2015 habe ich in „der Zeit“ einen langen, ausführlichen Artikel gelesen über die Genschere Crispr und seither hat mich das nicht losgelassen, weil so außergewöhnlich, weil so weltverändernd. Und jetzt denk‘ ich mir, ich lass‘ euch da dran teilhaben. Aber Vorsicht! Totale Science-Ecke!
2012 erschien in einem Wissenschaftsmagazin ein Beitrag von 2 Wissenschaftlerinnen, die an einem Bakterium herumgeforscht hatten. Das Bakterium heißt Streptococcus pyogenes. Sie hatten versucht herauszubekommen, wie sich dieses Bakterien gegen Viren wehren kann. So ein Bakterium besteht ja nur aus einer Zelle, wird diese von einem Virus angegriffen, dann, so liest man, hat das Bakterium Minuten um sich zu verteidigen. Danach ist Schluß.
Viren, die sich auf Bakterien spezialisiert haben, nennt man Bakteriophagen. Oder kurz Phagen.
Emanuelle Charpentier und Jennifer Doudna (die Namen kann frau sich eventuell merken, weil Gigantoleistung) fanden nun heraus, dass dieses Bakterium eine Art Bibliothek besaß. Eine Bibliothek in der Abschnitte der AngreiferRNA (Viren haben keine DNA) abgelegt waren. Ein Mini-Immunsystem quasi. Was sie noch fanden, war ein Molekül, das wie eine Suchmaschine mit Scherenfunktion agierte. Und genau darum geht’s. Um dieses Molekül.
Dieses kann man nämlich programmieren um im menschlichen Genom (als in der DNA, die ja irre lang ist) ganz bestimmte, also supergenau ausgewählte, Abschnitte zu finden. Und diese dann .. herauszuschneiden.
Gerne wird das verglichen mit einem Textdokument. Du gehst darin ja bei Bedarf auf „Suchen und Ersetzen“. Genau so funktioniert Crispr(das ist der Sucher)/Cas9(ist die Schere). Bisher war das Ausschneiden eines DNA – Stückes eine hochkomplexe, langwierige und teure Geschichte. Nur an ausgewählten Instituten regelmäßig machbar. Crispr ist so einfach, so billig und so zuverlässig, dass schon Studenten damit hantieren.
Hast du zum Beispiel Sichelzellenanämie, eine Erkrankung die von einem Defekt in einem einzigen Gen ausgelöst wird, dann könnte man die Sequenz des defekten Gens in den Crispr-Teil eingeben und das defekte Stück so zunächst mal in der ewig langen DNA einer menschlichen Zelle finden und herausschneiden … und in weiterer Folge durch die fehlerfreie Version ersetzen. Soweit der Gedanke. Durch die Entdeckung der beiden Frauen ist man dieser Lösung ein gewaltiges Stück näher gekommen.
Um zu veranschaulichen wie enorm die Leistung bewertet wird, weise ich darauf hin, dass die beiden Frauen ihre Forschungsdaten 2012 veröffentlicht haben und bereits 2020 den Nobelpreis dafür erhielten. Die meisten Forscher warten Jahrzehnte ...
Und natürlich nimmt man mit Crispr auch die Mutter aller Krankheiten, den Krebs, ins Visier. Das Problem, dass es als nächstes zu lösen gilt, ist das „wie krieg‘ ich das Zeug an den Wirkort?“. So ein Molekül kann man nicht als Tablette schlucken, viel zu sensibel das Scheißerchen. Am ehesten kommen hier .. ähem, schon irgendwie lustig .. Viren in Frage. Phagen um genau zu sein. Aber das ist eine andere Geschichte.
Habt ein möglichst kühles Wochenende!