Lieber Karl Lagerfeld – Nix für ungut!

Lieber Karl Lagerfeld,

nun bist du also gestorben. Da ich dich nicht persönlich kannte, berührt mich das nur sehr bedingt. Vermutlich eher gar nicht. Du warst ein Mensch der wie man so oft hört und liest „kontroversiell“ unterwegs war.

Du hattest zweifellos Talent und Stil, ein Ideenhirn quasi. Visionen. Nicht nur in der Mode.

Tja, schade, dass du daraus nichts Gescheites gemacht hast.

Ja, ich meine das ernst. Jemand, der es so sehr in der Hand hatte, was Frauen überall auf der Welt tragen, jemand der Trends diktiert hat, Farben vorgegeben, so jemand sollte schon auch erkennen, was das bedeutet.

Verantwortung.

Ja genau. Ich spreche von dem Frauenbild, das du mitgeprägt hast. Und zwar in einer völlig kranken Art und Weise. Für 17- jährige, unterernährte Bohnenstangen Kleider zu entwerfen und dann zu behaupten du würdest Mode für Frauen machen, ist, freundlich ausgedrückt, weltfremd.

Man liest ja, dass du das sehr wohl wusstest, dass dir aber Frauen aus dem echten Leben, also, die die Kinder bekommen haben und nach dem Aufstehen am Morgen aussehen, als wären sie gerade aufgestanden. Die, die nicht 90-60-90 sind, nie waren und auch niemals sein werden, man liest, dass du diese Frauen verachtet hast.

Ich werde nicht wiederholen, was du sie genannt hast. Du bist ja jetzt tot. Gesagt ist gesagt, Gelebt gelebt.

Jetzt wo du aber in der Hölle bist, hast du vermutlich die Zeit um zu erkennen, wievielen Frauen du das Leben schwer gemacht hast. Du hast den Trend mitgetragen. Den der photogeshoppten Jugendlichen, die Werbung für Antifalten-Cremes machen. Das immergleiche Gesicht, das praktisch von jedem Cover seinen gelangweilten Blick in die normale Welt stiert. Von jedem Plakat, an jeder Bim-Station, überall auf der Welt. Du hättest die Position gehabt, das anders aussehen zu lassen. Aber das hat dich nicht interessiert.

Und die Frauen, die eine normale Nase haben, normale Augen, normale Hüften, die einzigartig sind und einander nicht gleichen wie ein Ei dem Anderen, denen hast du damit das Leben schwer gemacht.

Gründlich.

Du warst ein Teil dieser Maschine, die, ich weiß nicht recht wieso, das Ziel verfolgt Frauen unvorteilhaft erscheinen zu lassen. Sie unglücklich zu machen. Sie dazu zu bringen, dass sie ihren Körper hassen, dass sie sich nicht gerne in den Spiegel schauen.

Mit deinem Talent hättest du genau diese Frauen anziehen können. Eben jene, die man so auf der Straße trifft. Die, die Kinder bekommen haben und denen man das auch ansieht. Die mit der schiefen Nase und den starken Oberarmen. Das wäre doch die wahre Herausforderung gewesen, der sich dein Talent hätte stellen können. Frei nach dem Motto:

„Wie kriegt jemand wie du es hin, einen Körper anzuziehen, der mehr auf die Waage bringt, als ein Teenager-Hunger-Modell?“

Das wäre interessant gewesen. Das hätte die Welt vermutlich verändert und du hättes so viel mehr Frauen angezogen, als du es jemals für möglich gehalten hättest.

Dann würden heute diese Frauen von den Coverseiten der Magazine strahlen und in ihren Augen wäre Leben und Kraft. Weißt du, ich glaube, das wäre so viel schöner!

Ach, Karl, ganz ehrlich, ich glaube es ist womöglich gar nicht so schlecht, dass du nicht mehr da bist. Nix für ungut.