Vollmond über den Nachbarn

Wir waren zu den Nachbarn geladen. Und das war doch tatsächlich ein Erlebnis. Denn wir waren als Familie seit die Pandemie losgelegt hat bei niemandem mehr zu Gast. Und das hat dazu geführt, dass es sich einfach anders „anfühlte“, denn, so lernt frau daraus, auch soziale Kontakte wollen geübt sein.

Also haben wir am Vortag gegurgelt (Anmerkung: in Wien kann man sich zu Hause PCR-Testen) und sind dann ganz negativ rauf auf die Dachterrasse.

Ich möchte jetzt nicht über die Gastgeber schreiben oder worüber wir geredet haben. Es geht mir heute nämlich darum, dass wir waren, dass wir geredet haben. Und was das mit mir gemacht hat.
Ich habe nämlich festgestellt, dass ich es überhaupt nicht mehr gewohnt bin, richtig Zeit mit anderen Menschen zu verbringen. Schon die Woche davor, als wir auf einer Hochzeit waren, habe ich mich beobachtet, wie eigenartig es für mich ist, mit anderen Menschen zu plaudern.

Bisher war ich nämlich einen SmallTalk-Kanone. Mein Leben lang schon kann ich mit jedem Menschen völlig entspannt zumindest 10 Minuten belanglos aber unterhaltsam plauschen. Naturtalent. Ihr ahnt es.

Aber die Pandemie hat mich ein wenig einrosten lassen. Das mag vielleicht der Bequatschte nicht merken, aber ich. Und so fand ich auch den Abend bei den Nachbarn wie eine Trainingseinheit Laufen nach einem Jahr Pause. Anders als sonst eben. Irgendwie immer bergauf.

Schon schräg was die Pandemie so alles für Nebenwirkungen hat. DIESE hatte ich nicht kommen sehen.

Als Wiedergutmachung hat mir das Leben aber das oben gezeigte Mondfoto geschenkt. Denn, und jetzt wirds Nebensacheninformativ, ich hatte auf besagter Dachterrasse tatsächlich die Kamera dabei. Auslöser dafür war die Turmfalkenfamilie, die seit einer Weile die gesamte Gasse auf Trab hält. In unserer Gasse steht nämlich exakt EIN Baum. Eine riesige Platane. Und in ebendiese hat sich ein Turmfalkenpaar zur Brut niedergelassen. Was zum einen eine echt coole Sache ist und zum anderen eine laute. Die Turmfalkenkids sind nämlich echte Kreischer. Ich behaupte mal so um die 100 Leute, nein vermutlich 200, kriegen es jedesmal mit, wenn die Mama oder der Papa einen Happen nach Hause bringen. Das Gekreische, der Kampf .. Natur pur. L.A.U.T.
Sprich: Alle kennen die Turmfalken! FütterungsArien jede Stunde. FussballEMFinale bei offenem Fenster ist eine diskrete Angelegenheit dagegen.
Seit ein paar Tagen ist der Nachwuchs jetzt flügge. Und das Füttern findet mittlerweile im Umkreis von ein paar 100 Metern rund um die Platane statt. Sprich der Krach macht jetzt auch noch Meter. (Wer mir auf Instagram folgt, weiß wovon ich rede)

Und ebendiese Familie konnte man vom Dach aus beobachten. Wie sie ihre Kreise um die umliegenden Dächer zogen, „Mama! Mama!“ riefen und sich zwischendurch auf den Deckel eines Kamins niederließen. Und da ja die Aufmerksamkeit aller Anwesenden (auch die der Pubertiere wohlgemerkt) in den letzten Wochen auf diese Tiere gerichtet war, stieg mein Mann sportlich nochmal das ganze Haus hinunter und dann wieder rauf um unsere neue Kamera und zwar mit, und jetzt kommt’s, dem Tele zu holen.

Ich habe also konversationsübend, mit dem Tele Falken fotografiert und auch den für städtische Verhältnisse beeindruckenden Sonnenuntergang, nur um dann gemeinsam mit allen anderen Anwesenden (3,5 Pubertiere und 4 Erwachsene) mit offenem Mund vor diesem Mond zu stehen.

Und neben mir lag das Tele.

Ich habe noch nie in meinem Leben den Mond fotografiert. Wohl wissend, dass das am Ende immer ein kleiner Punkt im Nichts bleibt.

Dies war mein erstes Foto.

P.S.: Man muss nur warten, dann erledigen sich die absurdesten Dinge von ganz alleine.