gelesen KW 43 – Das Warten auf Langzeitdaten für die Covid19 – Impfung

In Deutschland sind ja gerade alle ganz Gaga, weil ein Fußballer nicht geimpft ist und weil er auch noch den berüchtigten Satz „Ich warte auf die Langzeitdaten“ von sich gegeben hat.
Nun kennen ja wohl die meisten von uns so jemanden. Oder womöglich liest hier ja auch die eine oder der andere, die da noch Unsicherheiten verspürt und sich nicht sicher ist bezüglich Langzeitdaten oder so.
Und diesbezüglich will ich mal auf mamimade-Style erklären, was es mit diesem Satz auf sich hat.

Die Sache ist nämlich kompliziert. Schlicht und einfach weil wir von Impfungen reden und weil die durchschnittliche Bevölkerung und auch viele, die gar nicht mehr so durchschnittlich sind keinen Schimmer von Immunologie, Virologie, Statistik und all dem Kram haben.
Und das ist, das will ich vorab unbedingt festhalten, auch total okay so. Die meisten von uns leben ein gutes Leben ohne sich mit derlei komplexem Käse tiefgründig auseinandersetzen zu müssen. Ich wiederhole: Es ist total okay sich nicht auszukennen!

Dafür haben wir ja schließlich die vielgerühmten Experten. Wir haben die Leute, die uns das Wetter vorhersagen. Wir haben Leute, die Autos für uns entwicklen. Welche, die Computerchips bauen und wieder andere bauen Impfungen.
Wir – brauchen – das – nicht – zu – wissen. Punkt.

Experten also.
Cool ausgedrückt sind Experten Nerds. Es gibt Virologen, es gibt Epidemiologen, es gibt Statistiker, es gibt wasweißderkuckucknochalles. Und allesamt sind sie hochspezialisiert.
Schaut man sich aber gewisse Diskussionsrunden im Fernsehen oder im Internet an, dann wir da viel rumgepanscht. Da sitzen dann Allgemeinmediziner und reden über Immunologie und über Zulassungsstudien. Und ich weiß schon, die Diskussionsauserwählten können häufig recht überzeugend reden. Das ist auch deren eigentliche Gabe, aber ihre Aussage macht das nicht qualifizierter.

 

Wie wird man Virologe?

Will man in Österreich oder Deutschland z.B. Virologe sein, dann braucht man meist ein abgeschlossenes Medizinstudium und im Anschluß noch eine meist 5-jährige Facharztausbildung. Und ein, zwei Jahrzehnte Berufserfahrung später, ist man dann befähigt in einem Interview hochwertig zu informieren.
So jemand weiß dann wovon er redet. Der hat Jahrzehnte seines Lebens da reinstecken müssen. Häufig reden diese Leute sehr fachchinesisch. Einige können besser erklären, manche weniger. Für unsereiner ist das nicht immer so hilfreich. So ein Fachidiot ist halt nicht immer verständlich. Das liegt in der Sache. Leider.
Trotzdem sind es am Ende eben genau diese Leute deren Info man genauer anhören sollte
Es ist eine Krux. Aber so issesnunmal.
Was ich sagen will. Ihr müsst euch nicht auskennen, aber ihr solltet darauf achten, auf wen ihr hört und wem ihr Glauben schenkt. 

Aber was bedeutet das, was die da sagen? Warum ist das Warten auf die Langzeitdaten unnötig?

 

Hier also der Versuch einer Zusammenfassung für euch.
Festhalten. Ich werde jetzt soft immunologisch.

Nebenwirkungen im Körper

Eine Impfung kommt via Spritze in den Körper. Der Impfstoff löst eine (komplexe) Reaktion im Immunsystem aus, dabei arbeitet sich der Körper am Impfstoff ab und nach ein paar Wochen ist der dann weg. Der Impfstoff selber ist dann nicht mehr im Körper nachweisbar. Zerlegt, abgebaut, rausgepinkelt .. so in etwa. Was bleibt ist die (gewollte) Reaktion des Immunsystems. Eine Reaktion wie sie jeder Kontakt mit dem alltäglichen Schnupfen auslöst.

Insofern kann der Impfstoff nicht 3 Monate, 5 Jahre oder gar 25 Jahre später irgendeine Reaktion auslösen. Schlicht, weil er gar nicht mehr da ist. Praktisch alle Medikamente, die wir einnehmen werden in einer bestimmten Zeit abgebaut und ausgeschieden. Deswegen muss man Tabletten ja oft täglich nehmen oder sogar mehrfach. Weil sie eben irgendwann nicht mehr im Körper sind und somit auch keine Wirkung .. und damit auch keine Nebenwirkung .. entfalten können.
Ein Impfstoff ist jetzt kein Aspirin, das ist klar, aber eben auch ein Impfstoff ist irgendwann nicht mehr da.
Und genauso, wie man nicht ein Jahr nach der Einnahme einer Kopfweh-Tablette plötzlich einen Herzinfarkt bekommen kann, der auf diese Tablette zurückzuführen ist, kann man eben auch nicht eine Nebenwirkung auf eine Impfung haben, wenn diese schon lange nicht mehr im Körper ist.
Klar?

LangzeitNebenwirkungen im impftechnischen Sinn, sind also Nebenwirkungen, die noch in jenem Zeitraum entstehen, in dem der Wirkstoff auch noch im Körper ist. Langzeit bedeutet hier also 5 vielleicht 6 Wochen. Niemals – im Zusammenhang mit einer Impfung – Jahre oder gar Jahrzehnte.

„Wie kann es dann sein, dass bei anderen Impfungen oder auch Medikamenten Nebenwirkungen erst Jahre später auftauchen?“
So lautet das Argument, dass unseren Punkt 1 zerstören möchte.

 

Seltene Nebenwirkungen brauchen Zeit, aber nicht bei Covid19 – Wieso?

Okay.
An dieser Stelle müssen wir von der Immunologie zur Statistik wechseln. Die nächste Nerd-Ecke. Zahlen im Spiel. Seufz.
Nebenwirkungen, die häufig vorkommen, treten *hüstel häufig auf. Sprich, wenn 100 Leute das Zeug nehmen, und einer kriegt Kopfweh. Das ist häufig. „Kopfweh wird man also schon als Nebenwirkung erkennen, selbst wenn in einer Studie nur relative wenige Patienten sind.
An einer Zulassungsstudie, das sind die Riesenstudien mit Tausenden und Zigtausenden Patienen, die für die Zulassungsämter gemacht werden müssen, tauchen also all die unerwünschten Wirkungen auf, die häufig vorkommen, Kopfweh, Durchfall .. die Klassiker halt.
10.000 Patienten klingt viel, würde jetzt aber eine Nebenwirkung nur alle 20.000 Patienten auftreten, dann könnte sie in der Zulassungsstudie nicht auftauchen. Erst danach, wenn die Bevölkerung in der realen Welt das Medikament einnehmen würde, würde diese Nebenwirkung ab und zu auftauchen.

Wenn jetzt weiters die Erkrankung, von der wir reden, noch eine seltene ist, dann … dauert das. Einfach weil die Zahl der Leute, die das Medikament/die Impfung erhalten nur langsam anwächst.

Der Schlüssel zu diesem Rätsel ist also die Seltenheit der Krankheit. Beispiel: Hätten wir ein neues Schmerzmittel, das ich auf die Bevölkerung loslasse, krieg’ ich vermutlich recht schnell Feedback. Und Nebenwirkungsdaten werden ziemlich rasch gesammelt werden könne. Einfach weil Schmerzen wohl zu den häufigsten zu behandelnen Beschwerden überhaupt zählt. Handelt es sich um Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (steht im Internet unter seltene Krankheiten), dann dauert es vermutlich Jahre bis man mal auf die 20.000 Patienten kommt.
Klar?

„Langzeit“ bedeutet hier, dass es lange Zeit dauert bis eine Nebenwirkung erkannt werden kann, weil die Krankheit selber so selten ist, dass eine nicht so häufig auftretende Nebenwirkung quasi gar nicht so einfach zu entdecken ist. Eine reine Zahlensache.

Anmerkungen: Ärzte sind verpflichtet Nebenwirkungen zu melden und Pharmakonzerne sind verpflichtet gemeldete Nebenwirkungen innerhalb von – ich glaube 48 Stunden nach Einlangen der Meldung – öffentlich zu dokumentieren. Nur so zur Info.

Für die Zulassung von Impfstoffen werden meist über 30.000 Patienten herangezogen. Quer durch alle Altersgruppen, auch solche mit Vorerkrankungen. Bei der Verabreichung aber müssen die Testpersonen selber gesund sein. Nur Kinder dürfen nicht dabei sein. Das ist eine Ethiksache.
Nebenwirkungen, die also seltener als alle 30.000 Personen auftauchen, werden in so einer Studie nicht auftauchen (können).

Allerdings – und jetzt kommt der Clou – wurden die Corona Impfstoffe im letzten Jahr milliardenmale verabreicht. Also mehr als 6.000.000.000 Impfdosen. Das -„seltene Krankheit“- Schema funktioniert hier also nicht. Ganz im Gegenteil. Die Tatsache, dass eine Pandemie eine Pandemie ist und somit alle auf dem Planeten betrifft, hat dazu geführt, dass im Gegensatz zu – eigentlich allen – anderen Impfungen oder Medikamentenzulassungen, die Daten, die mittlerweile vorliegen, … enorm sind. Einfach weil die Zahl der Impfungen irre hoch ist. 20.000er Nebenwirkungen wären tausendemale aufgetreten. HundertTausendemale. Da ist aber nichts.

Was also bis jetzt nicht aufgetaucht ist, ist also tatsächlich irrelevant. Diese über 6 Milliarden Menschen haben die Impfung auch schon länger als vor 5 Wochen erhalten. Das heißt also die Zeit, in der etwas auftauchen könnte, ist verstrichen. Wir haben diese Impfung getestet, wie selten etwas getestet wurde.

Auf Langzeitdaten zu warten ist vorbei. War vorbei als 10 Millionen geimpft waren. Die Daten sind da. Und sie sagen: Die Impfung ist sicher.

In Zeiten des Internet ist es sehr einfach mit verwirrendem Zeug in Kontakt zu kommen. Und die Regierungen hätten gut daran getan weitere Spezialisten (hihi) einzusetzen, die sich auskennen damit, wie man Information sinnvoll über die Medien und vor allem über die sozialen Netzwerke verteilt. Weil nämlich, die, die die Verschwörungstheorieseite vertreten genau das gemacht haben. Sie haben gut sortiert und mithilfe der Algorithmen viele Menschen erreicht und Zweifel gesät. Und deswegen sind so viele Menschen verunsichert bzw. radikalisiert.

Seufz.
Ich hoffe, ich konnte euch ein wenig weiterhelfen.
Eure