Aus dem Leben einer Familie – Vorsicht Pubertier

Der Mensch hält sich ja für ein kluges, rationales Wesen. Wie fehlerhaft dieses Selbstbildnis auch immer sein mag, so ist doch gesichert, dass er die Welt nicht als solches betritt. Der Mensch kommt als Baby. Er sabbert, er schläft und kackt. Rationales Weisheit Level gleich null.

Die Entwicklung wird gerne geschildert in verschiedene Phasen von süß, brabbelnd, breitbeinigem Herumgestackse und singelsangelndem Steinchensortieren. Und das ist auch richtig so. Diese Phase gibt es. Meist wird aber am Beginn einer Entwicklung vergessen zu erwähnen, dass der Wechsel vom Kind zum „Erwachsenen“ ein äußerst schmerzhafter ist. Wobei der Schmerz vor allem den Eltern zugefügt wird.

Ich spreche hier aus brutaler Erfahrung. Da hatte ich gerade noch über Jahre einen Babysohn. Ein süßes, kleines Menschenkind. Lustig, lachend, total werbetauglich. Damit konnte man andere Frauen zum Kinderkriegen überzeugen. „Schau, so süß  sind sie. Ja, schon ein bissi laut und wild, aber im Großen und Ganzen ein Gewinn!“

Diese Zeiten sind vorüber. Ich zähle mittlerweile regelmäßig die Jahre bis ein Auszug real zu erwarten ist. Ja, so schlimm ist es. Nicht immer, aber den deutlich größeren Teil der Zeit. Seufz.
Denn mein Kind hat – ein bißchen wie dieses elendige Virus – verschiedene Varianten, die im Haus kursieren. Und eine Handvoll dieser Varianten haben die Aufgabe sich emotional und persönlichkeitsbildend von der Mutter zu lösen. Ein gesunder junger Mann muss sich eben von der Mama distanzieren. Fakt.
Und wie macht man das?

Mit der Brechstange.
Das ist mir mittlerweile klar.
Da gibt’s kein: „Sorry, Mami, aber ich muss mich da separieren von dir. Vielen Dank für deinen Service, ich melde mich bei Bedarf!“
Oh, nein. Das macht man mit unverhohlener Verachtung, mit durchaus bösartigen Nebensätzen, die vor Hormonen nur so triefen. Man knallt die Türen, antwortet auf Fragen mit Abscheu. Das angewiderte „Mama, echt jetzt?“ ist ganz groß.

Es gibt auch angenehmere Varianten. Die sagen dann auch mal Danke. Es gibt die Variante wenn-ich-Hunger-hab-bin-ich-besser-freundlich und die wenn-ich-sie-glubschäugele-dann-macht-sie-vielleicht-*einsetzenwasmangeradebraucht-für-mich.

Alles durchschaubar, immer geradlinig auf den eigenen Vorteil bedacht.
Womit wir an dem Punkt sind, dass dieses Variantenwesen – nicht Kind nicht Erwachsener – ja nicht alleine mit den Eltern lebt.
Es gibt da noch Weitere. Genauer: die Schwester.

So. An dieser Stelle möchte ich der Fairness halber erwähnen, dass die Tochter eine Kampfsportikone ist. Keine Prinzessin. Und sie ist auch nicht auf den Mund gefallen. Das findet die Mama ja cool, es bedeutet aber auch, dass aus dem Kinderzimmer regelmäßig völlig irrationale Diskussionen herausschallen, die das Potential haben dem Seelenheil der werten Frau Mama solide zu schaden.

Und das wo die Tochter noch nicht in die Übergangsphase hin zum Erwachsenen eingetreten ist. Denn, soviel weiß die Mutter aus Beobachtungen im Freundeskreis. Die Töchter … die Töchter lassen die Söhne wie Anfänger aussehen.

In Erwartung zweier solcher Übergangsvarianten im Haus, die sich dazu noch nicht ausstehen können. In Erwartung ebendieser völlig irren Situation, wird die Mama demnächst das Meditieren intensivieren und auch den Baldrian-Vorrat deutlich aufstocken.
Diese Mama hier ist nämlich eine emotionale. Level 9 von 10. Rationale Weisheit Level -hm vielleicht 6 von 10.

Der Mensch, das kluge, rationale Wesen. Oh, so gerne möchte ich daran glauben.

Eure

 

Anmerkung: ich liebe meine Kids natürlich, aber es ist schon schlimm und schmerzt.