Die erste Woche im ersten Fall: {Die Fälle des Donald}

Die erste Woche ist um. Es ging schneller als erwartet war dabei zeitgleich öde aber auch ein bissi aufregend und bei all dem ausnehmend geradlinig.
Kurz man erkannte; so ein Gerichtsverfahren ist ein durchstrukturiert Ding. Es fängt vorne an und geht der Reihe nach Schritt für Schritt das vorgegebene Prozedere durch.

Ziemlich schnell erkannte ich das Muster. Ihr erinnert euch, ich war vor nicht allzu langer Zeit Schöffin.
Insofern hat es mich jetzt nicht überrascht, all diese Prozedere-Momente per Live-Ticker auf amerikanisch zu erleben. So ein Justiz-System ist schon interessant. Und eben auch eintönig. Aber: seht selbst.

Im Mittelpunkt der vergangenen Woche stand die Auswahl der Geschworenen. 12 für das Verfahren und 6 für die Reserve, falls wer ausfällt. 18 Manhattaner wurden gesucht. Nicht New Yorker, nur Manhattaner. Der Bezirk in dem die ganze Sache abläuft ist Manhatten und deswegen wird aus der Bevölkerung dieses Bezirks geschöpft. Etwas über eine Million Menschen kamen dafür in Frage. Die naheliegenden Bedenken ob es in dieser Million 12 Unparteiische geben wird können, waren überall Thema.
Wohl auch weil Manhattan kein Tramperl-Territorium ist. Man wird lange suchen müssen um einen Bezirk in den USA zu finden, in dem er bei der letzten Wahl schlechter abgeschnitten hat, als hier.
Aber trotzdem, auch hier gibt es Leute, die erst im Saal erkannten, für welchen Fall sie da gerade antanzen mussten. Überraschenderweise gibt es eben tatsächlich Menschen, an denen der ganze Zirkus ziemlich unbemerkt vorüberzieht.

Aber bevor der Auswahlprozess ablaufen konnte, mussten noch ein paar Anträge/Einsprüche etc. abgearbeitet werden. Das Tramperl hatte angefragt, ob er vielleicht zur Abschlussfeier seines Sohnes gehen könnte. Und auch wäre er gerne nächste Woche in Washington, wenn der Supreme Court über eine seiner G’schichteln ein Hearing hält.
Der Richter war ziemlich geradlinig: „Sie haben hier zu sein, per Gesetz. Es besteht keine Anwesenheitspflicht beim Supreme Court. Punkt. Die Sache mit dem Sohn entscheide ich nächste Woche.“

Derart lief das.

Und dann kamen die ersten 96 Manhattaner rein. Sie füllten den ganzen Saal (deswegen dürfen während der Geschworenen-Auslese nur 4 Journalisten in den Saal .. da ist einfach kein Platz für alle) der Richter fragte, wer denn meint nicht unparteiisch urteilen zu können. 50 Leute zeigten auf und durften auch sofort wieder gehen.
Der Rest verließ den Saal wieder. Sie werden in Gruppen zu 18 geteilt und der Reihe nach „abgearbeitet“.
Soll heißen: sie kamen in ihrer Gruppe wieder in den Verhandlungssaal, mussten schriftlich einen 42 Fragenkatalog des Richters beantworten und dann ging der Richter mit jedem einzeln diese Antworten durch. Gefiel dem Richter eine Antwort nicht, war die Person sofort entschuldigt und konnte gehen. Die Journalisten im Nebenraum stoppten die Zeit: der Richter benötigte 5 – 7 Minuten pro Person.

Es folgte: das voir dire. Anklage und Verteidigung erhalten jeweils 30 Minuten für die, die von den 18 nach dem Richter noch über sind. Sie stellen Fragen und können potentielle Geschworene abweisen. Da sie deren Namen wissen, checken sie die social media Accounts der Leute und befragen sie dazu. Ohne Angabe von Gründen dürfen sie 10 Kandidaten ablehnen. Für den gesamten Auswahlprozess. Mehr nicht. Es gilt also Haus zu halten. Sie dürfen aber auch versuchen den Richter zu überzeugen, dass Juror 178 (alle haben Nummern, die Namen werden nie genannt) aufgrund einer Aussage nicht unparteiisch wird sein können. Stimmt der Richter zu, geht die Person nach Hause. Tut er das nicht … kommt eben noch die andere Seite dran.
Potentielle Juroren, die von beiden Seiten NICHT abgelehnt werden, sind fix drin.
So lauft die Geschichte ab.

Das Ganze dauerte also knapp 4 Tage.
Trump schläft ein. Er wird ständig beobachtet. Manchmal ist es lustig, was die Leute erklären, manchmal angespannt und am letzten Tag wird es anscheinend mehrfach recht emotional. Einige Personen scheiden aus, weil ihnen der Druck schon jetzt zu viel ist.

Die Medien und die darin erklärenden Experten hatten erwartet, dass die ganze Angelegenheit so um die 10 Tage dauern könnte. Richter Merchan (gesprochen: Mörschaan) schafft es in 5.
Alle sind überrascht. Die eine Seite positiv, die andere negativ.

Erwähnenswert:
Das Tramperl steht ja unter einem Gag-Order. Trotzdem ist er reichlich über Michael Cohen hergezogen. Die Anklage beantragt eine Bestrafung diesbezüglich. Entscheiden wird der Richter bis zum nächsten Dienstag.

Das ist das Spiel, um das es eigentlich geht. Gespielt wird um die Vormachtstellung. Der Richter hat von der Verfassung verliehene Macht. Das Tramperl hat einen Mob hinter sich. Menschen die gewillt sind Terror zu machen. Per mail, per Telefon und durchaus auch mal in Person.
Wer wird gewinnen? Anmerkung: was passiert, wenn der Richter das Tramperl in den Häfn steckt? Explodiert dann das Land? (Also ich rede hier nicht vom Urteil. Ich rede davon, dass – theoretisch – der Richter das Tramperl ins Gefängnis stecken kann .. für die Dauer des Verfahrens, weil er sich nicht an die Regeln hält und die Integrität des Verfahrens stört.)

Ein paar so Zurechtrück-Aktionen musste der Richter schon setzen und läßt so erkennen, dass er nicht viel Spaß versteht.

Beispiel 1:

Im Zuge der Anhörung einer potentiellen Geschworenen sprach das Tramperl eindeutig über sie mit seinem Anwalt, er deutete auf sie und er war dabei auch zu hören. Als die Frau aus dem Saal gegangen war, ermahnte der Richter den Anwalt und das Tramperl in etwa mit den Worten: Herr Anwalt, der Angeklagte hat hörbar und sichtbar über die Geschworene geredet. Derartige Einschüchterungen der Geschworenen dulde ich nicht. Ist das klar?

Beispiel 2:

Als sich am Freitag der Verhandlungstag dem Ende neigte, stand das Tramperl auf und wollte gehen – wohl in der Annahme, es sei jetzt vorüber – und wurde prompt mit einem „Sit down!“ des Richters bedacht. Denn zuerst stehen alle auf, der Richter geht und erst wenn er draußen ist, dürfen die Anderen gehen. Das scheint vielleicht ein Schauspiel, ist aber ein wichtiges Zeichen von Respekt rund um die Sonderstellung des Richters.

Vier Tage jede Woche wird verhandelt, mittwochs ist Pause. Am Montag geht es dann, nach der Abarbeitung weiterer Anträge der Tramperl-Seite, los.

Und wie immer, wenn es um das Tramperl geht, gilt: niemand weiß was passieren wird. Die USA sind auf völlig neuem Terrain unterwegs. Ein Ex-Präsident vor einem Strafrichter. Ich wiederhole: Niemand weiß, was passieren wird.

Und das verzückt das halbe Land und macht sie gleichzeitig vollkommen fertig.
Faszinant.