gelesen KW 21 – Das „Problem“ Polizei in den USA

 

 

Heute wage ich mich an etwas: Ich gebe euch einen Mini-Überblick warum die Situation mit der Polizei in den Staaten so … ja doch, schwierig ist. Zum einen eben, was da passiert und warum und zum anderen warum es gar nicht so einfach ist, da etwas dran zu ändern.

Vorab muß man leider erwähnen, dass die Bürger der USA überproportional aufmunitioniert sind. Sprich auf 100 Amerikaner kommen 120 Waffen. Und wir reden da nicht von Gewehren oder Colts oder wie das alles heißt. Wir reden hier von beinahe militärischer Ausrüstung. Nicht von Waffen für die Jagd, sondern von Waffen für den Krieg. Unterschied.

Ein elendiges Thema, eh klar. Es führt aber auch dazu, dass jeder Polizist damit rechnen muss, dass sein Gegenüber nicht nur potentiell kriminell ist, sondern auch bewaffnet. Das ist bei uns schon anders. Und das muss man vorher einmal ausgesprochen haben.

Soweit so schlecht schon mal der Ausgangspunkt.

Die Ausbildung zum Polizisten in den USA dauert im Schnitt (Unterschiede nach Bundesstaaten) 6 Monate. Das klingt nicht nur wenig, das ist tatsächlich wenig Zeit.

Vor allem, wenn man bedenkt, dass es in den Ver. Staaten nur eine Notrufnummer gibt und außer für die Fälle von Feuer oder Arztbedarf immer die Polizei kommt. Es gibt nur in wenig Städten soziale Notrufe für alles Mögliche.

Dreht also irgendein Teenager durch und tobt zu Hause rum, dann kommt die Polizei, die … und das ist der springende Punkt … für eine derartige Situation nicht ausgebildet ist. Die Psyche eines Teenagers, die Oma, die durchdreht, weil sie ihre Pillen nicht genommen hat, alles Situationen, die mit Kenntnis und dem nötigen Fingerspitzengefühl zwar nicht einfach aber doch handhabbar sind, werden in den Staaten von Männern behandelt, deren Training sie auf Folgendes vorbereitet.

– dein Gegenüber ist womöglich bewaffnet

– wenn er zuerst schiesst, war’s das für dich

– du schiesst um zu töten

Man nennt das „warrior mentality“ (Einstellung eines Kriegers) Ich weiß das klingt krass, aber die Ausbildung zum Polizisten hat in den USA mehr von einem Überlebenstraining als von „deinem Freund und Helfer“. Aus dem notwendigen Eigenschutz heraus, werden die Männer in der Ausbildung darauf getrimmt gewalttätig zu reagieren. Ich fasse das hier sehr kurz zusammen. Den Satz „du schiesst um zu töten“ erkläre ich nur extra, als die Strategie der Polizei eben jene ist, dass, wenn der Gegner bewaffnet und schussbereit ist, ein Schuss ins Knie in der Situation nicht nur der schwierigere Schuss wäre, sondern auch der, der womöglich gar nichts bringt. Sie schießen um die Situation zu beenden.

Soweit mal zur grundsätzlichen Ausbildung und der Gesinnung dahinter. Durchaus begründet scheint ja die Pflicht zum Selbstschutz, die Auswirkungen dieser Haltung auf die Bevölkerung ist jedoch beträchtlich.

Jedes Jahr – und diese Zahl ist seit 30 Jahren erstaunlich konstant – tötet die Polizei in den Staaten so um die 1000 Menschen. Um die 40 Polizisten werden pro Jahr im Dienst getötet. 30% der Polizeiopfer sind Schwarz und das bei einem Bevölkerungsanteil von 16%.

Verurteilt wurden in den letzten 30 Jahren etwa 40 Polizisten. Für die Meisten gibt es keine allzu heftigen Konsequenzen.

Dass dem so ist, liegt zum Teil daran, dass die Polizei mit den örtlichen Staatsanwälten ja für gewöhnlich eng zusammenarbeiten.  Genau die sollten dann aber einschreiten und gegebenfalls anklagen. Das ist eine schwierige Situation. Erstens weil sich die Leute meist gut kennen und zweitens weil Staatsanwälte gewählt werden. Und wer gewählt wird, will wiedergewählt werden. Die örtliche Polizei vor Gericht zu bringen ist aber risikoreich, denn und damit sind wir beim zweiten Teil der Schwierigkeiten, die Polizei hat eine äußerst mächtige Gewerkschaft.

Als Außenstehende hören sich praktisch alle Interviews mit Polizeigewerkschaftern aus den USA an, wie Interviews mit Mafiosi. (Sorry, meine Meinung.) Sehr selbstsichere, weiße Männer, meist mit dickem Hals und scharfer Zunge, die zwischen den Zeilen deutlich zu verstehen geben, dass sie keinerlei Lackabkratzerei dulden werden. Kein Scherz. Keine netten Leute.

Ergo ist es für einen Staatsanwalt, der seinen Job behalten will, ratsam nicht allzuviel Wind zu machen. Außerdem machen das eh fast alle so.

Okay.

Zusammengefaßt:

Bewaffnete Bevölkderung, zu kurze und mangelhafte Ausbildung, enorme Vielfalt von Aufgaben (keine Ausweichinstitutionen), enge Zusammenarbeit mit jenen, die dann gegen sie ermitteln müssten und eine mächtige Gewerkschaft.

Dazu kommt, dass durch eine irre Zahl von Filmen, Serien und derlei ein Heldenbild von Polizisten gefördert wird, das zeigt, wie ein Polizist die Welt vom Bösen befreit, indem er den Feind tötet. (und ich benutze bewußt das Wort „Feind“)

Das zieht Männer an, die eigentlich für den Job gar nicht als geeignet zu bezeichnen wären. Gewaltbereite Männer, die es cool finden, wenn sie jemanden töten können und leider auch rassistische Männer. 

Was tun?

Der Slogan „Defund the Police“ (nehmt der Polizei Geld weg) bezog sich ursprünglich darauf, dass in vielen Städten das Budget für die Polizei größer ist als das von Gesundheitswesen, Sozialwesen und Bildungswesen zusammen. Die Budgets sind kontinuierlich gewachsen, während gleichzeitig eventuelle soziale Dienste und Hotlines gestrichen wurden.

Natürlich würde es die Polizei entlasten, wenn in gewissen Situationen eben nicht ein Krieger in der Tür stünde, sondern ein Sozialarbeiter.

Sowas kostet Geld. Eh klar.

Aber um Veränderungen umzusetzen, die Ausbildung zu reformieren und Entlastungen zu schaffen, die den Druck aus dem System nehmen können, kann es nämlich kein Gesetz geben.

Die Polizei ist keine Einrichtung der Vereinigten Staaten. Der Präsident kann also kein Gesetz mit dem Kongress beschließen. Die Polizei wird nämlich örtlich organisiert. Denkt an die Fernsehserien N.Y.P.D (New York Police Department), L.A.P.D. (Los Angeles Police Department). Es gibt kein U.S.A.P.D., sprich es braucht nicht eine Reform. Es braucht Tausende.

Die Lage ist nicht rosig.