Wie ich meine Kinder zu Leseratten machte

Lesen ist Macht! Und das meine ich jetzt ganz ganz ehrlich! Lesen eröffnet einem die Welt. Lesen erweitert das Spektrum, die Reichweite, einfach alles.

Aber lesen lernt man nicht über Nacht. Schön wär’s. Und dann ist da noch zu unterscheiden zwischen lesen dem technischen Vorgang und lesen dem Schmökern, dem Genuß.

Den technischen Part, lernt man in der Schule. Aber das reicht nicht. Um in den Genuß des Lesens zu kommen muss ein Kind (gilt natürlich auch für Erwachsene) mit einem Buch ein Abenteuer erleben. Und da ein Abenteuer in den seltensten Fällen in 4 Zeilen Text passt, muss ein Kind soviele Wörter/Buchstaben/Seiten lesen, wie sie die Geschichte eben benötigt.

Und das ist eine Hürde, die es zu nehmen gilt. Und zwar zu Hause, nicht in der Schule.

Diese Hürde zu bewältigen ist Arbeit.

Ich war selber überrascht wieviel.

1. Schritt: VORLESEN

Lange bevor euer Kind zur Schule kommt, könnt ihr ihm vorlesen. Am besten regelmäßig. Anfangs

kleine, zierliche Gute-Nacht-Geschichten, später dann schon richtige Bücher. Worum geht es dabei? Na, um die Infektion mit Geschichten. Euer Kind soll Abenteuer im Kopf erleben (alter, guter Spruch).

Bei uns gab es ein Vorlese-Kind und ein Ich-hör-nicht-zu-Kind. Der kleine Mister hatte mit Beginn der Volksschule bereits gut 30 Geschichten erlebt. Er mochte Bücher. Die kleine Miss hat beim Vorlesen immer zu singen und spielen begonnen, bis mein Mann aufgab. Bei ihr hat das Vorlesen erst viiiiel später funktioniert.

2. Schritt: LESEN LERNEN

Der „technische“ Teil. Euer Kind ist im ersten Schuljahr und beginnt für die Schule Texte zu lesen. Ganz langsam. Geschichten sind das noch keine. Ein mühsamer Zeitpunkt. Man kann nur geduldig daneben sitzen und zuhören.

Das, ich gebe es offen zu, ist nicht meine Stärke. In mir stellt sich alles auf, wenn jemand in Zeitlupe liest .. „Bl… Bluuuuuu …. Bluuuuuummmeeeeeeeeeeeen … Blumeeeeeeneeeeerrrrrrrrd ….. Blumeeeneeerrdeeee .. Blumenerde!“ Ehrlich. Nicht mein Ding.

Es gibt eine überschaubare Auswahl an Lese-Anfänger-Büchern. Hier trennt sich nett-gemeint, von wirklich-gut. Ich meine damit: die Geschichten in vielen von diesen Büchern lassen meine Socken einschlafen. Die Herausforderung in, geschätzt, 40 Zeilen Text irgendetwas Packendes reinzukriegen, ist für so manchen Autor eine zu große. Wundert euch also nicht, wenn eure Kinder nicht Feuer und Flamme sind für „Willi schießt ein Tor“ (sarkastisch gemeinter, selbst erfundener Titel). Es gibt ein handvoll Astrid Lindgren und Cornelia Funke Lese-Anfänger-Bücher … die können was.

Bedenkt: Fade Bücher lest ihr auch nicht gerne!

Für das Meistern dieser Phase braucht man wohl so zwischen 4 – 10 Bücher. Das ist machbar. Findet das Thema, das eurem Kind gefällt (Feuerwehrmann, Ponies 😉 und feiert jedes geschaffte Buch!!!

3. Schritt: BÜCHER

Das ist jetzt ein sehr persönlicher Tipp, aber womöglich ein wirklich wichtiger. Ich war mit meinen Kindern  um die Wirkung zu verstärken, extra im Buchgeschäft. Ein „wir zwei schauen jetzt nur für dich nach Büchern. Du darfst dir etwas aussuchen!“ – Und das mehrfach!

Dabei geht es nicht ums Kaufen an sich, viel mehr darum, den Kindern zu zeigen wie viele Bücher es gibt ergo wie viele Geschichten da noch auf sie warten. Die Atmosphäre eines Geschäftes voller Bücher hilft beim Lesen-wollen und bei der Überwindung sich die Arbeit anzutun ein Buch zu lesen!

Achtung: Das dauert! Nehmt euch Zeit dafür. Sucht euch ein, nettes Buchgeschäft mit guter Kinderabteilung raus, Sitzgelegenheiten inklusive. Und dann lasst sie ins Regal greifen, Bücher anschauen, hinsetzen, den Klappentext auf der Rückseite lesen, bei Interesse die ersten zwei Seiten schmökern. Bilder anschauen.

Gustieren, sagt der Wiener.

Dasselbe kann man natürlich auch in einer Bücherei machen.

Anmerkung: Ich liebe es mit den Kids ins Buchgeschäft zu gehen, aber, wir verbringen die Zeit in der falschen Abteilung 😉 😉 also für mich, hehehe. Ich meandere dann stets in die Ecke mit den bunten, schicken Notizbüchern – BitteDanke 🙂

4. Schritt: DIE LESEECKE

Man braucht ein Plätzchen zum Lesen. Gemütlich. Mit genug Licht, wo man in Ruhe gelassen wird. Eine Leseecke!

Wir haben nicht so richtig viel Platz, aber, hehehe, ich nähe, ergo haben meine Kinder Lesepolster. Groß, dick, die knallt man sich gemütlich in den Rücken, wirft sich aufs Bett, schaltet die, eigens dafür angeschaffte, Leselampe an und los geht’s. Für tagsüber habe ich noch Tagesdecken.

5. Schritt: DER STELLENWERT

Wir sind ein Bücherhaushalt. In unserem Wohnzimmer gibt es ein großes, volles Bücherregal. Und auch wir Eltern lesen. Nun, weiß ich aber nur zu gut, dass das bei vielen Familien anders ist. Deswegen zähle ich euch jetzt ein paar Dinge auf, die bei uns um Bücher und Lesen herum „fix dazugehören“.

– Lesen darf man bei uns fast immer. (Außer beim Essen) Auch abends im Bett darf man meist länger wach bleiben, wenn man liest. Meist. 😉 Wer kann liest schon mal im Auto oder in der Bim – ich nicht, mir wird da übel.

– Bücher zählen bei uns nicht als Geschenke. Also schon, aber nicht so richtig. Bücher kriegt man immer!

– Die Auswahl der Bücher ist eine wichtige Sache. Der aktuelle Kiddie-Bestseller ist genauso wichtig, wie das eine oder andere Buch, dass seine Jahre schon auf dem Buckel hat. Solche Bücher haben bereits millionenfach bewiesen, dass sie gut sind. Da ist man auf der ziemlich sicheren Seite. Und wenn man wieder mal ein paar Brocken verschlungen hat, dann darf man auch mal 2 Wochen lang Micky Maus lesen oder Asterix … oder beides.

– Wir nehmen uns Zeit um Bücher zu beschaffen. Wir gehen in die Bücherei und bleiben dort dann auch ein Weilchen.

– Wir machen auch Platz für Bücher. Ein gelesener 400 Seiten Wälzer ist auch eine Trophäe! Wir haben Regale für Bücher auch im Kinderzimmer (die mittlerweile überquellen: Braucht ihr Bücher?)

– Im Wohnzimmer liegen häufig Wissensmagazine. So ein Artikel über die Marsmission ist schnell gelesen. Oder über Dinosaurier, oder Pferdehaltung. Wir sind ziemlich informiert 😉

– Wir haben eine gute Auswahl an Hörbüchern für zwischendurch. Lesen mit den Ohren quasi. Sehr entspannend!

– und das Wichtigste seid ihr. Die Eltern! Seid unterstützend, seid positiv (auch wenn der Anfang anstrengend ist) und seid stolz!

Als mein Sohn „Die unendliche Geschichte“ gelesen hat, bin ich fast zerplatzt vor „Das ist ja so irre!“

Dieser Post ist von mir an euch. Ich höre immer wieder: „Ach, meine Kinder wollen nicht lesen!“ Mit diesem Post, will ich nur erzählen, wie wir es gemacht haben, aber auch wieviel Arbeit dahinter steckt. Womöglich ist der eine oder andere Tipp für euch dabei. Ich stelle dabei keinen Anspruch auf erzieherische Perfektion oder pädagogische Exzellenz. Ich fasse nur zusammen, wie wir es gemacht haben. Wir haben hier mittlerweile 2, nein eigentlich 4, Leseratten 😉 im Haus.

Und wenn der „Lesen ist Abenteuer im Kopf“ – Groschen erstmal gefallen ist, dann wünsche ich euch viel Spaß! Denn, ein Kind das liest, hört nichts mehr um sich herum! Schon gar nicht Sachen wie: „Aufräumen!“, „Hausaufgaben machen!“, „Anziehen! Wir gehen!“ … hehehehe!

Irgendwie ja auch ein Abenteuer!