dann wurde die U3 gebaut. Die orangene Linie verläuft die ganze Straße von unten bis hinauf zum Westbahnhof und sie wurde von oben gebaut. Sprich: die haben damals die gesamte Mahü aufgerissen, und von oben nach unten aufgebaggert. Bim und die Autos waren gesperrt – die Mahü war eine Gigantobaustelle. Die Geschäfte flohen. Damals gab’s da nur so Läden wo man günstig nach Timbuktu telefonieren konnte (erinnert ihr euch noch an die?) und komische Reperaturläden. Die Mahü war damals eine Katastrophe.

Ich habe an die Zeit kaum eine Erinnerung, denn man ging damals nicht auf die Mahü. Wozu denn? War ja nur grauslich. Ob damals dort irgendwo Bäume standen, kann ich nicht sagen. Diese Frage beantwortet im Nachhinein der Baumkataster. Dazu komme ich aber gleich.

Dann kam die U-Bahn Eröffnung, die Bim war weg, Autos konnten noch „fahren“. Ich schreibe das in Anführungszeichen, weil die Mahü rauf oder runterzufahren war mehr so eine Übung im Stehen. Die vielen Geschäfte ergaben viele Ladezonen, viele Lieferwägen und damit einhergehend ein Dauer-Ein/Ausgeparke der Sonderklasse. Zudem jede Menge Ampeln, Fußübergänge.
Wenn man in die Mahü mit dem Auto eingebogen ist, konnte man die Sekunden zählen bis das große Bereuen einsetzte. Denn, war man einmal auf ihr, war man für ein gewisse Zeitspanne fix gefangen. Einfach so runter ging nicht, weil man ja .. nur rumstand.
Alle erzählen da so ihre Best-ofs darüber.
Mahü mit dem Auto: Anfängerfehler

In dieser Zeit muss ein beträchtlicher Teil der Bäume gepflanzt worden sein. Der Baumkataster der Stadt Wien zeigt an, dass die Bäume in Etappen zwischen 1981 und 1991 gepflanzt wurden.

2010 dann hat die damals rot-grüne Stadtregierung unter der Führung der Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou beschlossen, den größten Teil der Einkaufsstraße komplett vom Verkehr (also den Autos) zu befreien.
Das dadurch ausgelöste Geschrei hat man bis Vorarlberg gehört. Der Untergang der Mahü wurde vorrausgesagt. Die Welt war ihrem Ende einen Schritt näher. Und Maria Vassilakou wurde zu einem Hassobjekt der Sonderklasse. Ich habe Männer, die nicht einmal in Wien wohnen, gehört, wie sie hochgeblutdruckt die Vassilakou vierteilen wollten. Ein Schauspiel.

Nun, der Mahü hat es nicht geschadet. Sie ist großteils Fußgängerzone. Superbreit und jetzt kommt’s mit einem atemberaubenden Blätterdach, das sich sehen lassen kann versehen. Jene Bäume eben, die im Zuge des U-BahnBaus gepflanzt worden sein dürften, sind mittlerweile so um die 30 Jahre. Und weil es sich um Gleditschien handelt (genauer: Gleditsia triacanthos ‚Skyline‘ -Säulengleditschie) haben diese Bäume eine beträchtliche Höhe, eine beeindruckende Krone hoch oben und eben mittlerweile ein Dach über die Fußgängerzone gespannt, sodaß man im Sommer auf der Mahü im Baumblätterschatten flaniert (siehe Video). Genial!

Die zarten Blätter kann man zwar mehr erahnen als tatsächlich sehen, denn die Bäume sind mittlerweile bis zu 15m hoch, aber darüber maunzt man selbst in Wien nicht mehr.

Bildschirmfoto des Baumkatasters auf wien.gv.at

Auf jeden Fall ist es offensichtlich, dass diese Bäume mit den Temperaturen in der Stadt besser klar kommen, als so manch andere Sorte Gewächs. Persönlich beeindruckt mich ja, dass man schon vor 30 Jahren auf diese Bäume gesetzt hat. Die wussten offensichtlich was sie da taten.
Da sieht man mal wieder welche Spuren dieses ewige Gejammer und UnzufriedenSein mit der jeweiligen Stadtregierung so hinterlässt. Am Ende ist frau überrascht, dass das alles offensichtlich so geplant wurde. Da gibt’s vermutlich irgendwo im Archiv der Stadt irgendwelche Architektenpläne mit gezeichnetem Baumblätterdach über der Mahü, die genauso ausschauen, wie es jetzt halt ist.
Und das mir, wo ich doch eher wenig maunze. Zumindest glaub‘ ich das.

Soweit so Baum. Natürlich schaut es jetzt nicht mehr so aus, wie auf dem Bild oben. Ist ja November. Wien ist mittlerweile ein einziger Christkindlmarkt und leider leider wirklich schön so.

Seufz!

Und dann verlinke ich auch mal bei Astrids Baumaktion.