Okay diesmal geht es tief in die eigene Verhaltensseele. Und dieser Text hat das Potential euch zu kratzen, vielleicht sogar weh zu tun. Womit ihr gewarnt seid. Also rein ins schräge Vergnügen.
Neulich auf Instagram, da habe ich ein Video gesehen, das mich seither nicht loslässt. Und zwar wies in diesem Video eine Transgender Frau darauf hin, dass wir alle lernen müssten in Situationen, die uns unbehaglich erscheinen, einfach .. zu verweilen. Sie zu ertragen.
Die Rede war von Situationen in denen uns jemand auf etwas aufmerksam macht bzw. uns Feedback gibt zu von uns Geäußertem. Im Gespräch konkret ging es um Rassismus und Transphobie. Aber ich behaupte mal, das gilt auch für Sexismus, Ausländerfeindlichkeit und derlei.
Also: Wenn uns jemand darauf aufmerksam macht, dass wir da was sagen, etwas behaupten, das man als *einsetzen rassistisch, sexistisch, homophob etc. verstehen könnte, dann, ja dann, reagiert der allergrößte Teil der Leute mit Fight, Flight or Freeze, also mit Kampf, Flucht oder Erstarren. Die allermeisten gehen in eine Verteidigunsstellung über. „Ich bin nicht rassistisch! Wie kannst du sowas behaupten!“. Ihr kennt das, da bin ich sicher.
Die Dame im Video meinte jetzt, dass es doch angebracht wäre, bevor man gleich mit Inbrunst alle Kritik an die Wand nagelt, kurz innezuhalten, womöglich genau hinzuhören und in dieser Zeit eben, diese ausgesprochene Anschuldigung vorerst einmal zu ertragen, denn … sie könnte ja gerechtfertigt sein. Schließlich ist die Welt in der wir leben .. rassistisch, sexistisch, ausländerfeindlich und auch leider wieder immer mehr homophob etc. Es gibt also eine Chance, dass so ganz rein die Aussage nicht gewesen ist, auch, wenn man/frau das so nicht beabsichtigt hat.
Dieses Aushalten, dieses im Unbehagen verweilen, dieses Sitzen im Umconfortablen (to sit with discomfort), das könne wir echt schlecht. Und das finde ich schräg.
Denn von dem, was man als korrektes, menschlich hochwertiges Verhalten so hört, gehört Selbstreflexion doch ganz oben auf die Liste.
Schaut frau aber so um sich, dann lebt sie in einer Welt von Menschen, die Kritik und sei sie noch so vorsichtig geflüstert, als Affront, als Anmaßung erleben. Beledigung total. Die meisten Menschen (und ich nehme mich da gar nicht aus) reagieren immer noch mit Verteidigung oder Angriff ihrerseits.
Das zeugt doch von einer gewissen Schwäche. Und jetzt nichts gegen Schwächen. Aber in diesem Fall ist es unnötig, denn es ist ja keine reale Bedrohung. Ich meine, da steht ja keiner mit einer Waffe, oder ein zähnefletschender Bär oder so.
Die Reaktion ist … wenn ich es zu Ende denke .. unverhältnismäßig. Ja, ich denke unverhältnismäßig ist das richtige Wort. Ich denke, es ist einem erwachsenen Menschen zuzumuten für ein paar Augenblicke innezuhalten – ja, auch in einem unangenehmen Gefühl – und zuzuhören, zu reflektieren.
Warum sind wir da so ungeübt darin?
Ist das überall so?
Ist das ein erste-Welt-Problem? Müssen sich die Leute woanders mehr reinsagen lassen und wir, wir können es einfach nicht mehr?
Ich weiß nicht.
Soweit habe ich’s noch nicht durch. Aber ich wollte euch das mal mitgeben.
Hartes, schweres Thema.
to sit with discomfort … sollte man können … find ich.
Hier noch das Video für euch
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