Gänsehäuflliebe

Nun verhält es sich ja so, dass ich zwar in Wien daheim bin, ganz viel von Wien aber gar nicht kenne. Schlicht, weil ich wie jeder vernünftige Wiener in meinem Grätzl lebe und den Rest gerne mal mehr so vom Hörensagen kenne. Wien ist groß, es gibt viel in Wien zu sehen und zu erleben, wie in jeder großen Stadt. Man kann in Wien nicht alles kennen. No way.

So war ich zum Beispiel erst im zarten Alter von 40 oder so das erste mal im Prunksaal der Nationalbibliothek und das, wo der doch in meinem Lebensradius zu liegen kommt. Bitteschön. In so einen Lebensalltag passt halt einfach nicht alles.

Oder die Insel. Genauer die Donauinsel. Die kenne ich natürlich. Ich war auch irgendwann mal auf einem Donauinselfest. Aber: die Donauinsel ist kein Bestandteil meines Alltags. Was aber nicht heißt, dass ich sie nicht mag. Ja, ich glaube alle Wiener mögen die Donauinsel. Ist einfach ein lässiges Fleckchen.

Wo ich aber diesen Sommer tatsächlich das AllerersteMal überhaupt war, ist das Gänsehäufl. Und das bitteschön, wo ich es kannte, besungen habe (.. i steh aufs Gänsehäufl, auf Italien pfeif i … Rainhard Fendrich) und es mir total geläufig war. Ich wusste aber nicht einmal wo genau es denn … ist. Und jetzt? Jetzt bin ich verliebt. Bistdudeppart das Gänsehäufl ist ein genialer Fleck.
Also wenn man gerne Baden geht.
Fangen wir also vorne an.

Das Gänsehäufel

Das Gänsehäufel ist ein Bad, das eine ganze Insel mitten in der Alten Donau ist.

Früher – genauer vor der 1870 durchgeführten Donauregulierung – hat die Donau in Wien jede Menge Streß gemacht. Um es genau zu sagen: die Donau war überall bzw. konnte sie überall sein. Ein beachtlicher Teil des heutigen KernWiens war eigentlich Donau-Basis-Gebiet.

1790

Dann hat man die Donau reguliert und als man feststellen musste, dass das auch nicht so richtig hilft, hat die Stadt Wien die Donauinsel angelegt. Im Wesentlichen um einen weiteren Arm der Donau zu schaffen, der im Bedarfsfall geflutet werden kann und der dann die Kapazität hat, jene Menge Wasser aufzunehmen, die in einer der größten Überschwemmungen gemessen worden war.
Danach erst hat man sich überlegt, was man mit der Insel, die dabei entstand, den anfangen will.
Sie wurde zum Naherholungsgebiet und ist bis heute ein Flecken Wien de Luxe. Faktum.

Durch diese Fixierung der Donau wurde auch beendet, was vorher eben Gang und Gebe war. Inseln, die enstanden und wieder verschwanden. Eine solche Insel war das Gänsehäufel. Heute ein Freibad der Stadt Wien. Das Gänsehäufel ist ein Klassiker. Es ist echt eine Schande, dass ich da noch nie war.
Denn bitteschön, das Gänsehäufel ist ein Bad mit einer Qualität, dass einem die Zunge schnalzt.

Ich kenne viele Leute, die vom Krapfenwaldl schwärmen. (Anmerkung: ein Bad im 19. Bezirk, reiche Gegend, super Ausblick runter auf Wien. Die Von und Zu’s in Wien liegen dort in der Wiese.), aber ich muss ehrlich sagen: „No way, liebe Schickimickis! Das Krapfenwaldl kann dem Gänsehäufel das Wasser nicht reichen. Keine Chance. Sorry.“

Zunächst einmal ist das Gänsehäufel richtig groß. Was bedeutet, dass viele Leute reinpassen und man trotzdem nicht gezwungen ist auf Ölsardine zu machen.
Die Bäume sind riesig, die Wiese gemäht und gepflegt. Es gibt alle paar Meter kleine Holzkabinen zum Umziehen und Duschen. Die WCs sind sauber und freundlich. Mistkübel in großer Zahl. Viel Schatten, ausreichend Sonnenflecken. Liegestühle/Liegen zum Leihen. Kabinen, gutes Essen (preiswert), Trafik, Badesachenshop, Beachvolleyballplätze und und und.

Irre. Ehrlich.

Und dann: die Leute!
Die Mischung macht’s. Das Publikum des Gänsehäufel ist kunterbunt. Alt, jung, alle Sprachen, kleine Windelscheisser und jede Menge SeniorInnen im gepflegten Badeanzug. Alles da. Und in großer Zahl.

Und niemand – ich war etwa 5 Stunden dort – niemand am Handy! Sie spielen Spiele, plauschen, liegen in der Sonne und lesen. So wie früher. Als wäre die Zeit stehengeblieben. Unfassbar.
Ein Erlebnis. Wahrlich.

PS.: Wäre ich auch nur einen Funken eine Badenixe, ich wäre den Sommer über im Gänsehäufel. Keine Zweifel!