Okay, fangen wir oben an auf der Liste. Die Nummer eins und zwar schon bevor er seine Kandidatur bekannt gegeben hat, war und immer noch ist, Joe Biden.
Kurz: Joe Biden war der Vizepräsident von Barack Obama. Er ist schon 100 Jahre in der Politik (nein, natürlich nicht, aber er ist ein altgedienter Langzeitpolitiker) und: Joe Biden ist beliebt.
Teilweise weil er Vize von Obama war. Die Menschen kennen ihn ziemlich gut. Sie haben mit ihm gelitten, als sein Sohn an einem Gehirntumor starb – während der Amtszeit als Vize und sie alle haben die Bromance zwischen ihm und Barack Obama beobachtet. Die beiden haben eine tiefe Freundschaft entwickelt und haben als Präsident/Vizepräsidenten-Paar ausnehmend gut funktioniert.
Joe Biden findet viele Anhänger im Land. Auch, und das ist wichtig, unter der afroamerikanischen Bevölkerung. Kein Kandidat unter den Demokraten kann eine derartige Unterstützung aufweisen. Joe Biden ist gut vernetzt, kennt Gott und die Welt und wird vermutlich auch keine großen Probleme haben Geld für den Wahlkampf aufzutreiben. Und er wird viel Geld brauchen.
Joe Biden ist freundlich, herzlich, hat ein gewinnendes Lächeln und viel Erfahrung.
Und doch:
Joe Biden ist nicht in jedem Punkt eine sichere Karte. Er ist nicht, das, was meinen einen beherzten Kämpfer nennt. Er lässt sich in Diskussionen schon mal (räusper – häufig) das Wort abschneiden. Dazu kommt, dass er regelmäßig ungewollt und nicht böse gemeint, Dinge sagt, aus denen man ihm leicht einen Strick drehen kann.
Das passiert leider regelmäßig. Die anderen Kandidaten greifen ihn nur wenig dafür an, aber die Presse und natürlich auch D. Trump würde es genussvoll tun, sobald er der demokratische Kandidat wäre.
Weiters ist er schon lange Politiker. Bis zurück in eine Zeit, als die Trennung zwischen schwarz und weiß noch deutlicher spürbar war als heute. Und auch er hat an der einen oder anderen Stelle mal dafür gestimmt, dass Gesetze erlassen wurden, die heute … einfach nicht mehr angebracht sind.
Das Problem dabei ist, dass er sich nicht gerne öffentlich entschuldigt. In einer der Debatten hat ihm Kamala Harris vorgeworfen für das „Busing“ gestimmt zu haben. Sie fragte ihn, ob er das heute wieder machen würde, ob er seine Entscheidung von damals bereue. Seine Antwort war eine verworrenes darauf-hinweisen, dass er ja nur .. und dann ging es ins technische wer erläßt was in der Gesetzgebung und dass er ja gar nicht direkt dafür gestimmt hat etc.
Geschwafel.
Sie hatte es ihm aufgelegt und er hätte eigentlich nur sagen zu brauchen, dass er das heute nicht mehr tun würde. Eventuell noch mit einer kleinen Entschuldigung verknüpft.
Tat er aber nicht.
Und damit hat er die Diskussion, die tags darauf in den Medien entbrannte, losgetreten. Und das völlig unnötig.
Joe Biden steht politisch sehr mittig (wobei mittig in den USA ja, rechts der Mitte in Europa ist) da. Er ist ein klassischer more-of-the-same Kandidat. Die sichere Karte. Die Leute kennen wofür er steht, er wird ein bißchen hier drehen ein bißchen da. Aber allzuviel wird sich nicht verändern.
Weiters ist Joe Biden ein alter, weißer Mann. Das kann in einem Bundesstaat ein Plus sein, im nächsten eher ein Minus. Der Kampf Biden gegen Trump wäre … naja für viele Frauen oder Farbige ein Schritt zurück.
Und natürlich die Jungen. Es gibt einen Prozentsatz, es sind nicht sooo viele, aber eben genug um sie doch zu erwähnen, es gibt also eine Prozentsatz an jungen, motivierten Menschen, die … kurz gesagt wohl die Welt retten wollen. Und für die ist Joe Biden eben kein Signal für die in ihren Augen notwendige Veränderungen.
Trotzdem stehen die Chancen hoch, dass Joe Biden der Kandidat der Demokraten wird. Er gilt als wählbar, alle Analysen sprechen für ihn. Wobei natürlich – zum Vergleich – zu diesem Zeitpunkt im Vorwahlkampf 2007/2008 Barack Obama als unwählbar galt. Und die Experten es durchaus auch heute nicht ausschließen, dass mit dem richtigen Aufwind einer der Gegenkandidaten das Rennen machen wird (so wie damals eben Obama).
Es wird also spannend.
Die Nummer eins bisher ist aber Joe Biden. Ganz klar.
Anmerkung am Rande: der extrem beliebte und äußerst redegewandte Präsident Obama und seine Frau sind zur Zeit völlig unsichtbar. Wohl auch aus Kalkül. Sie werden, so wird vermutet, erst am Ende des Wahlkampfes, als am Ende der echten Tortur gegen Trump auftreten. Als Trumpf im Ärmel quasi. Denn sowohl Barack als auch, oder sogar vor allem, Michelle gelten als moralische Instanz und sind ungemein beliebt.
Es wir also abzuwarten sein an welchem Punkt sie auftreten werden und in welcher Rolle.