Mittendrin – Ich beziehe meinen Ikea Sessel selber

Wer kennt das nicht. Frau hat sich sattgesehen an einem Möbelstück. Ich lasse jetzt mal den philosophischen Aspekt links liegen, von wegen Wegwerfgesellschaft und so ein Sessel (in diesem Fall) hält ja Lange. Viel länger, als es den Herstellern dann manchmal recht ist.

Bei uns war es mehr ein Ding der Katzen. Soll heißen, dieser Sessel, genauer, der Sesselbezug wurde als Kratzbaum auserkoren. Und hat sich tapfer 2 Jahre gehalten. In denen er sukzessiv immer unansehnlicher wurde. Seriös unansehnlich. Besuch kommt – kann wer mal die Möbel abdecken unansehnlich.

Und weil ich beim Hersteller einfach nichts gefunden habe, das mir zusagt, habe ich beschlossen, den alten, ziemlich mitgenommen Bezug zu zerlegen – sprich aufzutrennen – und mir einfach einen selber zu nähen.

Wofür können wir das denn schließlich.

Und da ich jetzt fast 3 Stunden (mit Essenunterbrechung) aufgetrennt habe, lasse ich euch mal teilhaben an den Gedanken, die mich dabei so beschlichen haben.

Denn, bistdudeppart, das sind ja Nähte, da bleibt einem die Spucke weg. So fest gezogen sind die. Locker auftrennen ist da nicht, denn ich bin kaum zu den Fäden hingekommen. Beeindruckend irgendwie.

Und dann beschlich mich das „wer das wohl genäht hat?“ Gefühl – ganz nach dem „who made my clothes“, habe ich sie vor meinem geistigen Auge gesehen. Die Billigllohnnäherinnen, die zweifelsfrei genau diesen Bezug in meinen Händen genäht haben.

Und weil ich ja sehen konnte, dass das verschiedene Nahttypen waren, war auch erkennbar, dass das nicht nur eine Person war. Nein, in der Industrie werden Nähstücke ja aufgeteilt. Einer näht den ganzen Tag die Schultern eines Shirts und die Näherin am nächsten Tisch, die steppt eben diese Nähte ab.

Und genauso ist auch mein alter Sesselbezug entstanden. Da bin ich erschütternd sicher. Und wie ich so da saß und die Arbeit dieser Menschen Faden für Faden zerlegte, da war ich eben bei ihnen. Und es war ernüchternd. Denn sie hatten mit Sicherheit nicht die Zeit und Muße für die Nähte, die ich mir nehmen werde, wenn ich in den nächsten Tagen dann meinen neuen Bezug selber nähe. Nein.

Diesen Menschen geht es nicht gut.

Manchmal wird einem eine Pause einfach aufgezwungen!

Seufz.

Dann dachte ich mir: ist das etwas, das sich wird ändern müssen? Ich rede hier vom Klima. Und ich rede hier vom Sich-an-etwas-satt-sehen und dann eben einen neuen Bezug kaufen.

So viele Menschen machen das. So funktioniert es bei uns.

Was meint ihr dazu?

Vom Nähaspekt her habe ich mir jeden Schritt aufgeschrieben, den ich aus dem Bezug herauslesen konnte. Um dann das Stück selber eben zusammennähen zu können, sodaß das dann auch hinhaut.

Bin ja neugierig. 

Diesmal kein Endprodukt – Post. Diesmal eben ein Mittendrin – Post.

Zum der Sesselbezug-ist-fertig-Post: