gelesen KW 25 – Wahlkampf und die sozialen Netzwerke

Wir sind ja wieder im Wahlkampf. Zwar nicht offizell, aber das ist in Zeiten von Social Media und Message Control nur eine lachhafte Nuance im Wortspiel um die Macht.

Wenn ihr auch nur ein wenig in den sozialen Netzwerken unterwegs seid, dann wisst ihr eines: Da sind viele Menschen. Viel zu viele meines Erachtens. Aber bitte jedem sein Suchtverhalten.

Und wenn ihr auch nur ein einziges mal ein Shirt in der „aktuellen Trendfarbe“ gekauft habt, dann habt ihr schon am eigenen Leibe erfahren, dass Werbung und die schiere Omnipräsenz von ausgewaschenem Lachsrosa reicht um zumindest die wertvolle Energie eines Gedankens daran zu verschwenden. Lachsrosa tststs. Werbung funktioniert. Subtil, fies, durchs Hintertürl. Werbung kriecht in unser Unterbewußtsein, in unsere Gefühlswelt und am Ende dann auch in unser Handeln.

Werbung ist eine Wissenschaft. Und im Internet funktioniert sie nochmal ein gutes Stück besser. Weil wir im Gegensatz zu einem papierenem Magazin dabei beobachtet werden, wie wir die Werbung „anschauen“.

Die Werbefritzen der Welt lieben die Möglichkeiten, die das Internet bietet und sie haben ihr Wissen in den letzten Jahren immer häufiger an eine Geldquelle der so schnell nicht versiegenden Art gekoppelt.

Die Politik.

Im Vergleich zu gedruckter Werbung, also Plakaten und Anzeigen in Printmedien, ist Werbung im Netz spottbillig. Schauderhaft billig. Hinterherg’schmiss’n billig. Und dabei kann Werbung – vor allem in den sozialen Netzwerken – jeden einzelnen mit der für ihn zurechtgezimmerten Anzeige versehen. Das kann man so schnell nirgendwo anders. Und schon gar nicht für das bißchen Geld.

Das funktioniert dann so:

Entspricht dein Verhalten im Netz einem typischen Stammwähler der Partei YY erhältst du das „du-bist-gut-weil-du-stimmst-für-die-Richtigen“ Bild mit Text. Eventuell ein lustiges Gif. Wie auch immer.

Bei Zweiflern kann man dann die Zweifel erst noch verstärken und dann im Anschluß die eigenen Lösungen vorschlagen. Am besten abends, da sind die Leute vom Tag schon weichgeklopft. In sorgfältig abgestimmten Intervallen poppen dann die „messages“ bei einem auf. Und wer nicht höllisch aufpasst (und das tut niemand) geht der ganzen Sache irgendwann ins Netz.

Und jene Menschen, die für eine Partei ideologisch sowieso total unerreichbar sind, die kann man mit einer Werbung im Netz auch völlig unversorgt lassen. So spart man Geld.

Sobald diese Menschen irgendwie ihr Verhalten im Netz ändern und zu womöglichen Zweiflern werden, fallen sie ja dann sowieso in eines der vorgesehenen Konzepte. Alle anderen sind uninteressant.

Barack Obama war der erste, der das Instrument Internet für sich bilderbuchmäßig genutzt hat. Seither wissen alle: die Wahlen werden im Netz geschlagen.

Nirgendwo sonst, kann ich so schnell so viele Menschen erreichen und ihnen dermaßen wilden Unfug erzählen ohne jedwede Kontrolle.

Bis die großen Medien darauf anspringen und in den Nachrichten etwaige Verschwörungstheorien als solche aufdecken, hat man schon 300.000 Menschen einen Tag lang damit angefüttert.

Und das hat dann … knappe 2.000 Euro gekostet. Also nix.

Und weil genau das alles in den letzten Jahren und Monaten speziell vor Wahlen extrem zugenommen hat, haben Google und auch Facebook jetzt offengelegt wieviel Geld von wem in welche Werbekampagne gesteckt wird.

Und das ist sehr interessant zu sehen.

Heute zeige ich euch die Facebook Werbebibliothek (Klick)

Anmerkung: ihr benötigt dafür keinen Account.

Da kann man eine Partei oder einen Kandidaten eingeben und PLOPP sieht man schon, was die so gerade tun, wieviel Geld sie ausgeben und wen sie damit bespielen.

Beispiel:

FPÖ (ich schaue mir mit euch die ehemaligen Regierungsparteien an)

gebe ich in die Suche fpö ein

Dann siehst du heute folgendes:

Angezeigt werden alle Anzeigen, ich glaube, der letzten Jahre. Ihr könnt dann sehen wieviele Anzeigen geschalten wurden und ihr könnt auch sehen, ob sie noch aktiv sind.

Klickt ihr bei der jeweiligen Anzeige auf „Anzeigendetails ansehen„, dann bekommt ihr zu sehen:

1. Wer die Anzeige zu sehen bekommen hat.

Mann – Frau – Alter und Ortsangaben

2. Wer die Schaltung bezahlt hat

Und das ist insofern interessant, als da nie nur eine Partei steht sondern irgendeine Landesgruppe, Ortsgruppe, auch mal der Wirtschaftsbund (bei der ÖVP – Beispiel folgt unten), sodaß es äußerst unübersichtlich ist, wieviel Geld tatsächlich bezahlt wurde.

3. Wieviel Geld diese Seite insgesamt in den letzten 3 Monaten ausgegeben hat. 

Das ist hier beim Beispiel Haimbuchner noch eine überschaubare Summe. Aber selbst mit knapp 570 Euro erreicht man ein paar Zigtausend Leute.

4. Und natürlich die Werbe-Anzeige selber

Manchmal und damit sind wir bei

Beispiel 2 ,

wird, und das zeigt euch jetzt ganz deutlich wie sehr da herumexperimentiert und Verhalten beobachtet wird, also manchmal wird ein- und dieselbe Anzeige mehrfach geschalten. Aber jeweils nur ganz gezielt einer Gruppe von Menschen.

So kann man deutlicher sehen wer wann wie stark reagiert – auf die geschaltete Werbung.

Hier eine Anzeige von Johanna Mikl-Leitner

Ich habe euch eine Auswahl an Anzeigendetails in ein GIF zusammengefügt. Schaut euch das mal in Ruhe an.

Zunächst einmal könnt ihr oben sehen, dass es von dieser Anzeige 25 (!) Versionen gibt. Das läßt ja schon mal tief blicken.

In diesem Gif habe ich euch eine kleine Auswahl der 25 zusammengefügt und beschriftet. So könnt ihr sehen, was da probiert wird. Wer beobachtet wird.  Da wird nach Geschlecht, nach Alter getrennt. Wer funktioniert besser? Wann sind sie da? Wann kann ich sie erreichen? Wen, wann und wie.

So macht man das.

Interessant oder?

Hier noch ein Überblick über das wer’s-bezahlt-wirrwarr.

Also was will ich euch hier sagen. Nun, ich will euch etwas mitgeben. Ich habe das hier mit 2 Parteien durchgespielt bzw. angespielt. Ihr könnt das mit euren Parteien ausprobieren. Es braucht ein wenig Geduld, aber man sieht dann, was so abläuft. Es hilft einem ein wenig die Distanz zu wahren. Ein wenig mehr zu verstehen. Vielleicht.

In den nächsten Wochen machen wir das dann mit Google.